Merger-Experte Kai Lucks
Die Bildungshürde
Kai Lucks ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Mergers & Acquisitions. Foto: Bundesverband Mergers & Acquisitions
Ob Grundschule, Gymnasium oder Universität: Deutschlands Bildungssystem hinkt. Kai Lucks, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Mergers & Acquisitions, erklärt, wo die dringlichsten Probleme liegen.
Auf ministerieller Seite fehlen Vergabe-Maßstäbe, auf Abnehmerseite mangelt es an Fähigkeiten zur Antragstellung, zur Planung und Priorisierung von Ausgaben. Jetzt merken wir endlich, dass der Hebel nicht mit einem Schlag umgelegt werden kann, sondern dass es eines ganzen Prozesses bedarf, an dessen Anfang nicht das Equipment steht sondern die Motivation und Ausbildung: nicht die der Schüler, sondern die der Schulleitungen und der Lehrer!
Jetzt fällt es uns wie Schuppen von den Augen, wenn ein Lehrer seine Schüler nur per Fax, per Telefon oder über summarisch-einheitliche Mails erreichen kann. Individuelle Korrektur, idealerweise real time, während der Schüler seine Leistung erbringt,...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Auf ministerieller Seite fehlen Vergabe-Maßstäbe, auf Abnehmerseite mangelt es an Fähigkeiten zur Antragstellung, zur Planung und Priorisierung von Ausgaben. Jetzt merken wir endlich, dass der Hebel nicht mit einem Schlag umgelegt werden kann, sondern dass es eines ganzen Prozesses bedarf, an dessen Anfang nicht das Equipment steht sondern die Motivation und Ausbildung: nicht die der Schüler, sondern die der Schulleitungen und der Lehrer!
Jetzt fällt es uns wie Schuppen von den Augen, wenn ein Lehrer seine Schüler nur per Fax, per Telefon oder über summarisch-einheitliche Mails erreichen kann. Individuelle Korrektur, idealerweise real time, während der Schüler seine Leistung erbringt, ist da gar nicht möglich – etwa bei der individuellen Zuschaltung des Lehrers, während der Schüler seine persönlichen Fortschritte durch Sprach- oder Texteingabe dokumentiert. Stattdessen verharren wir in vorgestrigen Modellen von Korrekturen über abgelieferte Dokumente.
Dabei fehlt dem Schüler die Interaktion mit dem Lehrer in Form von dynamisierter individueller Fortschrittssteuerung. Dem Lehrer fließt die Zeit davon, weil er Schüler für Schüler über die statischen Dokumente nachkorrigieren muss. An die Stelle der laufenden Interaktion, die durch das Klassenzimmer gegeben ist, entsteht eine distanzierte Prüfungssituation ähnlich einer Klassenarbeit: Home Schooling wird zum Horror für Schüler, Eltern und Lehrer.
Haben wir 50 Jahre verschlafen?
Dabei ginge es ganz anders – und das Erschreckende dabei ist, dass uns die Technik dazu schon seit Jahrzehnten zur Verfügung steht. So werden etwa seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts Sprachlabor-Lösungen angeboten, bei denen die Schüler individuell ihre Eingaben machen können und je nach Fehlerrate schneller oder langsamer vorankommen. Diese Eingaben können schriftlich sein oder akustisch. Der Lehrer kann sich jederzeit dazuschalten und individuell korrigierend eingreifen, anschieben oder bremsen.
Wir hätten also ein halbes Jahrhundert Zeit gehabt, dieses Modell auf das Netz zu übertragen. Auch das gibt es ja schon länger. Da muss man sich fragen, wie wir derartig versagen konnten. Und wie dramatisch sich dieses Versagen auswirkt, nicht nur jetzt vor dem Hintergrund von Corona und hinsichtlich der Zukunft, die eine ganz andere sein wird, nämlich netzgeprägt, sondern in der gesamtgesellschaftlichen Breite. Denn das oben geschilderte Sprachschul-Modell lässt sich ohne Weiteres auf die meisten Schulfächer übertragen.
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