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„Die Angst vor der Inflation kommt den Anlegern in der Regel teurer als die Inflation selber“

Größtenteils wird dazu geraten, in Sachwerte wie Immobilien oder Edelmetalle zu investieren, um für eine kommende Inflation gewappnet zu sein. Selten wird jedoch betrachtet, ob eine stark steigende Inflation wirklich das wahrscheinlichste Zukunftsszenario darstellt, was die Argumente pro und contra einer solchen Entwicklung sind und ob die beschriebenen Anlageempfehlungen tatsächlich als sinnvoll erachtet werden können.

Das Ziel dieses ersten Trimesterberichts im Jahr 2011 ist es, die aktuellen Diskussionen rund um das Thema Inflation zu strukturieren, sachlich aufzuarbeiten und in der Folge richtig einzuordnen. Die Argumente für eine steigende Inflationsrate in Europa sind steigende Energiepreise, eine lockere Fiskalpolitik und eine starke Konjunkturentwicklung. Gegen eine Inflation sprechen die Sparprogramme in vielen Staaten als Reaktion auf die hohen Schuldenberge, die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit und eine entschlossen handelnde Europäische Zentralbank.
Ob aber die häufig empfohlenen Anklageklassen Gold und Immobilien eine Korrelation mit einer inflationären Entwicklung aufweisen, ist aus unserer Sicht in der Vergangenheit nicht eindeutig nachzuweisen.

Die Inflation kommt – oder doch nicht?
Wenn ein Anlagethema die Titelseiten der Zeitungen erobert hat, ist es meist ein schlechter Zeitpunkt seine Kapitalanlage danach auszurichten. Legendär ist die Empfehlung der Bild-Zeitung vom März 2000 in den Neuen Markt einzusteigen. In den vergangenen Wochen und Monaten hat die Verbreitung des Themas „Inflation“ - oder besser: „Inflationsangst“ - in den Medien rasant zugenommen. Anhand vieler Beispiele wird deutlich, dass diese den interessierten Leser zunehmend mit beunruhigenden Meldungen konfrontieren.

Die Bundesbank warnt in der Tagesschau vor „starkem Anstieg der Inflation“, "Die Welt" schreibt über „schnell steigende Preise“ und der Fondsverband BVI sieht in "Das Investment" eine kommende Inflation. Schön zusammenfassend schreibt die "Financial Times Deutschland" im April diesen Jahres: „Die Geldentwertung rückt in den Fokus der Anleger“.

Damit scheint die Sache klar. An massiv steigenden Preisen führt kein Weg mehr vorbei. Auch die darauf aufbauende Empfehlung für Anleger ist schnell gefunden. Einheitlich wird dazu geraten in Sachwerte zu investieren. Dazu zählen vor allem Immobilien und Rohstoffe. Innerhalb der Anlageklasse Rohstoffe sollen Gold und andere Edelmetalle als Absicherung gegen eine Inflation wirken. Im Folgenden werden wir, das Team von smartinvest Asset Management, das Thema Inflation systematisch angehen, so wie Sie es von unserem Anlageprozess gewohnt sind. Die dabei untersuchten Fragen sind: Was spricht für Inflation? Was spricht dagegen? Sind Gold und Immobilien tatsächlich geeignet um vor Geldentwertung zu schützen?

Was ist eigentlich eine Inflation? Zunächst gilt es festzuhalten, was unter einer Inflation verstanden wird. In der Wissenschaft haben sich vor allem zwei Sichtweisen etabliert. Die Angebotstheoretiker (Monetaristen) vertreten die Ansicht, dass eine Inflation nur dann entsteht, wenn die gesamtwirtschaftliche Geldmenge im Verhältnis zur produzierten Gütermenge zu groß wird. Die Nachfragetheoretiker (Keynesianer) sehen dagegen die gesamtwirtschaftliche Nachfrage (Konsum und Investitionen sowie Staatsnachfrage und Exportüberschüsse) als treibenden Faktor an. Steigt diese über das vorhandene Angebot an Gütern und Dienstleistungen, kommt es zu einem Ausgleich über Preissteigerungen.

Beim Vergleich von Inflationsentwicklungen verschiedener Länder muss beachtet werden, dass sich die der Berechnung zugrundeliegenden Warenkörbe teilweise stark unterscheiden. So sind in Deutschland der Anteil der Wohn-, Heiz- und Stromkosten sowie Kosten für Freizeit, Unterhaltung und Kultur sehr hoch gewichtet, während zum Beispiel in China allein die Lebensmittelkosten etwa ein Drittel des Warenkorbs ausmachen.

Eine weitere Differenzierung muss bezüglich der Begriffe Kerninflation, gefühlter Inflation und erwarteter Inflation vorgenommen werden. Unter einer Kerninflation versteht man die Entwicklung eines Warenkorbes ohne Berücksichtigung der Preisentwicklung von Lebensmitteln und dem Energiesektor. Diese Art der Berechnung dient dazu, die Ursachen einer Inflation auszuschließen, die zu einem großen Teil außerhalb einer einzelnen Volkswirtschaft selbst liegen. Von einer gefühlten Inflation spricht man dann, wenn man die Wahrnehmung von Preisveränderungen für die Waren des täglichen Bedarfs betrachtet. Diese liegt nicht selten über der tatsächlichen Inflationsrate, da Preissteigerungen für langlebige Konsumgüter nicht so stark wahrgenommen werden. Die erwartete Inflation spielt eine große Rolle bei der Entwicklung der tatsächlichen Inflationsrate. Erwarten Arbeitnehmer eine steigende Inflationsrate, dann werden sie bei Lohn- und Gehaltsverhandlungen diese Erwartung mit einpreisen und so die eigene Erwartung praktisch selbst erfüllen. Dies treibt die Kosten der Unternehmen nach oben. Verlangen diese im Gegenzug wiederum höhere Preise, dann spricht man von der gefürchteten Lohn-Preis-Spirale. Diese hat eine fortschreitende Entwertung des Geldes und damit der monetären Geldanlagen zur Folge.

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