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Die Heuer ist teuer

Aktualisiert am in Tops & FlopsLesedauer: 5 Minuten
Gestiegene Betriebskosten haben die Auszahlungen vieler Schiffsfonds geschmälert. Wie die Emissionshäuser darauf reagieren.

Die Handelsschifffahrt boomt. Und während hiesige Reedereien sich die raren Offiziere gegenseitig abjagen, grollen etliche Anleger darüber, dass ihre Schiffsfonds weniger auszahlen, als in den Prospekten angekündigt. Ein wesentlicher Grund dafür ist, neben dem schwachen Dollar, der Anstieg der Schiffsbetriebskosten. Was bedeutet das?
Fährt ein Schiff unter der für Anleger günstigen Tonnagebesteuerung, muss der Eigentümer es entweder selbst betreiben oder einen Zeitchartervertrag abschließen. Eigentümer ist bei Schiffsfonds der Fonds selbst, der üblicherweise das Schiff für eine bestimmte Zeit verchartert. Dabei stellt er dem Charterer das Schiff mit voller Besatzung zur Verfügung. Der Mieter zahlt zwar den Treibstoff, der Fonds aber kommt für Heuern und Schmierstoffe, für Werftaufenthalte und Versicherungen auf.
Und diese Ausgaben haben sehr zugelegt. Allein von 2005 bis 2006 sind die mittleren operativen Betriebskosten um 10 Prozent gestiegen, wie aus der Betriebskostenstudie 2007 der HSH Nordbank hervorgeht. Sie basiert auf der Auswertung von 192 Jahresabschlüssen von Containerschiffen aus 2006. Die mittleren Personalkosten, die mit 34 bis 44 Prozent den größten Anteil an den gesamten Betriebskosten haben, sind in diesem Zeitraum um 5 Prozent gestiegen. Die Aus gaben für Schmierstoffe, die für den Motor benötigt werden, um rund 28 Prozent.
Je nach untersuchter Größenklasse liegen die Spannbreiten für die Kosten bei bis zu 50 Prozent. Die Autoren der HSH-Studie sehen darin einen Hinweis auf einen vielschichtigen Markt und eine ungleiche Entwicklung von Einzelschiffen. Das gilt selbst für baugleiche Schiffe gleichen Alters. „Wassertemperatur, Seegang und Fahrweise des Kapitäns beeinflussen das Verschleißtempo. Daher kommt es darauf an, auf welcher Route das Schiff unterwegs ist“, sagt Jörn Brossmann, Schifffahrts-Analyst bei der HSH Nordbank. Zudem pflege und warte eine hochqualifizierte Crew das Schiff besser als eine weniger kompetente Besatzung.

Realitätsfremde Kalkulation

Aber das ist nicht alles – Prospektkosmetik lautet das Zauberwort. „Die Schiffbetriebskosten zählen zu den bekannten Stellschrauben, mit denen sich Prospekte schönrechnen lassen“, sagt Schiffsfondsexperte Jürgen Dobert. Und Michael Rathmann, Inhaber des Spezialvertriebs Mira-Anlagen, beobachtet: „Die Kalkulationen einiger Initiatoren gehen an der Realität vorbei.“
Ein Initiator, dessen Angaben zu den Betriebskosten als konservativ gelten, ist Conti. Fondsmanagement-Leiter Josef Sedlmeyr hält zumindest einen Teil der Kostenexplosion für vorhersehbar: „Angesichts des fünfjährigen Booms in der Handelsschifffahrt und des Personalmangels war es abzusehen, dass die Heuern teurer werden würden. Auch der Anstieg der Werftpreise kommt nicht überraschend.“ So wurden im Bau- Boom viele Reparaturwerften in Neubauwerften umgewandelt, und nun verlangen die Werften wegen der knappen Plätze mehr Geld für Instandhaltung und Klassedockung, dem TÜV-Siegel für Schiffe.
In den Verkaufsprospekten kalkulieren die Fondshäuser mit einem Basissatz an Betriebskosten und rechnen meist Steigerungsraten von 2 bis 3 Prozent pro Jahr mit ein. Thomas Ritter, Geschäftsführer der Hamburgischen Seehandlung, sieht auch keinen Grund, die Steigerungen künftig zu erhöhen: „Das hohe Niveau muss in die Basiskosten einfließen.“ HCI setzt dagegen bei den Steigerungsraten an. Das Hamburger Emissionshaus rechnet neuerdings in den ersten drei Jahren mit einem 4-prozentigen jährlichen Plus und danach mit 2,5 Prozent. „Viele Reedereien bilden jetzt massiv Personal aus. Deshalb dürfte sich die Situation nach drei Jahren entspannen“, prophezeit Jens Burgemeister, Geschäftsführer HCI Hanseatische Schiffsconsult.
Eine Einschätzung, ob die Betriebskosten wirklich ausreichend kalkuliert wurden, ist für den Anleger kaum möglich – zu viele unterschiedliche Faktoren spielen hinein. Selbst wenn man zwei ähnliche Schiffe findet, ist ein Vergleich nicht so einfach.

Kostenvergleich kaum möglich

So setzt HCI bei der in der HCI Hammonia Shipping AG enthaltenen MS Saxonia tägliche Betriebskosten von 6.183 Dollar für das erste volle Betriebsjahr an. Die jährlichen Steigerungsraten liegen bei 2,5 Prozent, ab 2012 bei 4 Prozent. Der Frachter transportiert bis zu 3.100 Standardcontainer (TEU) und ist seit 2003 in Fahrt. Lloyd Fonds hat für ein baugleiches Schiff, die 2007 abgelieferte MS Almathea, Betriebskosten in Höhe von 4.600 Dollar und jährliche Steigerungen von 2,5 Prozent kalkuliert.
Aber: HCI hat die Gelder für die alle fünf Jahre anfallenden Klassedockungen gleichmäßig verteilt. Lloyd Fonds hingegen weist die Extrakosten in den jeweiligen Jahren aus. Vorstandsvorsitzender Torsten Teichert: „Drei bis vier Jahre alte Schiffe verursachen zudem mehr Kosten als neue Schiffe.“
Ein zweiter Vergleich: die Schiffe MS Pontremoli der Hamburgischen Seehandlung und MS Clara Schulte von Atlantic. Die Pontremoli ist ein 2.646-TEU-Containerschiff mit täglichen Betriebskosten von 5.150 Dollar. Die Clara Schulte transportiert bis zu 2.824 Boxen, und der Prospekt weist für den Betrieb im Jahr 2007 tägliche Kosten von 4.200 Dollar aus. Beide haben die Klassedockungen nicht mit eingerechnet. Die Erklärung der niedrig kalkulierten Kosten von Atlantic-Geschäftsführer Martin Ollendorff: „Die mit uns kooperierende Reederei Thomas Schulte ist dafür bekannt, niedrige Betriebskos - ten einzuhalten.“ Bei den Heuern ist das 2007 nicht ganz gelungen: Sie lagen täglich 170 Euro höher als prospektiert.
Wer den Unsicherheitsfaktor Betriebskosten ganz meiden will, muss einen Bare- Boat-Charter-Fonds wählen. In diesem Jahr wollen KGAL, Lloyd Fonds und Doric Asset Finance derartige Fonds auflegen. Wölbern Shipping plant für Ende 2008 oder Anfang 2009 einen Bare-Boat-Fonds. Zudem liebäugelt Commerz Real mit der Idee.
Bei dieser Variante erhält der Charterer das Schiff unausgerüstet, also ohne Mannschaft, Proviant und Treibstoff. Heuern, Schmierstoffe sowie die übrigen Betriebskosten zahlt der Charterer. Der große Nachteil ist, dass nackt vercharterte Schiffe die Tonnagesteuer nicht nutzen dürfen und Anleger somit nicht von den nahezu steuerfreien Ausschüttungen profitieren können.
„Unser Fonds soll einen langen Bare- Boat-Charter-Vertrag abschließen und könnte in Singapur sitzen. Um konkurrenzfähig zur Tonnagesteuer zu sein, müssten wir mit dem Fonds eine Bruttorendite von 11 bis 12 Prozent darstellen“, erläutert Wölbern-Shipping- Geschäftsführer Werner Ackermann. Neben dem steuerlichen Nachteil haben Bare-Boat-Fonds einen weiteren Haken. Ritter von der Hamburgischen Seehandlung: „Der Charterer ist gleichzeitig Manager, und der technische Zustand des Schiffs kümmert ihn nicht primär.“
Bleiben die Betriebskosten auf hohem Niveau, können Bare-Boat-Fonds dennoch Abnehmer finden – wenngleich sie Ausnahmen neben den Tonnagesteuerfonds bleiben dürften.

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