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Die Wiederauferstehung des Dollars

Christophe Bernard, Chefvolkswirt von Vontobel
Christophe Bernard, Chefvolkswirt von Vontobel
"Der Dollar ist unsere Währung, aber er ist euer Problem", so der berühmte Ausspruch von John Connally, US-Finanzminister unter Präsident Richard Nixon, gegenüber einer Delegation europäischer Finanzminister Ende 1971 in Rom. Die anschließende, jahrzehntelange Schwäche der weltweit wichtigsten Reservewährung könnte sich nun jedoch ihrem Ende zuneigen – eine Chance für Anleger.

Seit den späten 1960er Jahren nahmen die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vereinigten Staaten und ihren Handelspartnern über das nach Ende des Zweiten Weltkriegs etablierte Bretton-Woods-System, also das internationale Währungssystem von festen Wechselkursen, zu.

Nachdem die US-amerikanische Regierung die Goldkonvertibilität des US-Dollars am 15. August 1971 einseitig aufgekündigt und damit das Festkurssystem im Rahmen des Bretton-Woods-Mechanismus beendet hatte, folgte eine Phase anhaltender US-Dollar-Schwäche.

Zwei markante Beobachtungen unterstreichen diese Entwicklung: Im März 2013 benötigte ein Anleger für den Kauf einer Feinunze Gold 1600 US-Dollar, gegenüber 35 US-Dollar vor August 1971. Und: Der aktuelle Dollar/Franken-Wechselkurs beträgt 0,95, verglichen mit damals 4,30. Unserer Meinung nach dürfte der US-Dollar nun aber von seinem "Totenbett" auferstehen.

Es gibt kaum Zweifel, dass der Doppelauftrag der US-Notenbank, sowohl für Beschäftigung als auch für eine niedrige Inflation zu sorgen, zu einer expansiven Geldpolitik geführt hat, zumindest relativ zu anderen bedeutenden Zentralbanken.

Diese Ausrichtung, die zur Schwäche des US-Dollars beitrug, wurde zum Markenzeichen von Alan Greenspans Amtsperiode als Notenbankchef, die von 1987 bis 2006 reichte, sowie auch seines Nachfolgers Ben Bernanke. Darüber hinaus hat das hohe, strukturelle US-Leistungsbilanzdefizit zur Talfahrt des sogenannten Greenbacks beigetragen.

Seit dem Ende der Konvertibilität gab es jedoch auch zwei Phasen, in denen der US-Dollar Stärke zeigte: Die erste fiel mit der Zinserhöhungspolitik zur Ausmerzung der Inflation (1980 bis 1984) durch den früheren US-Notenbankpräsidenten Paul Volcker zusammen. Die zweite war die Folge von massiven Kapitalzuflüssen in die USA während des Technologiebooms von 1995 bis 1999.

Wir glauben, dass die US-Währung vor einer erneuten Stärkephase steht. Unsere Prognose basiert auf folgenden Annahmen:
  1. Mit dem kräftigen Wachstum der Öl- und Gasproduktion aus unkonventionellen Quellen könnten die USA bis 2020 bei der Energieversorgung autark werden. Das Leistungsbilanzdefizit könnte sich dadurch in einen Überschuss verwandeln;

  2. Dank deutlich niedrigerer Energieeinstandskosten werden die USA in wichtigen verarbeitenden Industrien wettbewerbsfähiger, ziehen Auslandskapital an und geben Unternehmen Anlass, ihre Outsourcing-Pläne zu überdenken.

  3. Das Pfund, der Yen und der Euro dürften auf mittlere Sicht mit ernsten Problemen zu kämpfen haben. Zudem ist der Schweizer Franken "nolens volens" an die europäische Währung gebunden. Es gibt daher keine wirkliche Alternative zum US-Dollar als Weltreservewährung, zumindest im Bereich der Papierwährungen.
Finanzmärkte halten politischen Schocks stand

Die Finanzmärkte zeigten sich von dem uneindeutigen Ausgang der italienischen Parlamentswahlen, dem Beginn der automatischen Ausgabenkürzungen in den USA und der Unsicherheit im Vorfeld des Rettungspakets für Zypern unbeeindruckt.

Die Robustheit derMärkte wurde allgemein begrüßt, hatte in unserem Fall allerdings einen ärgerlichen Nebeneffekt: Der Put-Optionsschein, den wir im Januar auf den S&P 500 gekauft hatten, um die Portfolios vor einer möglichen Abwärtsbewegung abzuschirmen, verfiel wertlos.

Auch wenn es nie Spaß macht, für eine Absicherung gegen Risiken zu bezahlen, die am Ende nicht eintreten, bildet der Einsatz von Absicherungen einen wesentlichen Bestandteil unserer Portfoliokonstruktion.

Neben der Liquiditätsschwemme durch die Notenbanken ist die Widerstandsfähigkeit der US-Wirtschaft der wichtigste Unterstützungsfaktor für die globalen Aktienmärkte. Tatsächlich lagen die jüngsten Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsindikatoren deutlich über unseren Erwartungen – und denen des Marktes.

Die US-Notenbank Fed hat zweifelsohne Erfolg bei der Reflationierung von Vermögenswerten (in Form steigender Preise für Wertpapiere und
Eigenheime) und bei der Stärkung des Verbrauchervertrauens. Sofern es nicht zu einem konjunkturellen Abschwung kommt, erscheinen die Unternehmensgewinne gut untermauert.

Unsere Portfolios sind hinsichtlich Risikoaktiva weitgehend neutral ausgerichtet. Sie weisen eine Übergewichtung von Staatsanleihen aus Schwellenmärkten und hochverzinslichen Unternehmensanleihen auf, während sie bei Staatstiteln sogenannter sicherer Häfen weiterhin untergewichtet sind.

Obwohl sämtliche Anlageklassen im Vergleich zu Staatsanleihen günstig erscheinen, sind die Bewertungen in absoluter Hinsicht nicht besonders attraktiv. Daher haltenwir einen signifikanten Barmittelanteil und konzentrieren uns auf spezielle Themen innerhalb des Aktienportfolios, wie etwa US-Banken und "Smart Resources" – spezialisierte Zulieferer der Öl- und Gasindustrie sowie des Landwirtschaftssektors.

Nützliche Lehren aus der Zypern-Rettung

Trotz der Flatterhaftigkeit, die den Entscheidungsprozess in der Eurozone prägt, scheint das erarbeitete Rettungspaket als Grundlage einer geordneten Lösung der ausstehenden Probleme geeignet. Garantierte Bankeinlagen (bis zu 100.000 Euro) bleiben unberührt und insolvente Banken werden abgewickelt.

Die Steuerzahler leisten keinen Beitrag, der staatliche Rentenfonds ist gesichert und die Europäische Zentralbank wird den rekapitalisierten Banken, welche die Basel-Solvabilitätsregeln erfüllen, weiterhin Liquidität zur Verfügung stellen.

Bürger und Anleger müssen einsehen, dass es keine Garantie für Einlagen jenseits des gesicherten Betrags gibt und Einleger mit mehr als 100.000 Euro auf ihren Bankkonten keinen Vorzugsstatus gegenüber vorrangigen Gläubigern genießen – das heißt für sie gelten die gleichen Bedingungen (pari passu).

Sollte der Fall Zypern die Anleger zu einer sorgfältigeren Auswahl ihrer Bankverbindung veranlassen, wäre dies zu begrüßen. Das wahre Problem bei den Rettungsprogrammen ist das Unvermögen der "Troika", Ausmaß und Länge der Rezession vorauszusagen, die auf die Umsetzung strikter Sparhaushalte folgt – dies galt übrigens schon bei den Hilfsaktionen für Griechenland, Irland und Portugal.

Ohne Wachstumsbelebung ist die Schuldenproblematik in der Eurozone nicht lösbar. Vor diesem Hintergrund bleibt Zypern ein Nebenschauplatz, wenn auch die Lehren nützlich sind.

Während wir auf mittlere Sicht weiterhin optimistisch sind und von einer Outperformance von Aktien gegenüber Unternehmensanleihen ausgehen, bleiben wir mit Blick auf die Einstiegspunkte diszipliniert und halten kurzfristig an unserem opportunistischen Ansatz fest.

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