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„Die Türkei kann die Inflationsrate jetzt weiter absenken“

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Das Investment.com: Wie schätzen Sie die Inflationsrate von 8 Prozent ein? Stellt sie eine Belastung für die wirtschaftliche Entwicklung dar?

Öztunc: Der türkische Konsumentenpreisindex ist im Laufe der vergangenen 10 Jahre von einem Hyperinflationsniveau in den einstelligen Prozentbereich zurückgegangen. Zwischen den Jahren 2005 und 2011 – außer 2010 wegen der Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise – hat die Türkei bewiesen, dass sie ein hohes Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt bei einer kontrollierten Inflationsrate von zirka 8 Prozent aufrechterhalten kann.

Die Türkei kann jetzt möglicherweise die Inflationsrate innerhalb eines Korridors von 5 bis 7 Prozent weiter absenken, da anscheinend die psychologische Komponente einer hohen Inflation in der Öffentlichkeit nicht mehr vorhanden ist.

Um noch erfolgreicher zu sein und eine Inflationsrate von unter 5 Prozent zu erzielen, könnten zeitaufwendigere Maßnahmen erforderlich sein. Einige strukturelle Probleme, wie zum Beispiel  die niedrige Sparquote – und das daraus resultierende Leistungsbilanzdefizit – sowie die Lohnkosten, angegangen werden müssten.

Wir sehen den Korridor des Konsumentenpreisindex innerhalb von 5 bis 7 Prozent. Dabei liegt das reale BIP-Wachstum bei über 5 Prozent und das Verhältnis von Leistungsbilanzdefizit zu BIP bei 7 bis 8 Prozent. Dies dürfte für die Türkei auf mittlere Sicht ein tragfähiges Szenario sein. Die Inflation sollte als vertretbare Belastung angesehen werden, um die niedrige Sparquote in der Türkei auszugleichen und internationales Kapital anzuziehen.

Das Investment.com: Welches Türkei-Klischee ist unter den Anlegern am meisten verbreitet?

Öztunc: Wir begegnen immer noch den so manchem Klischee, wenn wir mit Anlegern sprechen. Beispielsweise: „Die Türkei ist eine Boom- und Krisenwirtschaft, deren Schicksal es ist, Wachstumsperioden mit ernsthaften Krisen zu beenden.“ Unsere Antwort darauf ist, dass die Türkei es gelungen ist, im Laufe der vergangenen 10 Jahre eine durchschnittliche BIP-Wachstumsrate von über 5 Prozent aufrechtzuerhalten.

Ein weiterer, oft gehörter Kommentar: „Die Türkei ist ein politisch instabiles Land, das insgeheim von Armeegenerälen regiert wird.“ Da entgegnen wird, dass die Türkei trotz vieler Unruhen in der Region seit dem Jahr 2002 ein politisch stabiles Land ist. Die AKP, eine konservative  Partei,  hat drei Wahlen hintereinander gewonnen. Zudem wurden die Anführer des Staatsstreiches aus der Vergangenheit vor Gericht gestellt.

Auch bekommen wir oft zu hören, dass die Menschen in der Türkei im Wesentlichen dem Nahen Osten zuzurechnen sind und  Religion in ihrem Leben die Hauptrolle spielt. Auch dieses Klischee muss man entkräften, denn die Türkei ist das einzige islamische Land mit einer weltlichen und demokratischen Verfassung. Als Brücke zwischen Ost und West, sowohl kulturell als auch wirtschaftlich,  ist die Türkei in den vergangenen Jahren zu einem Anziehungspunkt für alle moslemischen Länder geworden. Zudem hat die Türkei damit begonnen, ihren modernen Lebensstil zu exportieren.

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