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Die „Magischen 8“: Europas Antwort auf die Mag 7 aus den USA

Die Magnificent 7, also Alphabet, Amazon, Apple, Meta Platforms, Microsoft, Nvidia und Tesla haben nicht nur in diesem Jahr, sondern schon seit Längerem die Wall Street nach oben getrieben. Auch in Europa gibt es eine überschaubare Gruppe an Unternehmen, die durch überproportionale Gewinnsteigerungen auf sich aufmerksam machen: die Magischen 8. Dazu zählen
- Air Liquide
- ASML
- L´Oréal
- LVMH
- Sanofi
- Schneider Electric
- SAP
- Siemens.
Wie die Magnificent 7 im Verhältnis zum S&P 500 verfügen die Magischen 8 über einen unverhältnismäßig großen Anteil an den Gewinnen der europäischen Aktienindizes. Seit 2015 sorgten sie für rund die Hälfte des Anstiegs des Euro Stoxx 50.
Ohne diese acht magischen Aktiengesellschaften hätte die annualisierte Rendite des Euro Stoxx 50 bei 1,8 Prozent und nicht bei 4,8 Prozent gelegen. Mit anderen Worten ausgedrückt: Die Magischen 8 sind in Europa der Ausdruck der weltweiten Outperformance von Large-Cap-Aktien gegenüber Small-Cap-Aktien, insbesondere seit 2018.
Mag 8 sind sehr viel breiter gestreut
Es gibt aber auch einen entscheidenden Unterschied. In den USA stammen die magischen Überfliegeraktien allesamt aus dem Technologiesektor, zumindest wenn man den etwas breiter fasst und Tesla nicht als Auto-, sondern als Techwert eingruppiert.
In der Eurozone hingegen bilden die „Magic Eight“ eine viel breiter gefächerte Gruppe von Sektoren ab, die sich über Technologie, Konsumgüter, Industrie, Chemie und Gesundheitswesen erstreckt.
Letztlich ist es diese breitere Streuung, die bei den Magischen 8 für eine geringere Performance im Vergleich zu den amerikanischen Magnificent 7 gesorgt hat. Übrigens: Ohne die sieben großen amerikanischen Techkonzerne, die seit 2015 satte 36 Prozent des Kursanstiegs des S&P 500 geliefert haben, hätten der Euro Stoxx 50 und S&P 500 in den zurückliegenden Jahren in etwa dieselbe Performance ausgewiesen.
Eine Gemeinsamkeit der Magischen 8 und der Mag 7 ist ihre hohe Bewertung. Der europäische Aktienkorb wird mit dem 21,2-fachen der für 2024 erwarteten Gewinne gehandelt. Der Euro Stoxx 50 kommt gerade einmal auf ein 2024er-KGV von 12,4. Das bedeutet, dass die restlichen 42 Aktien der Benchmark der Eurozone nur mit dem 10,1-fachen des 2024er-Gewinns gehandelt werden.
Zwei entscheidende Kurstreiber
Das wesentliche Merkmal der Magischen-8-Aktien ist, dass sie über zwei bedeutende Faktoren verfügen, die sich in den vergangenen Jahren stark überschnitten haben: Ertragswachstum und Ertragsstabilität. So zeichnen sie sich durch ein konstant hohes Gewinnwachstum aus. Seit 2011 haben sie ein jährliches EPS-Wachstum von 8,3 Prozent erzielt, verglichen mit 6,8 Prozent für den Rest des Euro Stoxx 50.
Mit Ausnahme eines kurzen Zeitraums zwischen Juni und Dezember 2019 erzielten die Magischen 8 immer eine höhere durchschnittliche Eigenkapitalrendite als die übrigen Werte des Euro Stoxx 50.
Mittlerweile hat der Abstand ein Rekordhoch erreicht: Die Eigenkapitalrendite der Magic 8 liegt bei fast 30 Prozent, während der restliche Markt eher auf 15 Prozent kommt. Die Magischen 8 weisen auch einen solideren Zinsdeckungsgrad und einen niedrigeren Verschuldungsgrad als der Rest des Marktes auf. Allerdings haben sich diese beiden Vorteile in den zurückliegenden 24 Monaten abgeschwächt.
Bei den Mag 8 zieht das Auslandsgeschäft
Ein weiterer Grund für die Outperformance der Magischen 8 scheint ihr starkes Auslandsgeschäft zu sein. Die bessere Wertentwicklung folgt nämlich in etwa dem stärkeren BIP-Wachstum der USA im Vergleich zu dem des Euroraums sowie den europäischen Exporten nach China. Das gilt sowohl in absoluten Zahlen als auch als Anteil am BIP des Euroraums.
Bei den Unternehmen handelt es sich um internationale Giganten, die einen sehr großen Teil ihrer Erträge außerhalb der Eurozone erwirtschaften, und zwar in stärkerem Maße als die europäische Benchmark, bei der inländisch geprägte Finanzwerte stärker gewichtet werden.
Infolge dieses Auslandsengagements haben sich ihre Erträge und ihr Gewinnwachstum besser entwickelt als das des übrigen europäischen Marktes. Die Magischen 8 waren gewissermaßen Nutznießer der Globalisierung, da sie aufgrund ihrer hohen Auslandseinnahmen ein stärkeres Umsatz- und Gewinnwachstum verzeichneten, als wenn sie enger an die wachstumsschwache europäische Wirtschaft gebunden gewesen wären.
Vorteil wandelt sich kurzfristig in Nachteil
Diese stärkere internationale Fokussierung könnte allerdings kurzfristig für einen Dämpfer sorgen. Derzeit sieht es so aus, dass die europäische und globale Wirtschaft gegen Mitte 2024 in eine Rezession rutschen. In einer globalen Rezession schrumpft der internationale Handel schneller als das BIP. Das bedeutet, dass die hohen internationalen Einnahmen dieser Unternehmen von einem Rückenwind zu einem vorübergehenden Gegenwind werden.
Eine weltweite Rezession könnte durchaus zu einem breiten Ausverkauf bei globalen Aktien führen. Da Wachstums- und Qualitätswerte in den vergangenen zehn Jahren den größten Teil der Kapitalströme angezogen haben, dürfte ein Kapitalabfluss diese beiden Faktoren wahrscheinlich unverhältnismäßig stark treffen. Die langfristigen Aussichten der Magischen 8 bleiben aber gut, da der Qualitätsfaktor und ihre diversifizierte sektorale Zusammensetzung attraktive Eigenschaften darstellen. Anleger könnten also kurzfristige Korrekturen zum Einstieg nutzen.
Über den Autor:
Norbert Hagen ist Vorstandssprecher der ICM InvestmentBank