DJE-Vorstand im Gespräch „Die Geldpolitik kann in die Bredouille kommen“
Welche Gefahren bringt es mit sich, dass Immobilien, Aktien und andere Vermögenswerte teurer werden?
Kaffarnik: Zunächst bringt es keine unmittelbaren Gefahren mit sich, solange diese Trends stabil sind beziehungsweise keine Umkehrtrends da sind. Wir sehen die Höherbewertung von Anlageklassen wie Aktien und Anleihen, aber auch von Immobilien schon seit Jahren. Die Preise sind gestiegen, aber der Trend hat angehalten. Dies kann durchaus so weitergehen und hätte keine negativen Auswirkungen. Man kann sogar sagen, es entsteht ein Wohlstandseffekt und dies würde sogar positiv auf die Konsumausgaben wirken. Denn die Entscheidung, doch den Kühlschrank oder das Auto zu erwerben oder mal etwas teurer Essen zu gehen, hängt auch von der Höhe des eigenen Vermögens ab.
Unter Chinas Führung entstand die größte Freihandelszone der Welt. Was bedeutet das für die Weltwirtschaft insgesamt und die Machtverhältnisse von USA, Europa und China?
Kaffarnik: Das Entstehen der Freihandelszone ist ja keine Überraschung. Es wurde über Jahre verhandelt und vor ein paar Monaten ist die Vereinbarung verkündet worden. Es untermauert die These, dass sich die Wachstumsdynamik in Asien weiter beschleunigt, da hier auch Staaten dabei sind, wie Japan, China und Korea, die historisch bedingt eigentlich verfeindet sind. Gleichzeitig sind etwas westlicher geprägte Ökonomien mit von der Partie, wie Neuseeland oder Australien. Für Europa wird es schwierig, den Anschluss zu finden, um wirtschaftlich und politisch mit Asien und auch den USA mithalten zu können.
In den USA ist die Machtübergabe nun durch. Ein Segen für den von Zollkriegen behinderten internationalen Handel mit Europa und China?
Kaffarnik: Wie vorher schon erwähnt, ist davon auszugehen, dass der Ton sich durch die Wahl von Joe Biden ändert. Der Handelskrieg zwischen den USA und China wird aber weiterhin auf der Agenda bleiben, was übrigens auch Umfragen zwischen Wählern der Republikaner und Demokraten bestätigen, die beide ähnliche Vorbehalte gegenüber China haben. Auch Nordstream2 wird uns weiter beschäftigen, denn auch Biden ist davon nicht begeistert. Die Rüstungsausgaben in Europa im weltweiten Maßstab sind ein weiteres Thema, das im Mittelpunkt steht, wie auch die hohen Exportüberschüsse Europas gegenüber den USA. Man wird bei diesen Problemen aber anders miteinander umgehen und eher Kompromisse suchen. Allerdings sollte man aus europäischer Sicht auch nicht das Gefühl haben: Trump ist weg, mit Biden wird jetzt alles gut.
Lässt sich der Effekt auf die Wirtschaftsleistung beziffern?
Kaffarnik: Das ist sehr schwer zu sagen, weil Wirtschaft ein dynamischer Prozess ist – und es immer sehr viele Rückkopplungen gibt. Generell unterstützt natürlich jeder Zoll, der gesenkt wird beziehungsweise ganz wegfällt, das globale Wirtschaftswachstum.
Ein Wort zum Brexit: Entsteht nun auf der Insel eine Steuer- und Regulierungs-Oase oder wie soll dort der von der Politik versprochene Aufstieg zu alter Stärke gelingen?
Kaffarnik: Es ist zu erwarten, dass es dort schon einen Sonderweg geben wird, sowohl was die Regulatorik als auch was die Steuerpolitik anbelangt. Es macht ja auch keinen Sinn, dass die Briten den Brexit auf sich nehmen und sich dann die gleichen Bestimmungen geben, wie die EU. Mittelfristig könnte die britische Wirtschaft mit eigenen Regeln durchaus eine neue Wachstumsdynamik erreichen.
Über den Interviewten:
Ulrich Kaffarnik ist im Vorstand der DJE Kapital für das Fondsmanagement und den Fondshandel zuständig. Zudem ist er Geschäftsführer der Luxemburger Kapitalverwaltungsgesellschaft DJE Investment.