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Diskussion über modische Aspekte in der Finanzbranche

Es war ein Post, der viele Nutzer des Berufsnetzwerks Linkedin offenbar auch emotional erwischte: „Männer, tragt endlich wieder Krawatte!“, forderte dort Vermögensverwalter Stefan Schmitt in einem kürzlich veröffentlichten Meinungsbeitrag. Darin bemängelte der Co-Geschäftsführer von Inno Invest: Die klassische Finanzbranche drifte in ihrem Kleidungsstil zunehmend in Richtung der legeren Start-up-Kultur. Das halte er für unangemessen. „So wie zum Girokonto die EC-Karte gehört, so gehört die Krawatte in die Bank, ins Private Banking und erst recht ins Wealth Management“, findet Schmitt.
Er schätze daran, „dass eine gut gewählte Krawatte meinem Outfit eine gewisse Eleganz und Raffinesse verleiht“. Und weiter: „Ohne die Krawatte sehe ich im Anzug komisch aus. Ohne Krawatte performe ich nicht gut. Genau so, als wenn mein Ring am Finger fehlt.“ Seine provokant und mit einer Portion Ironie formulierten Sätze garniert Schmitt am Ende mit einem abmildernden Zwinker-Smiley. Dennoch: Der Post saß.
Auf Linkedin brach umgehend eine Diskussion los. Die Antworten reichten zusammengefasst von „totaler Quatsch“ bis „100 Prozent Zustimmung“.
Krawatte – früher ging es nicht ohne
„Ich trage immer Anzug und Krawatte wenn ich bei Kunden bin“, schreibt ein Kommentator unter den Post. Mitunter bekomme er allerdings zu hören, er sei „overdressed“.
Ein anderer Kommentator erinnert an die strenge Krawattenpflicht, die Ende der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in der Finanzbranche geherrscht habe. Im Laufe der Zeit sei die Mode flexibler, eine Krawatte zum möglichen „modischen Eyecatcher“ geworden. Mit ihrem Verschwinden hätten mittlerweile auch „stylische Anzüge“ an Wirkung verloren. Allerdings: „Alles kommt irgendwann wieder. Ich persönlich finde eine passende modische Krawatte gut.“
Dem pflichtet ein anderer Kommentator bei: „Eine (zeitlose) Mode, die gerne wieder kommen darf. Ich trage gerne Krawatte im Büro :-)“.
Ein weiterer Nutzer, Rechtsanwalt, will in der Krawatte eine Art von Kampfmontur erkannt haben: „Das Binden der Krawatte vor einem Gerichtstermin ist wie das Binden des Schwarzgurtes vor einem Wettkampf.“
Ein anderer Nutzer plädiert für einen je nach Anlass abgestuften Kleidungsstil: „Shirt und Jeans und je nach Jahreszeit Sakko, Jacke oder Pullover drüber – auch zu Konferenzen. Für Bälle und Co. liegt der Smoking im Schrank.“
Aus einer Reihe von Kommentaren schimmert auch Erleichterung durch, dass sich ehemals strenge Kleidungsregeln in der Finanzbranche gelockert haben: „Seit der Pandemie bin ich nach über 30 Jahren von der Krawatte weg. Auch keine Lederschuhe mehr zum Anzug. Hemd und Anzug ja, aber dazu Sneaker“, heißt es in einem Antwort-Post. Auch ein anderer Nutzer meint: „Ich trage gerne Hemd und Anzug, doch Krawatten mag ich nicht.“ Diese seien „steif und einengend“.
Liberal bei der Kleiderordnung
Entspannt geben sich die (wenigen) mitdiskutierenden Frauen: „Wenn‘s zum Anlass passt und der Persönlichkeit, why not. Schließlich machen Kleider Leute“, kommentiert eine Linkedin-Nutzerin ein Accessoire, das sie vermutlich selbst nicht trägt.
Das wiederum würde ein anderer Nutzer so nicht so im Raum stehenlassen. Der Kommentator verbindet die Frage mit einer Seelenschau: „Ein Mann der eine Krawatte braucht um erfolgreich zu sein hat ein Problem mit seinem Selbstvertrauen“, schreibt er. Eine Krawatte allein mache nicht erfolgreich („Loosen geht auch mit Krawatte!“).
„Am Ende zählt immer die Leistung und nicht die Darstellung“, kommentiert ein weiterer Nutzer. „Ich persönlich bin immer skeptisch, wenn man zu sehr daran arbeitet, seine vermeintliche Expertise optisch nach außen zu tragen. Die Kleidung sage „nichts Wichtiges“ über Menschen aus.
Aus mehreren Kommentaren spricht letztlich jedoch der Laissez-faire-Gedanke: „Ich habe immer gern einen Anzug mit einer Krawatte getragen“, heißt es in einem der Kommentare, dessen Tenor auch in weiteren zu finden ist. Der Nutzer findet: Es sei heute nicht mehr zeitgemäß, Krawatten als „obligatorisch“ zu bewerten. „Ich würde viel mehr sagen, lasst die Leute tragen was sie wollen – gern auch wieder Anzug und Krawatte.“