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„Die Eurokrise macht Europa zur Exportnation“

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Das gefühlte Ende der Krise

Die neue Position Europas hat erhebliche Konsequenzen. Formal handelt es sich zwar um ein Ungleichgewicht. Tatsächlich werden die Märkte das aber nicht so sehen. Für sie ist der Saldo ein Zeichen für Fortschritte bei der Überwindung der Eurokrise. Sie interpretieren das eher als Stärke.
Als Folge wird der Euro auf den Devisenmärkten tendenziell fester, vor allem gegenüber dem US-Dollar.

Das gilt vor allem für die längere Frist. Deutschland ist an so etwas gewöhnt. Für andere Länder der Gemeinschaft wird das jedoch eine ganz neue Erfahrung. Eine andere Konsequenz ist, dass Europa zu einem Kapitalexporteur wird. Jedem Leistungsbilanzüberschuss steht rein buchhalterisch ein entsprechender Kapitalexport gegenüber. Sollten Industrie und Banken in der Gemeinschaft nicht bereit sein, mehr Forderungen an Drittstaaten zu erwerben, würde sich der Wechselkurs noch stärker aufwerten.

Tektonische Verschiebungen

Die globalen Kapitalbewegungen verschieben sich. Dies vor allem auch deshalb, weil die Entwicklung in Europa vermutlich mit entsprechenden Veränderungen in den USA zusammenfällt. Durch die vermehrte Produktion von Öl und Gas in Amerika als Folge der neuen Fördermethoden des Frackings wird sich der Fehlbetrag in den laufenden Posten der Vereinigten Staaten verringern.

Damit nehmen auch sie den weltweiten Kapitaltopf weniger in Anspruch. Es bleibt mehr für die Schwellen- und Entwicklungsländer übrig. Entwicklungspolitisch macht das Sinn. Diese Staaten bekommen mehr Kapital und können dann mehr investieren und verbrauchen, als sie produzieren.

Andererseits dürfen die Finanzmärkte keinen Strich durch die Rechnung machen. Kapitalinvestoren müssen bereit sein, auch in Ländern mit Leistungsbilanzdefiziten zu investieren (so wie sie das bisher in den USA getan haben).

Und noch eine Konsequenz: Innerhalb der europäischen Gemeinschaft wird sich der Druck auf Deutschland erhöhen, seine Überschussposition zu verringern. Die Partner werden sagen: Wenn wir es geschafft haben, durch entsprechenden Reformen unser Defizit abzubauen, dann sollte Deutschland in der Lage sein, ebenfalls Reformen durchzuführen, um seinen Überschuss kleiner zu machen. Konkret wird das heißen, dass die Binnennachfrage in Deutschland ausgeweitet werden muss.   

Für den Anleger

Investoren mögen Wirtschaftsräume mit positiven Leistungsbilanzsalden und einem sich tendenziell aufwertenden Wechselkurs. Da müssen sie keine Zahlungsschwierigkeiten befürchten und haben zudem noch die Aussicht auf Währungsgewinne.

Der Euroraum wird daher Kapital anlocken, wenn die Krise vorbei ist. Das kommt den europäischen Finanzmärkten zugute. Andererseits müssen europäische Anleger in Drittländern immer damit rechnen, dass sie auf der Währungsseite Verluste machen können.

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