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„Die Zypernkrise ist nur ein Grundrauschen im aktuellen Aktienaufschwung“

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Steueroase mitten in der Eurozone

Drittens: Zypern wird von seinen Partnern, anders als Griechenland, nicht vor allem wegen schlechter Haushaltsführung und/oder Wirtschaftspolitik kritisiert. Der Hauptgrund des Ärgers liegt in seinem Geschäftsmodell, mit dem es sich auf Kosten anderer bereichert. Es toleriert beispielsweise Geldwäsche. Es zahlt höhere Zinsen als andere. Es lockt Investoren mit niedrigeren Einkommensteuersätzen (Null Steuer auf Kapitalerträge). Es wirbt um Unternehmen mit geringeren Körperschaftsteuersätzen.

Nikosia ist nicht bekannt als besonders gutes und innovatives Finanzzentrum. Es ist vielmehr eine Steueroase vergleichbar mit den mittelamerikanischen Staaten. Die Zyprioten sollten sich nicht wundern, dass die anderen Euroländer auf die Abschaffung dieser Privilegien drängen, die zu ihren Lasten gehen. Das war überfällig, auch ohne Euro.  

Viertens: Natürlich wird Zypern jetzt auch eine schwierige Zeit der Veränderung durchstehen müssen. Es wird durch die Krise aber bei Weitem nicht so stark betroffen wie die anderen südeuropäischen Staaten. Das Parlament hat den ersten Entwurf des Rettungsplans nicht abgelehnt, weil es glaubte, damit die Bevölkerung zu überfordern. Es war für die Abgeordneten vielmehr, wie es hieß, eine „Frage der Ehre“. Verletzter Stolz spielt bei den Politikern der Insel eine größere Rolle als wirtschaftliche Not und Armut.

Wirtschaftlich gesehen hat Zypern eine gut ausgebildete Englisch sprechende Bevölkerung. Es ist – neben dem Tourismus – gut in Schifffahrts- und industrienahen Dienstleistungen (Anwälte, Wirtschaftsprüfer, Berater). Es hat Gasfelder vor der Küste, die – hoffentlich – einmal ausgebeutet werden können.  

Fünftens: Aus allen diesen Gründen haben die internationalen Finanzmärkte auch relativ gelassen auf die Krise reagiert. Der Euro hat auf den Devisenmärkten gegenüber dem Dollar gerade mal von 1,30 auf 1,29 Dollar nachgegeben. Die Aktien-Rally auf den Märkten wurde nicht gestoppt. Sie verlief nur etwas gemäßigter und mit größeren Schwankungen.

Als der große Anleiheninvestor Pimco dieser Tage bekannt gab, dass er sich wegen der Krise aus europäischen Investments zurückziehen wollte, meinte er damit wohl eher eine Realisierung aufgelaufener Gewinne als eine grundsätzliche Abkehr von europäischen Investments.   

Für den Anleger

Die Zypernkrise ist nichts, was Sie zu einer grundlegenden Neuorientierung bewegen sollte. Sie gehört eher zum allgemeinen Grundrauschen hinter dem Aktienaufschwung. Als sich die Finanzminister am vergangenen Wochenende auf ein Abkommen mit den Zyprioten einigten, stiegen die Kurse etwas an.

Ich rechne aber damit, dass das nur vorübergehend sein wird. Wenn sich die Parteien jetzt in die Detailverhandlungen über das „Memorandum of Understanding“ begeben, könnten ungelöste Streitpunkte auftauchen, die die Märkte wieder zurückwerfen.  

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