Deloitte-Chefökonom Alexander Börsch
Jobmarkt hängt Konjunktur ab

Deloitte-Chefökonom Alexander Börsch
Deutschland ist ein Industrie-Land. Die Exportschlager sind Autos und Maschinen, das vorherrschende Innovationsmuster ist die Perfektionierung komplexer Produkte. Doch während genau diese Spezialisierung in den Jahren vor der Finanzkrise in Verruf geraten war, wurde sie in der Zeit danach zu einem riesigen Asset – China brauchte genau solche Produkte.
Momentan befindet sich die deutsche Industri...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Deutschland ist ein Industrie-Land. Die Exportschlager sind Autos und Maschinen, das vorherrschende Innovationsmuster ist die Perfektionierung komplexer Produkte. Doch während genau diese Spezialisierung in den Jahren vor der Finanzkrise in Verruf geraten war, wurde sie in der Zeit danach zu einem riesigen Asset – China brauchte genau solche Produkte.
Momentan befindet sich die deutsche Industrie allerdings im konjunkturellen Abschwung. Trotzdem erweist sich der Arbeitsmarkt als erstaunlich widerstandsfähig – Arbeitslosigkeit und Beschäftigung bleiben jeweils auf rekordverdächtigen Niveaus. Nun passen sich Arbeitsmärkte natürlich nicht sofort an die Konjunktur an. Ein größerer Trend spricht aber dafür, dass die Effekte der industriellen Rezession dadurch abgemildert werden können, dass sich Arbeitsmarkt und Wirtschaftsstruktur deutlich wandeln. Von daher ist es kein Zufall, dass momentan der Dienstleistungssektor die Konjunktur rettet. Die Zeit nach der Finanzkrise hat vor allem wissensintensiven Dienstleistungen nochmal einen starken strukturellen Schub verpasst.
Wo sind die neuen Jobs entstanden?
Seit 2010 sind in Deutschland circa 3,5 Millionen neue Jobs entstanden. Das verarbeitende Gewerbe hatte durchaus seinen Anteil und schuf laut Daten des Statistischen Bundesamts eine halbe Million Jobs. Automobil- und Maschinenbau kommen jeweils auf rund 100.000 neue Arbeitsplätze.
Die größten Wachstumsraten kommen allerdings aus anderen Bereichen. Das Gesundheitswesen hat seit 2010 fast eine Million neue Jobs geschaffen und ist damit um 20 Prozent gewachsen, das höchste relative und absolute Branchenwachstum. Stark gestiegen ist auch die Beschäftigung im Bereich der unternehmensbezogenen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen. Hierzu zählen unter anderem Rechts-, Steuer-, und Unternehmensberatung, Architektur- und Ingenieursdienstleistungen sowie Forschung und Entwicklung. Hier stieg die Beschäftigung um über 350.000 Jobs – und dies basierend auf einem sehr viel niedrigeren Niveau als im verarbeitenden Gewerbe. Allerdings ist der Trend nicht gleichmäßig: Manche Branchen im Bereich Unternehmensdienstleistungen schrumpfen, wie zum Beispiel Werbung und Marktforschung. Insgesamt hat der Beschäftigungsaufbau primär im Dienstleistungsbereich stattgefunden, mit wissensintensiven und persönlichen Dienstleistungen als Motor.
Ebenfalls ein wichtiger Beschäftigungstreiber ist die Informations- und Kommunikationsindustrie. Hier stieg die Beschäftigung um ungefähr 120.000 Jobs. Innerhalb der Informations- und Kommunikationsindustrie findet ein interessanter Strukturwandel statt, der exemplarisch für den Trend in Richtung wissensintensiver Dienstleistungen steht - auch in Industrien, die lange eher von der Produktion dominiert wurden.
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