Kreide, Kochjacke, Coravin – wer hätte gedacht, dass ausgerechnet diese Tools echte Stilfragen beantworten können? Sieben der spannendsten Gastgeber des Landes verraten, was sie prägt, womit sie arbeiten – und was am Ende von einem Abend wirklich bleibt. Hier kommt eine Galerie voller Werkzeuge, Werte und wunderbar ehrlicher Antworten.

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Alina Meissner-Bebrout | © Philipp Rathmer
Alina Meissner-Bebrout. Bildquelle: Philipp Rathmer

Alina Meissner-Bebrout (35)

Inhaberin und Küchenchefin, bi:braud (1 Michelin-Stern) und Edda Brasserie, Ulm

Wie ein Champagner sein Terroir trägt, trägt jeder von uns seine berufliche Herkunft in sich. Welche Einflüsse formen deinen Stil in der Gastronomie am stärksten?

Bei mir begann alles mit der Ausbildung. Die Leidenschaft und Liebe zu dem Beruf habe ich wirklich am ersten Tag in der Küche erfahren und da wurde mir erst bewusst, wie viel Vielfalt dieser Beruf mit sich bringt. Mein Mentor, mein Küchenchef damals, Frank Aldinger, hat mir die Leidenschaft zum Soßenkochen und die ersten Schritte auf den Weg gegeben. Wenn wir das Ganze auf die Region beziehen, dann bin ich jetzt hier im Schwabenland, im Allgäu, an dem Punkt, wo ich sage: Hier fühle ich mich zu Hause, und dementsprechend liebe ich es, auch diese Produkte mit auf den Teller zu bringen. Die heimische Forelle, die Zwiebel, den Kohl im Winter – vermeintlich einfache Produkte, aber umso schöner ist es, wenn man damit jemanden begeistern kann.

Ein Montblanc-Stift verändert die Handschrift, ein anderes Messer den Schnitt, ein spezielles Glas die Wahrnehmung. Welches Werkzeug oder welche Technik hat deinen beruflichen Ausdruck am meisten geprägt?

Wenn man ein Werkzeug benennen möchte, dann ist es bei mir wahrscheinlich die Kochjacke, die mir einfach eine gewisse Sicherheit gibt und eine gewisse Ernsthaftigkeit und den Respekt vor dem Beruf. Ohne meine Kochjacke kann ich nicht kochen – es ist wie eine Uniform, die mir die nötige Konzentration gibt.

Was ist deine unverwechselbare Signatur in deinem Beruf? Woran sollen sich Gäste noch erinnern?

Ich freue mich natürlich, wenn sich Gäste an Gerichte erinnern, die sie bewegt haben. Aber ich denke, was ich meinen Mitarbeitern auf den Weg gebe, ist Demut und Herzlichkeit. Keine gespielte Herzlichkeit, sondern Freude am Beruf und diese auch zu transportieren, sodass sich der Gast wie zu Hause fühlt und willkommen ist. Das ist eine Eigenschaft, die für mich neben dem guten Essen die wichtigste ist.

Was verrät deine Handschrift über dich in deiner Rolle als Köchin?

Meine Handschrift war schon immer sehr künstlerisch und mir hat das auch schon immer Spaß gemacht. Ich konnte viele Schriften imitieren und hatte Freude daran, verschiedene Schriften auszuprobieren. Wenn man das auf meinen beruflichen Werdegang projiziert, dann steht meine Handschrift für Anpassungsfähigkeit und Flexibilität.

Ben Levavi. Bildquelle: Philipp Rathmer

Ben Levavi (29)

Sommelier, Prism, Berlin (1 Michelin-Stern)

Wie ein Champagner sein Terroir trägt, trägt jeder von uns seine berufliche Herkunft in sich. Welche Einflüsse formen deinen Stil in der Gastronomie am stärksten?

Mein Ursprung oder der Ort, wo ich herkomme, ist auch ein bisschen nicht aligned mit sehr feinen Strukturen. Obwohl ich viel Respekt für die verschiedenen Traditionen und das Erbe habe, die auch sehr lange Geschichte haben, sind sie sehr unterschiedlich von den gut strukturierten und gut verwalteten Weinregionen.

Ein Montblanc-Stift verändert die Handschrift, ein anderes Messer den Schnitt, ein spezielles Glas die Wahrnehmung. Welches Werkzeug oder welche Technik hat deinen beruflichen Ausdruck am meisten geprägt?

Ich würde sagen, der Coravin, weil die Maschine selbst sehr brilliant ist. Sie erlaubt es, Weine zu probieren, die man normalerweise nicht kosten könnte.

Was verrät deine Handschrift über dich in deiner Rolle als Sommelier?

Meine Handschrift ist sehr abstrakt. Ich schreibe meist sehr lange Texte. Meine Wein-Pairings sind genauso – sie sind nicht immer aligned mit Strukturen und Boxen und den feinen Linien.

Ester Egger. Bildquelle: Philipp Rathmer

Ester Eggert (24)

Sommelière, Victor's Fine Dining by Christian Bau (3 Michelin-Sterne)

Wie ein Champagner sein Terroir trägt, trägt jeder von uns seine berufliche Herkunft in sich. Welche Einflüsse formen deinen Stil in der Gastronomie am stärksten?

Jeder vorherige Arbeitsplatz, jeder Ausbilder, jeder Mentor gibt immer so einen kleinen Punkt mit hinein. Dementsprechend ist es einfach auch da, wo man gelernt und erlebt hat – das fließt alles mit ein.

Neugier und Innovation treiben die Gastronomie voran. Wie experimentierst du in deinem Beruf?

Es ist einfach immer alles ausprobieren und allem offen gegenübertreten, weil sich vieles verändert. Es ist wichtig, experimentierfreudig zu sein.

Was war dein mutigster Schritt, um dich von der Norm zu lösen und deinen eigenen Weg zu finden?

Manchmal weniger denken und einfach machen. Für jemanden, der sonst perfekt plant, ist das schon generell Mut – einfach zu machen.

Ein Montblanc-Stift verändert die Handschrift, ein anderes Messer den Schnitt, ein spezielles Glas die Wahrnehmung. Welches Werkzeug oder welche Technik hat deinen beruflichen Ausdruck am meisten geprägt?

Gläser sind so essenziell. Zu realisieren, wie unterschiedlich ein Wein oder Champagner aus verschiedenen Gläsern schmeckt – das macht unglaublich viel Freude. Man sieht, wie sich ein Produkt dadurch verändert.

Was verrät deine Handschrift über dich in deiner Rolle als Sommelière?

Eine gewisse Empathie ist ganz wichtig und auch eine gewisse Zurückhaltung – einfach darauf zu achten, was der Gast will.

Ilona Scholl. Bildquelle: Philipp Rathmer

Ilona Scholl (42)

Gastgeberin, Tulus Lotrek, Berlin (2 Michelin-Sterne)

Wie ein Champagner sein Terroir trägt, trägt jeder von uns seine berufliche Herkunft in sich. Welche Einflüsse formen deinen Stil in der Gastronomie am stärksten?

Menschen, die ich selber als Gast erlebt habe und die mich beeindruckt haben, die nehme ich immer mit in meinen eigenen Gastraum. Manchmal sind es auch kleine Phrasen, kleine Witze, die ich mir so zusammenklaue, vielleicht so ein bisschen eklektizistisch. Ich habe das nicht gelernt – also nicht in einem Restaurant. Ich bin keine Restaurantfachfrau. Deswegen klaue ich es mir von den Besten.

Ein Montblanc-Stift verändert die Handschrift, ein anderes Messer den Schnitt, ein spezielles Glas die Wahrnehmung. Welches Werkzeug oder welche Technik hat deinen beruflichen Ausdruck am meisten geprägt?

Wir schreiben den Namen unserer Gäste mit Kreide auf die Tische. Und wenn ich an Gastgeberschaft in Tulus Lotrek denke, ist tatsächlich Kreide und der große Schwung über die Tischoberfläche das, woran ich als erstes denke und auch daran, was für eine innere Vorbereitung darin liegt. Dass man den Namen schon sehr liebevoll auf die Tischplatte schreibt, bevor man den Gast überhaupt gesehen hat.

Was ist deine unverwechselbare Signatur in deinem Beruf? Woran sollen sich Gäste noch erinnern?

Am besten daran, dass sie sich entspannen konnten und sich den Abend zu eigen gemacht haben, dass sie doppelt so laut gelacht haben wie am Anfang, als sie reinkamen. Und vielleicht denken sie auch daran, dass sie sich nicht mehr an die letzte halbe Stunde erinnern können, aber ganz genau wissen, warum.

Was verrät deine Handschrift über dich in deiner Rolle als Gastgeberin?

Viel zu viel. Ich habe große Schwünge und keine Geduld.

Joshua Stagraczynski. Bildquelle: Philipp Rathmer

Josh Stagraczynski (31)

Sommelier & Inhaber, Koer, Hamburg (1 Michelin-Stern)

Wie ein Champagner sein Terroir trägt, trägt jeder von uns seine berufliche Herkunft in sich. Welche Einflüsse formen deinen Stil in der Gastronomie am stärksten?

Ich habe familiären großen Einfluss. Kulturell betrachtet bin ich ein schönes Cuvée aus Niedersachse und Mexikaner. Gastfreundschaft ist in Mexiko stark verankert in meiner Familie und war schon immer Teil meines Lebens. In Deutschland hat sich meine Familie auch immer zum Essen getroffen, das war immer wichtig. Das ist auf jeden Fall ein großer Einfluss in meinem Leben und auch beruflich.

Neugier und Innovation treiben die Gastronomie voran. Wie experimentierst du in deinem Beruf?

In der Gastronomie hat man jeden Tag neue Gäste, neue Einflüsse. Das Menü verändert sich. Die Weine von Jahrgang zu Jahrgang sind immer wieder neu. Inspiration und neue Einflüsse kommen täglich mit den Menschen, mit denen man arbeitet. Die Interaktion zwischen Gast und Gastgeber – das ist jeden Tag eine neue Inspiration.

Was war dein mutigster Schritt, um dich von der Norm zu lösen und deinen eigenen Weg zu finden?

Man muss den Kopf ausschalten und manchmal einfach mal machen. Als wir uns für das Projekt zusammengesetzt haben, haben wir wenig überlegt, was wir tun wollen, sondern einfach gemacht und gesagt: Das ist das, was wir erleben wollen. Es war wichtig, mal loszulassen und aufzuhören zu überlegen und wirklich zu fühlen und zu tun.

Ein Montblanc-Stift verändert die Handschrift, ein anderes Messer den Schnitt, ein spezielles Glas die Wahrnehmung. Welches Werkzeug oder welche Technik hat deinen beruflichen Ausdruck am meisten geprägt?

Tatsächlich ist es Empathie. Natürlich sind die materiellen Werkzeuge wichtig für unseren Beruf und auch für unser Leben, aber letztendlich sind wir in einem Beruf und in einer Gesellschaft, wo es darum geht, das Zwischenmenschliche umzusetzen. Empathie ist das Wichtigste.

Was verrät deine Handschrift über dich in deiner Rolle als Sommelier?

Meine Handschrift ist gastorientiertes Arbeiten und serviceorientiert, dienstleistungsorientiert. Ich mag es, mit meinem Team zusammenzuarbeiten, mit Menschen zusammenzuarbeiten. Ich mag es, Erlebnisse zu schaffen und Spaß zu haben bei der Arbeit.

Michael Stiel. Bildquelle: Philipp Rathmer

Michael Stiel (35)

Sommelier, Restaurant Matthias, Berlin (1 Michelin-Stern)

Wie ein Champagner sein Terroir trägt, trägt jeder von uns seine berufliche Herkunft in sich. Welche Einflüsse formen deinen Stil in der Gastronomie am stärksten?

Meine Einflüsse werden täglich geformt, seit ich mit 16 meinen ersten Koch-Kurs in Nürnberg in der mobilen Kochkunst gemacht habe. Seitdem entwickle ich eigentlich alles weiter, was ich da mitbekommen habe.

Neugier und Innovation treiben die Gastronomie voran. Wie experimentierst du in deinem Beruf?

Mein Leben dreht sich um Wein. Ich lebe ihn, ich probiere viel und bin auch nicht zu scheu, Sachen im Restaurant auszuprobieren.

Was war dein mutigster Schritt, um dich von der Norm zu lösen und deinen eigenen Weg zu finden?

Letztes Jahr im September habe ich meinen Job in einem Zwei-Sterne-Restaurant aufgegeben, um bei der Neueröffnung von Matthias dabei zu sein. Bisher läuft es ganz gut.

Ein Montblanc-Stift verändert die Handschrift, ein anderes Messer den Schnitt, ein spezielles Glas die Wahrnehmung. Welches Werkzeug oder welche Technik hat deinen beruflichen Ausdruck am meisten geprägt?

Sicherlich mein erstes Küchenmesser, das ich bekommen habe, als ich aus Nürnberg weggezogen bin. Das erinnert mich daran, wo ich herkomme, wo meine Anfänge sind, aber begleitet mich gleichzeitig in die Zukunft und ist immer da.

Was verrät deine Handschrift über dich in deiner Rolle als Sommelier?

Meine Handschrift ist genauso wie ich. Es ist wahnsinnig chaotisch, aber zielführend.

Mona Schrader. Bildquelle: Philipp Rathmer

Mona Schrader (35)

Sommelière, Jante, Hannover (2 Michelin-Sterne)

Wie ein Champagner sein Terroir trägt, trägt jeder von uns seine berufliche Herkunft in sich. Welche Einflüsse formen deinen Stil in der Gastronomie am stärksten?

Am stärksten geformt wurde ich durch meine Familie, weil da schon der gastronomische Ursprung vorhanden war. Und dann natürlich der Werdegang. Ich hatte einen großartigen Mentor, der mich in der Weinwelt unheimlich toll gefördert hat. Und dann die weiteren Weinreisen. Da lernt man natürlich nie aus und hat immer die Chance, ein großes Netzwerk aufzubauen und tolle Menschen kennenzulernen. Das ist immer das, was einen unheimlich pusht und inspiriert.

Ein Montblanc-Stift verändert die Handschrift, ein anderes Messer den Schnitt, ein spezielles Glas die Wahrnehmung. Welches Werkzeug oder welche Technik hat deinen beruflichen Ausdruck am meisten geprägt?

Ich glaube, meine Nase. Das ist das Werkzeug, was am stärksten für mich arbeitet. Und natürlich dann das Glas. Das Glas ist ein entscheidendes Werkzeug, mit dem ich viel machen kann, viel arbeiten kann, gerade im Bereich Weinbegleitung. Die Kombination Nase und Weinglas – damit kann man viel arbeiten.

Was ist deine unverwechselbare Signatur in deinem Beruf? Woran sollen sich Gäste noch erinnern?

An meine Lebensfreude, an meine Art. Ich glaube, ich bin ein sehr positiver Mensch und versuche auch, gerade auf der Arbeit viel lustige Momente zu schaffen, viel Freude zu schaffen. Wir verbringen viel Zeit zusammen auf der Arbeit und ich glaube, wir haben ein sehr familiäres Verhältnis und das spüren auch die Gäste.

Was verrät deine Handschrift über dich in deiner Rolle als Sommelier?

Meine Leidenschaft zum Beruf, meine Offenheit dem Gast gegenüber. Das ist, glaube ich, das, was das Ganze ausmacht.