Sven Rambau
03.09.2021

Krypto-Roundtable „Die Blockchain wird die Wertschöpfung weltweit so verteilen wie das Internet Informationen“

Containerschiff auf der Elbe in Richtung Hamburg
Containerschiff auf der Elbe in Richtung Hamburg: Die Blockchain wird bislang vor allem mit Kryptowährungen verbunden. Dabei kann die Technologie beispielsweise auch Lieferketten schneller, transparenter und sehr viel sicherer machen
© IMAGO / Hanno Bode

Von Sneakers über Investments in Sachwerte wie Kunst, Immobilien oder Oldtimer bis hin zu exklusiven Konzerten, die in einer digitalen Welt gegeben werden – die Blockchain macht es möglich. Erst jüngst tokenisierte Nike „CryptoKick“-Schuhe auf der Ethereum-Blockchain. Beim Kauf eines Paares bekommt der Käufer einen Code, der ihn mit dem Schuh „verknüpft“. Das bedeutet: Der Käufer kann nachweisen, dass er Eigentümer ist und es sich um Originale handelt. Damit die Welt von der Innovation erfährt, hat der Sportartikelhersteller Influencer wie Kim Kardashian engagiert. Hype oder nicht?

Ein Token kann sowohl fungible (austauschbar) als auch non-fungible (nicht austauschbar) sein. In diesem Kontext bedeutet non-fungible, dass es sich um einen einzigartigen digitalen Vermögenswert handelt, anders als bei Bitcoins. Die Wertfindung sowie -entwicklung solcher Non-fungible Tokens (NFTs) ist allerdings undurchschaubar. Das Werk „Everydays: The First 5000 Days“ des US-Künstlers Beeple ging beispielsweise für fast 70 Millionen Euro über den Auktionstisch. Ebenso sorgen Cryptopunks, also kleine verpixelte Bilder, für viel Aufmerksamkeit.

Jetzt springen auch Prominenten wie Kim Kardashian auf den Zug auf. Doch lohnt sich ein solches NFT-Investment? „Gerade, weil wir in einer schnelllebigen Society leben und ein NFT rasch aufgelegt ist, tue ich mich damit schwer“, erklärt Henning Wagner, CTO der FINEXITY AG, die sich mit der Tokenisierung von Sachwerten beschäftigt. „Ihr Wert wird über die Zeit und den Zeitgeist festgelegt. Bestes Beispiel sind Pokémon-Sets, die auf Marktplätzen bis zu 300.000 Euro erzielen.“

„Für mich sind NFTs ein ähnliches Buzzword wie es damals Initial Coin Offering (ICO) war, also die unregulierte Methode des Crowdinvestings, die von Firmen genutzt wird, deren Geschäftsmodell auf Kryptowährungen basiert“, ergänzt Max Lautenschläger, Mitgründer und Geschäftsführer der Iconic Holding, einer global agierenden Krypto-Assetmanagement Gruppe. Die Technologie dahinter, also die Tokenisierung von Kunst, ist aus seiner Sicht faszinierender als das Produkt selbst.

Elon Musks Einfluss auf den Kryptomarkt

Dass auch Einzelpersonen wie Elon Musk großen Einfluss auf den Kryptomarkt haben, zeigte sich erst jüngst. Zwei Emojis, sogenannte „Diamond Hands“, des Tesla-Gründers haben ausgereicht, um die Talfahrt des Bitcoins zu stoppen und ihm wieder Rückenwind zu geben. „Wenn du einen solchen Einfluss hast und dir tausende Menschen zuhören, dann kannst du nicht so unüberlegt handeln“, gibt Wagner zu bedenken.

Doch was sagt das über unsere Gesellschaft aus, wenn eine einzelne Person einen solchen Einfluss auf die Märkte hat? „Das eigentlich Schlimme ist nicht Elon Musk, sondern was das über unseren Zeitgeist aussagt“, findet Lautenschläger. „Ein einzelner Tweet hat mehr Einfluss auf den Markt, als fundamental wichtige Neuigkeiten.“

„Elon Musk muss sich seiner Verantwortung bewusst sein. Zwar lässt sich der Presse entnehmen, dass mittlerweile auch eine erhebliche Menge an institutionellem Geld in den Krypto-Markt fließt. Doch noch immer ist der Markt eher von Retail-Investoren geprägt“, ergänzt Max Heinzle, Gründer und CEO der 21.finance AG, die sich mit der Tokenisierung von Sachwerten beschäftigt.

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Ist der Bitcoin ein Klimasünder?

Der größte Kritikpunkt am Bitcoin ist sein hoher Energieverbrauch, der die Kryptowährung in Sachen Nachhaltigkeit in ein schlechtes Licht rückt. „Dabei sollte man die aktuelle Alternative heranziehen, um eine vernünftige Argumentationsgrundlage zu haben“, gibt Lautenschläger zu bedenken. Die einzige Alternative zu Kryptowährungen, die sich derzeit als Vergleichsgrundlage heranziehen lässt, ist das „Centralised Finance“, also das Bankensystem. Im Gegensatz zu diesem System sei das Bitcoin-Netzwerk deutlich effizienter und verbrauche weniger Strom, „das wird allerdings in den Medien nur ganz selten angesprochen“, betont Lautenschläger. Allerdings ist etwas noch lange nicht gut, nur weil die Alternativen schlechter sind.

Der Mining-Prozess, also die Herstellung des Bitcoins, sollte deshalb ebenfalls analysiert werden. „Viele Miner arbeiten bereits mit erneuerbaren Energien, das hat vor allem betriebswirtschaftliche Gründe“, so Lautenschläger. Bitcoin ist ein dezentrales System, damit können Miner von überall aus agieren. Das bedeutet: „Sie werden sich primär dort aufstellen, wo der Strom besonders günstig ist. Und das sind meist Standorte, wo Energie im Überfluss von der Erde produziert wird, also dort, wo Wind, Sonne und Wasserkraft den Energiemix bestimmen“, ergänzt Michael Geike, Vorstand der Advanced Blockchain AG, einer Entwicklungsgesellschaft, die in Blockchain-Softwarelösungen für Industrieunternehmen und -anwendungen investiert. So finden die meisten Mining-Operationen heute in kälteren Regionen statt, weil dort ein Überschuss an erneuerbaren Energien vorhanden ist und sich auch die Geräte kostengünstiger kühlen lassen.

„Was, wenn Bitcoin die grünste Industrie ist, die wir bis dato überhaupt haben?“, stellt Max Heinzle zur Diskussion. Er beruft sich auf einen Bericht des Forbes-Magazins, aus dem hervorgeht, dass der Strommix für das Mining zu 56 Prozent aus erneuerbaren Energien besteht. Im Strommix der USA seien dagegen lediglich 30 Prozent an sauberer Energie enthalten.

„Wir als Community müssen die Meilensteine und Fehlinformationen richtigstellen“, unterstreicht Lautenschläger und weist darauf hin, dass der Bitcoin als dezentrales Zahlungssystem schließlich keine Presseabteilung habe, um den öffentlichen Diskurs zu leiten. Dennoch sehen auch die Experten in Sachen Nachhaltigkeit durchaus noch Verbesserungspotenzial. Das Gute ist: „Es handelt sich hierbei um eine Software, die jederzeit verbessert werden kann“, erklärt Wagner.

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