Deutsche-Bank-Experte Eric Heymann
Die Billionen-Euro-Frage

Deutsche-Bank-Experte Eric Heymann
Damit grüner Wasserstoff einen nennenswerten Beitrag zu einer klimaverträglichen Energieversorgung der Zukunft leisten kann, muss er (1) in großen Mengen, (2) kostengünstig und (3) möglichst CO2-arm erzeugt werden. Wie dies gelingen soll, ist bislang nur theoretisch beantwortet. Hinzu kommen Herausforderungen bei Transport und Lagerung von Wasserstoff.
Grüner Wasserstoff dürfte zunächst vor all...
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Damit grüner Wasserstoff einen nennenswerten Beitrag zu einer klimaverträglichen Energieversorgung der Zukunft leisten kann, muss er (1) in großen Mengen, (2) kostengünstig und (3) möglichst CO2-arm erzeugt werden. Wie dies gelingen soll, ist bislang nur theoretisch beantwortet. Hinzu kommen Herausforderungen bei Transport und Lagerung von Wasserstoff.
Grüner Wasserstoff dürfte zunächst vor allem bei ortsgebundenen Großanwendungen eingesetzt werden, etwa in energieintensiven Industrien. Vorerst sind hierfür – wie so oft bei klimaverträglichen Technologien – staatliche Subventionen notwendig. Längerfristig könnte Wasserstoff auch bei einzelnen Verkehrsträgern zum Einsatz kommen (zum Beispiel Luftverkehr, Schifffahrt). Wasserstoff ist theoretisch ein Energie-Multitalent. Nicht zuletzt wegen hoher Kosten dürfte sein Beitrag für die nationale und globale Energiewende in den nächsten ein bis zwei Dekaden jedoch noch überschaubar ausfallen.
Auf Wasserstoff als Energieträger ruhen große Hoffnungen. Sowohl die Bundesregierung als auch die EU-Kommission hatten im Sommer 2020 Strategien zur energetischen Nutzung von Wasserstoff vorgestellt. Die Nationale Wasserstoffstrategie (NWS) der Bundesregierung spricht davon, dass Wasserstoff „eine zentrale Rolle bei der Weiterentwicklung und Vollendung der Energiewende“ bekommt.
Politik priorisiert grünen Wasserstoff
Anders als Erdöl, Kohle, Erdgas, Kernbrennstoffe oder Biomasse ist Wasserstoff kein Primärenergieträger und kommt auf der Erde zumeist nur in gebundener Form vor (größtenteils als Wasser sowie in Form von Kohlenwasserstoffen wie Kohle, Öl und Erdgas). Um Wasserstoff energetisch nutzen zu können, muss er also zunächst unter Einsatz von Energie hergestellt werden. Geschieht dies, wie heute ganz überwiegend praktiziert, mittels fossiler Energien, spricht man von „grauem Wasserstoff“.
Die NWS priorisiert dagegen eindeutig „grünen“ Wasserstoff, der durch Elektrolyse von Wasser auf Basis von Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. So entstehen flüssige oder gasförmige Folgeprodukte für den energetischen Einsatz (Power-to-X, P2X). Damit soll eine der Lücken bei der Energiewende geschlossen werden. Beispielsweise können einige Bereiche des Verkehrssektors auf absehbare Zeit nicht oder nur zu unverhältnismäßig hohen Kosten direkt mit Strom versorgt werden (zum Beispiel Luftverkehr, Schifffahrt).
Zudem ist grüner Wasserstoff in manchen Industriebranchen eine Option, die (prozessbedingten) CO2-Emissionen von industriellen Prozessen zu verringern (zum Beispiel Metallerzeugung, Chemie, Baustoffproduktion). Theoretisch denkbar ist es schließlich, grünen Wasserstoff für die Wärmeerzeugung in Gebäuden einzusetzen.
P2X-Technologien sind nicht nur eine Möglichkeit, Strom aus Erneuerbaren umzuwandeln und in anderen Anwendungsbereichen einzusetzen (Sektorkopplung). Sie sind auch eine Speichermöglichkeit. Mit dem politisch weiter forcierten Ausbau der Stromerzeugung durch wetterabhängige erneuerbare Energien steigt nämlich perspektivisch der Bedarf an Stromspeichern.
Abgesehen von Pumpspeicher-Kraftwerken, die unter anderem entsprechende topografische Voraussetzungen benötigen, gibt es aktuell jedoch keine kostengünstigen Stromspeicher im großindustriellen Maßstab.
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