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„Die Freihandelszone mit den USA bringt nicht das erhoffte Wachstum“

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Technisch ist ein transatlantisches Freihandelsabkommen außerordentlich schwer zu realisieren. Es ist in der Vergangenheit schon häufiger in Angriff genommen worden, scheiterte aber immer wieder an unterschiedlichen Interessen. Dies vor allem deshalb, weil es hier nicht in erster Linie um Zölle geht. Sie spielen zwischen den USA und Europa keine große Rolle mehr.

Entscheidend sind die administrativen Handelshemmnisse. Sie sind besonders schwer abzubauen, weil hier jedes Produkt beziehungsweise jede Produktgruppe für sich verhandelt werden muss. Man muss hier nicht nur an die Landwirtschaft denken, wo Europäer beispielsweise nur schwer für Genprodukte aus den USA zu begeistern sind. Die Amerikaner haben in vielen Fällen andere Sicherheitsstandards. Wenn die Industrie wirklich wollte, könnte sie manche Handelshemmnisse auch ohne den Rückenwind eines Abkommens abbauen (zum Beispiel die unterschiedlichen Steckdosen).

Besonders schwierig ist eine Öffnung der Märkte bei öffentlichen Ausschreibungen, weil hier häufig regionale Arbeitsmärkte betroffen sind. Wer auf diesen Gebieten Fortschritte erzielen will, braucht eine starke Entschlossenheit.

Ich bin mir nicht sicher, ob diese beim amerikanischen Präsidenten in dem Maße vorhanden ist. Er hat auch noch andere wichtige Projekte, die er in seiner Amtszeit voranbringen muss. Seine demokratische Partei ist nicht als besonders handelsfreundlich bekannt. Das nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA ist nicht übermäßig erfolgreich. Im Übrigen hat Obama realistisch gerechnet gerade einmal 2,5 Jahre Zeit, so etwas zu verhandeln. Experten halten es für ausgeschlossen, dass das reicht.

Begeisterung ist anders

In Europa gibt es zum Thema Freihandel mit den USA erhebliche Interessenunterschiede. Selbst in der deutschen Industrie ist, wenn ich es recht sehe, keine überragende Begeisterung für ein Freihandelsabkommen mit den USA zu erkennen. Niemand ist dagegen. Aber wenige sind bereit, dafür größere Opfer in Kauf zu nehmen.

Die Firmen setzen im Augenblick stark auf Direktinvestitionen. Sie streben damit einen besseren Zugang zum US-Markt an und wollen von Wechselkursschwankungen unabhängiger werden. Selbst ein so europäisches Urgestein wie EADS überlegt, Teile der Fertigung in die USA zu verlegen.

Im Übrigen halte ich die Wachstumswirkungen einer Freihandelszone für viel zu optimistisch. Es wird gesagt, sie beliefen sich mindestens auf einen halben Prozentpunkt der Wirtschaftsleistung. Das wäre für Deutschland beim gegenwärtigen Niveau ein Plus von 13 Milliarden Euro pro Jahr. Wie will man eine solche Summe bei einem Gesamtvolumen von 86 Milliarden Euro Exporten in die USA und 50 Milliarden Euro Importen aus den USA „herausquetschen“? Ein Mittel zur Überwindung der aktuellen Wachstumsschwäche ist die Freihandelszone sicher nicht.

Für den Anleger

Ein europäisch-amerikanisches Freihandelsabkommen ist ein politisches Projekt. Als solches ist es wichtig. Es ist aber nichts, was die Phantasie der Kapitalmärkte besonders beflügeln sollte.

Es wird lange dauern, bis es kommt, wenn überhaupt. Es wird nur begrenzte Wirkungen haben. Für Drittstaaten könnte es negativ sein. Wichtiger für den Anleger ist die derzeitige Dynamik im deutsch-amerikanischen Handel. Hier wird Geld verdient. Schauen Sie sich vor allem Firmen an, die davon profitieren (insbesondere im Autobereich, in der Chemieindustrie und im Maschinenbau).  

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