LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Aktualisiert am 11.01.2008 - 17:45 UhrLesedauer: 5 Minuten

Die Wüstenschiffe

Vorsichtig starten Investmentgesellschaften Expeditionen zu den letzten weißen Flecken auf der Börsen-Landkarte. Die Reisen nach Afrika und in den Nahen Osten sind erfolgreich.

Aktien aus Brasilien, Russland, Indien und China sind fast langweilig. In den Depots deutscher Anleger ist das Länder-Quartett spätestens seit Einführung der Bric- Fonds etabliert. Die nach den Anfangsbuchstaben der vier Länder benannten Aktienfonds erfüllen seit Anfang 2005 ihren Zweck: Für Fondsgesellschaften sind sie Verkaufsschlager und für Investoren extrem lohnende Anlagen.
Gerade diese Entwicklung dürfte jedoch für den anhaltenden Heißhunger deutscher Anleger auf exotischere Kost verantwortlich sein. Bereitwillig machen sich Fonds- und Zertifikategesellschaften in immer abgelegenere Regionen auf – und die Anleger folgen ihnen. Nun hat die Karawane auch die letzten weißen Flecken auf der Börsen-Landkarte entdeckt: die Länder Afrikas und den Nahen Osten. Wahlweise gibt es die beiden ungleichen Regionen einzeln oder aber als Komposition; wiederum mit einem griffigen Kürzel: Emea steht für Emerging Europe, Middle East und Africa. Bindeglied zwischen den unentdeckten Staaten Arabiens und Afrikas sind also die Schwellenländer im Süden und Osten Europas. In den jeweiligen Fonds ist diese Region besonders stark durch russische Unternehmen vertreten. Zumindest am R aus Bric kommen also Regionen finden sich die letzten unentdeckten Märkte der Welt“, schwärmt der gebürtige Südafrikaner Nick Price, Manager des Emea-Fonds von Fidelity. Das ist sicher richtig, nur sind Unternehmen wirklich exotischer Märkte kaum in den Emea-Fonds vertreten. Auch nicht bei Price. Knapp 72 Prozent investiert der Fidelity- Manager aktuell in Russland und Südafrika. Ähnlich verhält es sich mit den drei weiteren Emea-Fonds. Der Fonds von Morgan Stanley ist zu 50 Prozent rein russisch, es folgen Polen und die Türkei mit 14 beziehungsweise 13 Prozent; 77 Prozent sind investiert, und Europa wird nur mit einem Fuß verlassen.

Riesenportion Russland

Ihre geografischen Schwerpunkte sind die großen Schwachstellen der in der Regel noch sehr jungen Fonds. Anleger, die bereits einen Osteuropafonds im Portfolio haben, bekommen durch einen Emea-Fonds zu wenig Neues und viel zu viel Altes. Im Portfolio erhöht sich der Russland-, Tschechien und Polen-Anteil übermäßig und mit ihm das Risiko. Auch Südafrika ist inzwischen ein etablierter Markt und führt in globalen Schwellenländerfonds längst kein Nischendasein mehr; Gleiches gilt für die Türkei. Leider liefert der Nahe Osten vielfach nicht mehr als sein Kürzel zur Namesfindung der Emea-Fonds; die Anteile der Unternehmen aus der Goldregion machen nur zwischen 5,1 bis 14,7 Prozent aus.

Märkte aus 1001 Nacht

Das ernüchternde Zwischenfazit: Die Schnittmengen der Emea-Fonds mit Osteuropa- Fonds, globalen Schwellenländer- und Bric-Fonds ist hoch. Eine exotische Nischenfunktion können die Fonds nicht besetzen. Wer eine Konzentration auf Osteuropa und Südafrika mit einem Hauch arabischer Exotik sucht, ist mit Emea-Fonds sicher gut beraten. Zumal besonders der Morgan- Stanley-Fonds bislang mit einer brillanten Wertentwicklung glänzte. Wer jedoch seinen Schwellenländeranteil im Depot durch wirkliche Exoten aus Afrika und dem Nahen Osten ergänzen möchte, könnte mit den reinrassigen Destillaten der jeweiligen Region besser aufgehoben sein.
Doch auch in dieser Kategorie gibt es statt Märchen aus 1001 Nacht vielfach altbekannten Geschichten. Sogar die Sparkassen- Tochter Deka bietet ihren Kunden seit fast einem Jahr eine Expedition in den Nahen Osten an. „Die arabischen Länder haben in den vergangenen Jahren hohe Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Gas erzielt“, erläutert Alexander Mozer, Manager des Deka Middle East, und ergänzt: „Nun investieren sie verstärkt in die Infrastruktur.“ Davon profitieren auch die Nachbarn der Öl produzierenden Länder – zum Beispiel Ägypten, einer der größten Zementproduzenten der Region. Doch auch beim Deka Middle East sind rund 34 Prozent des Vermögens in der Türkei investiert. Mozer: „Wir investieren in Unternehmen, die ihren Sitz in Ländern des Nahen Ostens haben. Darüber hinaus kaufen wir Aktien von Unternehmen aus Mittelmeeranrainern und aus Industrieländern, wenn diese einen großen Teil der Erlöse im Nahen Osten erzielen.“
Trefflich verdienen ließ sich mit dem Deka-Fonds dank der Türkei-Rally – plus 50 Prozent seit Jahresanfang – auch jenseits des Orients. Auch der mit einem Volumen von fast 400 Millionen Dollar größte und älteste Nahost-Fonds, der JPMF Middle East aus dem Hause JP Morgan, setzt den Schwer- punkt bei der Länderallokation auf die Türkei (33 Prozent). Ägypten und Israel folgen mit jeweils knapp über 20 Prozent fast gleichauf. Auch in Marokko und Tunesien darf das Management investieren.
Reine Afrika-Produkte nehmen es mit der Produktklarheit sehr viel genauer, und mitunter kann die Wahl dabei sogar auf einen ehemaligen Emea-Fonds fallen. Im Januar 2006 legte die Fondsgesellschaft Charlemagne den Magna Emea Fonds auf. Im März dieses Jahres änderten die britischen Schwellenländer-Experten Namen und Ansatz des Fonds. Heute investiert Manager Gabor Sitanyi mit dem Magna Africa nur in afrikanische Unternehmen; gestreut über den gesamten Kontinent. Mit Erfolg: Den Vergleichsindex MSCI Afrika, der sich lediglich aus Unternehmen aus Ägypten, Marokko und Südafrika zusammensetzt, konnte Sitanyi im laufenden Jahr um 13 Prozentpunkte übertreffen.

Wie Osteuropa in den 90er Jahren

Unternehmen aus afrikanischen Nebenschauplätzen, etwa Sambia, die nur über die Londoner Börse zu bekommen sind, aber auch Banken- und Konsumwerte aus Nigeria, Ghana und Botswana waren für den Mehr ertrag verantwortlich. „Die meisten afrikanischen Volkswirtschaften sind heute dort, wo Osteuropa Anfang der 90er Jahre stand“, sagt Sitanyi. Langsam bilde sich länderübergreifend eine Mittelschicht, die ein eigenes Haus baue und den Konsum für sich entdecke. „Der afrikanische Markt wird in den kommenden Jahren noch wesentlich populärer werden als heute“, prophezeit Fondsmanager Sitanyi.
Als Zertifikat erhältlich ist das Emerging- Africa-Papier von DWS Go. Bis zum 5. November war das Zertifikat noch in der Zeichnung. Seither können es Anleger über die Börsen Stuttgart und Frankfurt kaufen. DWS-Manager Jens Schleuniger bestückt das Portfolio mit Titeln aus acht afrikanischen Ländern und lässt dabei Südafrika bewusst außen vor. Stattdessen setzt er zu - nächst auf Aktien aus Ägypten, Marokko, Nigeria und Tunesien. Ab 2008 sollen Titel aus Ghana, Kenia, Sambia und dem Senegal dazukommen. Ein einzelnes Wertpapier darf im DWS-Go-Zertifikat mit maximal 10 Prozent gewichtet werden, rund 40 sollen insgesamt ins Portfolio.
Fazit: Die Märkte Afrikas sind die Märkte von übermorgen. Der „Kontinent der Schätze“ hat für Spekulanten und langfristig orientierte Anleger gleichermaßen viel zu bieten.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen