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Von in WirtschaftLesedauer: 6 Minuten
Solarpark
Solarpark mit den PV-Modulen in Mindelheim im Unterallgäu | Foto: Imago Images / MiS

Die jüngst zu Ende gegangene UN-Klimakonferenz (COP28) stand nicht gerade unter einem günstigen Stern. Über 90.000 Menschen hatten sich in Dubai registriert, um über Strategien zur langfristigen Reduzierung der atmosphärischen Kohlenstoffverschmutzung auf null zu diskutieren. Eine Minderheit von ihnen verfolgte jedoch ein anderes Ziel, nämlich die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen möglichst lange aufrechtzuerhalten.

 

 

Geleitet wurde die COP28 ausgerechnet von Sultan Ahmed Al Jaber, Minister für Industrie und Technologie der Vereinigten Arabischen Emirate und Chef des staatlichen Ölkonzerns ADNOC. Dabei ist es offensichtlich, dass sowohl der weltweit zwölftgrößte Erdölproduzent als auch die Golfstaaten insgesamt ein hohes Interesse daran haben, ihre Öl- und Gasreserven so weit wie möglich zu monetarisieren, bevor die Nachfrage und die Preise sinken.

Das Ergebnis ist besser als erwartet

Vielleicht trug aber auch genau die Wahl dieses Versammlungsleiters dazu bei, dass es am Ende doch noch zu einer gemeinsamen Abschlusserklärung kam. Erstmals nach einem Umweltgipfel wurde dabei zur Abkehr von fossile Brennstoffen aufgerufen, auch wenn der zuvor von mehr als 100 Staaten geforderte klare Ausstieg („Phase out“) im Text nicht enthalten ist.

Insgesamt gingen die teilnehmenden Länder erhebliche Verpflichtungen ein. Diese betreffen etwa die Bekämpfung der Methanemissionen und die Verdreifachung der erneuerbaren Energien bis 2030. Hinzukommen Zusagen von über 85 Milliarden US-Dollar für die Finanzierung der Klimawende. Entscheidend ist jedoch am Ende, welche Eindrücke bei Kapitalanlegern haften bleiben und inwieweit die Politik sie über bloße Äußerungen hinaus tatsächlich in der Praxis unterstützt.

Eine klare Botschaft der COP28 ist sicherlich, dass Investitionen in klimaschädliche Technologien zukünftig mit noch mehr Risiken verbunden sein werden. Dies betrifft sowohl die klassischen Anlagerisiken, beinhaltet aber auch die Gefahr, von der stetigen Verschiebung der Kapitalströme hin zu nachhaltigen Investments immer mehr abgeschnitten zu werden.

Besonders stark betroffen sind jene Asset Manager, die weder den CO2-Fußabdruck ihrer Portfoliounternehmen analysieren noch sich bemühen, klimaschädliches Verhalten innerhalb ihrer Möglichkeiten zu sanktionieren.

Richtige Einstellung, starke Widerstände

Dabei ist ein guter Wille durchaus erkennbar. So bekennen sich die meisten Vermögensverwalter aktiv dazu, die Kohlenstoffemission ihrer Portfolios zu reduzieren. Über 300 Finanzorganisatoren haben sich beispielsweise der Net Zero Asset Managers Initiative (NZAMI) angeschlossen. Ihre Absicht besteht darin, die Branche dazu zu motivieren, sich für genau dieses Ziel einzusetzen. Die Verpflichtung zur NZAMI beinhaltet unter anderem die regelmäßige Berichterstattung über das eigene Handeln sowie die kontinuierliche Aktualisierung der Umweltziele.

In einer immer komplexeren geopolitischen Umgebung wird gleichzeitig ein verstärktes Gegenlobbying von Unternehmen beobachtet, die versuchen, Fortschritte bei der Dekarbonisierung der Realwirtschaft zu behindern. Es ist daher umso bedauerlicher, dass die Unterstützung für Aktionärsanträge zu Umweltfragen bei mehreren großer nordamerikanischer Unternehmen – zum Beispiel im Öl- und Gassektor – in der letzten Hauptversammlungssaison deutlich zurückgegangen ist. In Europa haben entsprechende Anträge dagegen eine zunehmende Resonanz erfahren.

Mehr politische Unterstützung erforderlich

Damit der Finanzsektor seine wichtige Rolle als starker Katalysator im Kampf gegen den Klimawandel erfüllen kann, ist es entscheidend, dass andere bedeutende Akteure simultan und koordiniert handeln. Gleichzeitig sollten politische Entscheidungsträger ihre Maßnahmen zur Förderung nachhaltiger Praktiken in der Realwirtschaft weiter beschleunigen.

 
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Zwar haben der Inflation Reduction Act in den USA und der europäischen Green Deal gezeigt, dass es gewisse Fortschritte bei der Schaffung von Anreizen für die Entwicklung umweltfreundlicher Lösungen gibt. Letztendlich sind aber noch deutlich größere Anstrengungen erforderlich, um Unternehmen von umweltschädlichem Verhalten abzubringen und sie zu „motivieren“ Übergangspläne zu erstellen, die mit den Zielen des Pariser Abkommens so gut wie möglich übereinstimmen. Obwohl politisch herausfordernd, wie ESG-Rückschläge in den USA und der EU zeigen, ist es dringend erforderlich.

Ein klarer Rahmen für geeignete Prozesse, Offenlegungspflichten und Aufsicht auf EU-Ebene ist ebenfalls notwendig. Er könnte konkretisieren, was unter Aktionärsbeteiligung zu verstehen ist, angemessene Transparenzanforderungen definieren, die notwendige Governance für diese Aktivitäten festlegen und klare Eskalationsmechanismen vorsehen, um sicherzustellen, dass Unternehmen bei der Dekarbonisierung ausreichend zügig voranschreiten.

Es sollte zudem klar definiert werden, dass er sich auf eine Verpflichtung zu Mitteln, nicht zu Ergebnissen stützt. Der britische Stewardship Code könnte hier ein gutes Vorbild sein. Dieser Kodex hat zu mehr Kohärenz in Bezug auf die erwarteten Ergebnisse der Aktionärsbeteiligung sowie zu mehr Transparenz und einer wirksameren Überwachung durch den Financial Reporting Council geführt. Ein wirklich vergleichbares Regularium gibt es auf EU-Ebene bisher nicht. Mehr Klarheit in Bezug auf das erwartete Verantwortungsbewusstsein und Engagement kann nur zu besseren und einheitlicheren Ergebnissen führen.

Dekarbonisierte Portfolios ohne realen Effekt

Werden an diesen beiden Stellen (mehr Druck auf die Realwirtschaft und ein klarerer Ordnungsrahmen) keine Fortschritte erzielt, besteht das Risiko, dass Vermögensverwalter zur Erfüllung ihrer quantitativen Netto-Null-Verpflichtung gezwungen sein könnten, bestimmte Sektoren aus ihrem Investitionsspektrum auszuschließen. Dadurch würden sie den Einfluss auf den Dekarbonisierungspfad gerade der Unternehmen verlieren, die die meisten Emissionen verursachen. Die Folge wären dekarbonisierte Portfolios ohne reale Dekarbonisierung.

Als Investoren haben wir keine Mechanismen, die staatliches Handeln ersetzen könnten. Wir werden uns jedoch weiterhin für mehr politische Maßnahmen einsetzen und gleichzeitig mit dem Privatsektor zusammenarbeiten, damit dieser insgesamt die Emissionen reduziert und zur Veränderung des gesamten Ökosystems beiträgt. Falls der jüngste Weltklimagipfel tatsächlich einen bedeutenden Beitrag dazu geleistet haben sollte, wäre sein hoher Ressourcenverbrauch im Nachhinein auf jeden Fall gerechtfertigt.

 


Über den Autor: 

Hans Stoter leitet den Bereich Axa IM Core des französischen Fondsanbieters Axa IM.

 

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