

Anhebung des Höchstrechnungszinses, hohe Schadeninflation, Unsicherheit hinsichtlich künftiger Renten- und Gesundheitspolitik der Bundesregierung nach dem Scheitern der Ampelkoalition: Wie wirkt sich das im kommenden Jahr wohl auf die Assekuranz aus? DAS INVESTMENT befragte mehrere Vorstände sowie Vertriebs- und Produktverantwortliche von Versicherungsgesellschaften, welche Trends sie für das kommende Jahr erwarten. Es ging dabei sowohl um allgemeine Vertriebstrends als auch um Entwicklungen verschiedener Produktkategorien wie zum Beispiel Lebens-, Kranken- und Sachversicherung.
Steigende Prämien und neue Tarife
Im ersten Teil unserer Trendumfrage-Strecke stellten wir Ihnen die allgemeinen Vertriebstrends vor. Im zweiten Teil geht es nun um den Komposit-Bereich. Setzt sich der massive Prämienanstieg in der Kfz- und der Wohngebäudeversicherung fort? Welche Tarifinnovationen sind zu erwarten? Welche Produkte werden zu den Top-Sellern gehören, welche bleiben eher Ladenhüter? Hier die Antworten.
DAS INVESTMENT: Die Schaden- und Unfallversicherung hat 2024 deutlich an Bedeutung gewonnen und erstmals seit 1996 mehr Bruttobeitragseinnahmen als der Bereich Leben verzeichnet. Im Sommer 2024 prognostizierte der GDV für 2025 ein Wachstum von bis zu 7,2 Prozent. Welche Faktoren werden das Beitragswachstum 2025 am stärksten beeinflussen?
Frank Lamsfuß: Besonderen Einfluss auf die Entwicklung der Bruttobeitragseinnahmen in den Kompositsparten dürften vor allem die marktweiten Beitragskorrekturen haben, insbesondere in der Kfz- und Wohngebäudeversicherung. Gründe dafür sind zum einen die anhaltende Häufung von Schadenereignissen infolge des Klimawandels. Hinzu kommen Inflation und Handwerkermangel, die die Situation noch zusätzlich verschärfen, da sie im Schnitt zu höheren Kosten pro Schaden führen. Dies zwingt die Branche, die Prämien zu erhöhen. Zusätzlich gibt es bei vielen Sach- und Unfallverträgen eine vertraglich vereinbarte Summenanpassung oder eine Dynamik, die als Inflationsausgleich dienen und ebenfalls zum Beitragswachstum beitragen.
Als Folge des Klimawandels sehen wir schon heute einen Anstieg der Schadenereignisse und ihres Umfangs. Gleichzeitig sehen wir in Europa und in Deutschland nicht die notwendige Anpassungsgeschwindigkeit an die Folgen des Klimawandels. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Branche im kommenden Jahr noch stärker als 2024 mit Anpassungen der Risikomodelle und Angebote zum Beispiel durch Einführung von Starkregenzonierungen in der Sachversicherung reagieren wird. Dies wird Preise und Beitragswachstum weitertreiben.
Die Beiträge in der Kfz-Versicherung sind zuletzt zwei Jahre in Folge massiv gestiegen. Grund waren die steigenden Ersatzteilpreise und Reparaturkosten. Erwarten Sie für 2025 einen erneuten Beitragssprung?
Lamsfuß: Für den Preisanstieg in der Kfz-Versicherung in den letzten Jahren waren, neben erhöhten Schadenaufwendungen unter anderem durch vermehrte Unwetterereignisse, insbesondere die steigenden Ersatzteilpreise und Reparaturkosten die Kostentreiber. Es ist davon auszugehen, dass es auch 2025 einen weiteren Preisanstieg geben wird.
Erwarten Sie eine Fortsetzung des Trends zu Telematik-Tarifen?
Lamsfuß: Telematik-Tarife können eine sinnvolle Ergänzung sein, wenn in bestimmten Konstellationen, zum Beispiel bei Fahreinsteigern, die Beiträge vergleichsweise hoch sind. Hier können die Kosten durch den möglichen Bonus reduziert werden. Eine weitere Etablierung der Telematik-Tarife ist mit Blick auf die Optimierung der Schadenprozesse denkbar.
Wie sieht es mit den anderen Sachversicherungen aus: Rechnen Sie da auch mit moderaten oder gar starken Beitragserhöhungen?
Lamsfuß: In der Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung sehen wir nach wie vor einen anhaltenden Verdrängungswettbewerb. Durch die Vergleichbarkeit der Produkte, etwa auf Vergleichsplattformen, ist der Druck auf die Preise hoch und wir rechnen nicht mit Beitragserhöhungen in der Gesamtheit. Was feststellbar ist, ist die zunehmende Differenzierung der Tarifstrukturen. Das heißt, die Spreizung des Preises je nach Risiko wird durch multivariable Tarife für einzelne Kunden stärker steigen oder sinken.
In der Unfallversicherung ist die Preisentwicklung recht konstant.