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„Die meisten Konjunkturprognosen sind zu einfach“

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Zum weiteren Verlauf des Jahres


Bisher zeichnet sich im Gegensatz zu den optimistischen Annahmen der Konjunkturpropheten noch keine Entspannung der Krise ab. Von den drei Problemen, die für eine Bereinigung der Probleme in Euroland notwendig sind – Reduktion der Schulden, Stimulierung des Wachstums und Europäisierung der Finanz- und Wirtschaftspolitik – , ist bisher erst auf einem Gebiet Fortschritt erzielt worden, nämlich bei der Konsolidierung der Haushalte.

Und auch da gibt es mehr Absichtserklärungen als Fakten. Es ist schwer vorstellbar, dass die anderen Punkte in ein paar Monaten zu bewältigen sind, zumal es in Frankreich im April Wahlen gibt, die vieles noch schwieriger machen. 

Vorprogrammierte Kreditklemme

Was sich bisher überhaupt noch nicht ausgewirkt hat, sind die Probleme durch die geplante Beteiligung der Kreditwirtschaft am Schuldenschnitt Griechenlands (dem "Private Sector Involvement").

Sie muss nach aller Logik dazu führen, dass die Banken bei der Kreditgewährung an Unternehmen und private Haushalte zurückhaltender werden. Es muss eine Kreditklemme geben. Nach den Befragungen des ifo Instituts ist das bisher aber noch nicht zu erkennen. Da kommt also noch etwas auf uns zu.  

Auch die Schwellenländer kämpfen


Auch in der Weltwirtschaft, vor allem in den Schwellenländern ist schwer vorstellbar, dass alle Probleme im Sommer vorbei sein sollen. Natürlich werden derzeit die monetären Restriktionen in China und Brasilien gelockert, demnächst sicher auch in Indien.

Erfahrungsgemäß dauert es aber eine gewisse Zeit, bis sich das auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung auswirkt. Darüber hinaus gibt es in diesen Ländern erhebliche strukturelle Probleme, die das Wachstum bremsen.

In China beispielsweise muss die Nachfrage vom Export auf den privaten Konsum umgeschichtet werden. Die Produktion muss wegen der steigenden Löhne von Billigprodukten auf anspruchsvollere Güter umgestellt werden. Das braucht Zeit. Ich würde mich wundern, wenn das Wachstum in China jetzt auf 8 Prozent zurückgeht, dann aber im nächsten Jahr wieder auf 10 Prozent steigt, so als ob nichts gewesen wäre.

Im Übrigen gibt es noch die notwendige Restrukturierung der Banken und der nach den Wahlen in den USA anstehende Schuldenabbau auch in Amerika. Es wäre ungewöhnlich, wenn das so reibungslos an der Konjunktur vorbeigehen würde.  

2012: Jahr der Überraschungen?

Wenn die hier aufgezählten Faktoren richtig sind, dann wird es keine so starke Durststrecke im Winter geben. Die nächsten Quartale werden uns positiv überraschen. Das gesamtwirtschaftliche Ergebnis 2012 könnte besser ausfallen und liegt vielleicht sogar über ein Prozent. Denn die ersten Quartale sind für den Durchschnitt eines Jahres wichtiger als die letzten.

Andererseits wird das zweite Halbjahr schlechter als derzeit erwartet. Das hat dann Konsequenzen für das Jahr 2013. Es könnte schlechter werden als 2012.

Gefahr der Selbsttäuschung

Rein von der Konjunktur her gesehen wird es in den kommenden Monaten positive Signale geben. Lassen Sie sich davon aber nicht täuschen: Das heißt nicht, dass die konjunkturelle Delle schon vorbei ist. Das dicke Ende kommt erst noch.

Im Übrigen ist zu bedenken, dass die Konjunktur in diesem Jahr gerade für die Aktienmärkte nicht die Bedeutung hat, die ihr sonst zukommt. Die Unternehmen haben sich auf eine Schwächeperiode gut vorbereitet. Eine Abnahme der Nachfrage wird sich daher weniger als sonst in den Gewinnen niederschlagen.

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