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“Die Voraussetzungen für eine Hausse am Aktienmarkt fehlen”

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Allerdings deuten die jüngsten veröffentlichten Unternehmensergebnisse einen Wendepunkt an: Sowohl der Umsatz als auch die (derzeit historisch hohen) Gewinnmargen spüren Abwärtsdruck. Längerfristig stellt sich außerdem die Frage nach der Unternehmenssteuer, deren Satz in den vergangenen Jahrzehnten stetig gesunken ist.

Bei den Bewertungen gehen die Meinungen, ob Aktien über- oder unterbewertet sind, derzeit auseinander. Die positiven Faktoren, die den Anstieg der Bewertungskennzahlen zwischen 1982 und 2000 ausgelöst hatten, gibt es jedoch aktuell nicht mehr beziehungsweise sie haben sich sogar ins Negative umgekehrt. Zu diesen positiven Faktoren zählten:

  • Rückläufige Teuerungsraten und sinkende Zinsen: Heute sind die Zinsen sehr niedrig. Doch weit gefehlt, wer dahinter eine besonders gute Wirtschaftslage vermutet. Ausschlaggebend ist viel mehr das durch Überschuldung, geringes und teilweise künstliches Wachstum sowie Deflationstendenzen geprägte Umfeld. Und aus Japan wissen wir wiederum, dass die Bewertungskennzahlen in einem solchen Umfeld zurückgehen.

  • Verbesserung der geopolitischen Situation (Ende des Kalten Krieges). Heute bauen sich auf der geopolitischen Ebene gerade neue Spannungen auf.

  • Relativ regelmäßiger Konjunkturzyklus ohne größere Erschütterungen. Einige Volkswirte standen bereits kurz davor, das Ende der Konjunkturzyklen zu verkünden. Die westliche Welt würde, so ihre Überzeugung, nie mehr in eine tiefe Rezession abrutschen. Heute wissen wir jedoch, dass diese positive Konjunkturentwicklung teils auf die steigende Verschuldung zurückzuführen war – als eine logische Folge der auf künstlich niedrige Zinsen ausgerichteten Geldpolitik. Der Entschuldungsprozess im privaten Sektor sowie das Ende der Schuldenanhäufung im öffentlichen Sektor werden das Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahren belasten. Dies wiederum könnte zu kürzeren Konjunkturzyklen und häufigeren Rezessionen führen.

  • Die Boomphase kam vor allem den Unternehmen bzw. deren Aktionären zugute, nicht den Mitarbeitern. Als Folge hieraus ist heute der Anteil des Faktors Arbeit am Nationaleinkommen in vielen Ländern auf ein abnormal niedriges Niveau gesunken. Oder anders gesagt: Die Gewinnmargen der Unternehmen sind außergewöhnlich hoch. Diese Situation kann auf Dauer nicht anhalten.

  • In den 1980er- und 1990er-Jahren entstand demografisch bedingt eine besonders aktienaffine Anlegerkategorie (die so genannten Babyboomer), die sich heute dem Ruhestand nähert. Diese Menschen möchten nun über ihr Erspartes verfügen beziehungsweise fordern regelmäßige Einnahmen im Gegensatz zu eventuellen langfristigen Kapitalerträgen.
Fazit

Aus dem Voranstehenden wird deutlich, dass die Voraussetzungen für einen neuen strukturellen Hausse-Markt nicht vorliegen. Deshalb sollte die Börsenerholung der vergangenen Monate zum Ausstieg genutzt werden. Der Eindruck, noch schnell auf den Zug aufspringen zu müssen, trügt.

Dies erklärt auch, warum uns die Idee so fremd ist, Aktien zu kaufen, nur weil die Zentralbanken den Markt mit Geld fluten. Diese Liquidität hat keinerlei Einfluss auf den Gewinn der Unternehmen, das heißt der Faktor Unternehmensgewinne wird deshalb nicht steigen.

Möglicherweise wirkt sich das Zentralbankgeld vorübergehend auf den zweiten Faktor, die Bewertung aus: Es könnte einen Kursanstieg unabhängig von einem Gewinnzuwachs auslösen.

Aus Erfahrung wissen wir jedoch, dass eine solche Hausse nicht von Dauer ist, solange eine Verbesserung der makroökonomischen Rahmenbedingungen ausbleibt. Wer erfolgreich an einer liquiditätsinduzierten Hausse teilnehmen möchte, muss deshalb vor den anderen Marktakteuren wissen, wann sie zu Ende geht. Und diese Prognose gelingt erfahrungsgemäß nur ganz wenigen Anlegern.

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