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Interview mit Simon Frank „Die Politik schafft langfristige Treiber für Nachhaltigkeitsanlagen“

Simon Frank
Simon Frank: „Die Regulierungsmaßnahmen enden nicht mit MiFID II, sie werden weiter nachgeschärft.“ | Foto: Pictet AM

Herr Frank, was interessiert deutsche Kunden im Hinblick auf den Kapitalmarkt derzeit besonders?

Simon Frank: Natürlich zum einen der Ukrainekrieg, der uns viel näher ist als beispielsweise den US-Amerikanern. Zum anderen stehen jetzt die steigenden Rohstoffpreise, hohe Inflationsraten und steigende Zinsen weltweit im Fokus. Ein ganz wesentlicher Aspekt kommt noch hinzu: Die weiterhin gestörten Lieferketten in zahlreichen Branchen.

Von Covid-19 hingegen hört man anscheinend immer weniger. Dabei ziehen doch in China die Lockdowns von Millionenstädten immer größere Kreise, oder?

Frank: In Deutschland, Europa und den USA scheint Corona so gut wie abgehakt, obwohl noch immer hohe Inzidenzen gemeldet werden. Hier gibt es aber keine Lockdowns mehr, das Leben läuft wieder weitgehend normal. In China andererseits verursachen die Stillstände in der Produktion Probleme für die Lieferketten. Ganz klar: Das wird das Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft beeinflussen. Die Frage ist daher: Wird Peking die Null-Covid-Politik weiterhin durchhalten? Möglicherweise steigen die volkswirtschaftlichen Kosten früher oder später in solche Höhen, dass diese Politik überdacht werden muss.

Inwieweit wirken sich die aktuellen Marktereignisse auf die Kapitalflüsse in die Themenfonds von Pictet AM aus?

Frank: Natürlich sind viele Anleger jetzt besonders vorsichtig. Wir beobachten indes weiterhin solide Mittelflüsse, obgleich sich die Rekordzuwächse der letzten beiden Jahre ein wenig abgekühlt haben. Vor allem das Thema Nachhaltigkeit steht ungebrochen im Mittelpunkt des Interesses. Allerdings bringt die Entwicklung der Zinsen Wachstumswerte unter Druck; sie durchliefen in den vergangenen zwölf bis 18 Monaten eine Neubewertung. Steigende Zinsen bedeuten steigende Diskontierungszinsen und das belastet die Bewertungen von Wachstumsunternehmen besonders – obwohl die fundamentalen Geschäftsentwicklungen unserer Einschätzung nach weiterhin zumeist gut und solide aussehen.

Offenbar, denn immerhin ist die anlaufende Berichtssaison besser als erwartet ausgefallen…

Frank: Die letzten Berichtssaisons waren alle erstaunlich gut. Man sieht aber auch: Unternehmen, deren Zahlen den Anlegererwartungen nicht entsprechen beziehungsweise deren Ausblicke weniger optimistisch ausfallen, werden blitzschnell und heftig abgestraft, denken Sie nur an Netflix. Die Märkte sind sehr volatil und reagieren sensitiv auf Enttäuschungen. Liefert ein Unternehmen gute Zahlen, liegt der Kursaufschlag bei plus 3 oder 5 Prozent. Werden die Zahlen jedoch verfehlt oder der Ausblick gesenkt, geht es gleich um 20 bis 35 Prozent nach unten.

Während durch die große Sektorrotation, die seit 2021 aufgrund der steigenden Zinsen zu sehen ist, Wachstumstitel unter Druck geraten, profitieren hingegen Finanzwerte wie Banken und Versicherungen. Durch den Ukraine-Krieg sind auch Energiewerte im Aufwind, darunter nicht zuletzt die schmutzigen Energieerzeuger der Old Economy, die oft weit zweistellig im Plus liegen, während erneuerbare Energien teils schwächer notieren. Hierbei handelt es sich aber unseres Erachtens um einen zyklischen Trend.