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„Die deutsche Zins-Mehrbelastung durch Euro-Bonds würde rund einen Prozentpunkt betragen“

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DAS INVESTMENT.com: Was würden Euro-Bonds Deutschland kosten im Vergleich zur herkömmlichen Bundesanleihe?

Müller: Die Rendite der Euro-Bonds würde über der Rendite deutscher Bundesanleihen liegen. Damit steigen die Finanzierungskosten des Bundes. Aktuell liegt die durchschnittliche Rendite von Bundesanleihen – gemessen am Merrill Lynch Index – bei 1,7 Prozent. Die Rendite aller im Merrill Lynch Euro Government Bond Index enthaltenen Anleihen liegt bei 3,1Prozent. Das macht einen Unterschied von 1,4 Prozentpunkten.

Fairerweise muss man aber hinzufügen, dass der Bundesfinanzminister bisher großer Gewinner der Eurokrise war: Ohne die Krise würden Bundesanleihen zu deutlich höheren Renditen notieren. Insgesamt würde ich die Zins-Mehrbelastung für Deutschland auf rund einen Prozentpunkt schätzen.

Es könnte aber auch weniger sein: denkbar wäre, dass hinter der Emission von Euro-Bonds ein Verteilungsmechanismus geschaltet wird, bei dem ein Renditeauf- oder Abschlag entsprechend den Sparbemühungen der Länder steht. Dann würden Länder mit niedrigen Defiziten einen Renditeabschlag bekommen, während Defizitsünder mit einem Renditeaufschlag belegt werden. So könnte man Euro-Bonds auch noch mit einem Sparanreiz versehen.

DAS INVESTMENT.com: Die Einführung von Euro-Bonds angenommen: Muss es dann überhaupt noch Anleihen einzelner  Mitgliedsstaaten geben?

Müller: Das hängt von der Gestaltung der Euro-Bonds ab. Entscheidend ist, ob der gesamte Finanzierungsbedarf damit gedeckt wird oder beispielsweise nur 60 Prozent vom jeweiligen Bruttoinlandsprodukt.

DAS INVESTMENT.com: Wer sollte die einzelnen Mitgliedsstaaten zur Haushaltsdisziplin zwingen? Der Markt, die EU-Kommission?

Müller: Eigentlich würde ich mir eine Marktlösung wünschen, aber dafür ist es wahrscheinlich schon zu spät. Positiv ist, dass der Markt die Spar- und Reformprogramme in Griechenland, Portugal, aber auch in Spanien und Italien erzwungen hat.

Andererseits ist es zumindest in ein paar Fällen sehr unwahrscheinlich, dass diese Länder in absehbarer Zeit zu realistischen Konditionen an den Finanzmarkt zurückkehren können. Also wird es auf eine politische Lösung auf europäischer Ebene hinauslaufen, die aber hoffentlich noch von Sanktionsmechanismen des Marktes flankiert wird.

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