Chefvolkswirt Carsten Klude
Die unendliche Geschichte der Niedrigzinsen
Aktualisiert am 05.03.2020 - 14:59 Uhr
Sollten Anleger bei den Renditen von Staatsanleihen mit einer Bodenbildung oder einer Trendwende rechnen? Carsten Klude, Chefvolkswirt bei M.M. Warburg, blickt voraus und erklärt, wo auch 2020 positive Wertentwicklungen zu erwarten sind.
Da Zinserhöhungen von der Zentralbank erst dann erwogen werden, wenn die Inflationsrate deutlich über die Zwei-Prozent-Marke ansteigt, sind höhere Leitzinsen im nächsten Jahr nicht zu erwarten. Dagegen sind ein oder sogar zwei Zinssenkungen unseres Erachtens nach 2020 durchaus möglich, da die US-Wirtschaft weniger stark wachsen wird als in diesem Jahr. Die Fed Funds Futures zeigen, dass die Marktteilnehmer mehrheitlich in der zweiten Jahreshälfte mit einer Zinssenkung rechnen.
Die Europäische Zentralbank wird 2020 ihre Geldpolitik nicht verändern. Mittlerweile ist den meisten Mitgliedern der EZB bewusst, dass die Risiken und Nebenwirkungen ihrer Geldpolitik zugenommen haben und noch niedrigere...
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Da Zinserhöhungen von der Zentralbank erst dann erwogen werden, wenn die Inflationsrate deutlich über die Zwei-Prozent-Marke ansteigt, sind höhere Leitzinsen im nächsten Jahr nicht zu erwarten. Dagegen sind ein oder sogar zwei Zinssenkungen unseres Erachtens nach 2020 durchaus möglich, da die US-Wirtschaft weniger stark wachsen wird als in diesem Jahr. Die Fed Funds Futures zeigen, dass die Marktteilnehmer mehrheitlich in der zweiten Jahreshälfte mit einer Zinssenkung rechnen.
Die Europäische Zentralbank wird 2020 ihre Geldpolitik nicht verändern. Mittlerweile ist den meisten Mitgliedern der EZB bewusst, dass die Risiken und Nebenwirkungen ihrer Geldpolitik zugenommen haben und noch niedrigere Zinsen mehr Schaden anrichten als Gutes bewirken.
Da die Notenbank über ihr Anleihenaufkaufprogramm jeden Monat für 20 Milliarden Euro europäische Staats- und Unternehmensanleihen sowie Pfandbriefe und Asset Backed Securities kauft, bleiben die Renditen gedeckelt. Hinzu kommen weitere 20 Milliarden Euro im Monat, die die EZB für die Wiederanlage auslaufender Wertpapiere investieren wird.
Die mittelfristigen Inflationserwartungen der Marktteilnehmer sowie die Konjunktur- und Inflationsprognosen der EZB lassen erwarten, dass die Niedrigzinsphase in Europa noch weit über das Jahr 2020 anhalten wird. Auch die bislang noch ungelösten politischen Probleme, wie der Handelsstreit zwischen den USA und China, der Brexit und die Schwierigkeiten der politischen Mehrheitsfindung in vielen europäischen Ländern, werden dazu führen, dass die Renditen sehr niedrig bleiben; gleichwohl dürfte es sowohl in Europa als auch in den USA zu kräftigen Schwankungen kommen.
Wir erwarten, dass die Rendite für 10-jährige Bundesanleihen im kommenden Jahr zwischen null und -0,6 Prozent liegen wird. Die Rendite für 10-jährige US-Tresauries dürfte sich dagegen zwischen 1,4 und 2,0 Prozent bewegen. Für Anleger ist das potenzielle Wertsteigerungspotenzial bei Staatsanleihen somit vergleichsweise unattraktiv. Ausgehend vom aktuellen Niveau würde ein Renditerückgang auf - 0,6 Prozent bei einer 10-jährigen Bundesanleihe zu einer positiven Wertentwicklung von rund zwei Prozent führen.
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