Er hat es tatsächlich getan – so reagierten vermutlich die meisten Menschen, als Trump Anfang April seine Zollpläne verkündete. Nur um anschließend zumindest teilweise wieder zurückzurudern. Und wieder neue Zölle anzukündigen. Und wieder zurückzurudern.

Solange Donald Trump im Weißen Haus sitzt, wird das Damoklesschwert der Zölle über allen Ländern weltweit hängen. Mit seiner Ankündigung hat der „Deal-Maker“ dabei nonchalant das gesamte Weltgefüge ins Wanken gebracht – schien der fast freie Handel doch gesetzt und Goldstandard zu sein.

So verlor der S&P 500 nach Ankündigung der massiven Strafzölle am sogenannten „Liberation Day“ allein an zwei aufeinanderfolgenden Tagen etwa 5 Billionen US-Dollar. Dieser Einbruch war damit noch größer als der während der Coronapandemie im März 2020, als er 3,3 Billionen US-Dollar innerhalb von zwei Tagen verlor. Nur um kurz nach Verkündung der Zollpause seinen besten Tag seit 2008 zu erzielen.

Freihandel vs. Protektionismus

Zölle gehören zu den ältesten wirtschaftspolitischen Instrumenten der Geschichte – bereits antike Zivilisationen nutzten sie, um Handelsströme zu lenken und staatliche Kassen zu füllen. Die moderne Wirtschaftswissenschaft erkannte jedoch, dass der Abbau von Zollschranken und die Etablierung von Freihandel den Wohlstand aller beteiligten Nationen steigert – trotz gewisser Schattenseiten dieser Öffnung.

Ohne Zölle können Unternehmen ihre Waren einfacher und billiger in andere Länder verkaufen. So profitieren die Wirtschaften aller beteiligten Länder und wachsen, Produkte können günstiger angeboten werden. Ein zentraler Grundgedanke des Freihandels liegt zudem in der Spezialisierung: Jedes Land kann sich auf die Herstellung jener Güter und Dienstleistungen konzentrieren, bei denen es komparative Vorteile besitzt.

 

Was auf der anderen Seite den Nachteil einer großen wechselseitigen Abhängigkeit mit sich bringt, wenn die Produktion von Waren und Dienstleistungen stark globalisiert ist. Im Falle von Lieferschwierigkeiten – oder eben plötzlichen Zöllen – knirscht es dann erheblich im sonst gut geschmierten Getriebe der Weltwirtschaft.

„Die Zollerhöhungen gefährden globale Lieferketten und werden die Inflation in den USA steigen lassen. Beide Faktoren zusammen verdunkeln die Wachstumsaussichten. Bisher hat sich jedoch kein US-Präsident langfristig gegen die amerikanischen Verbraucher und Arbeitnehmer gestellt“, erklärt Jan Viebig, Investmentchef von Oddo BHF die Entwicklungen.

Betroffene deutsche Branchen

Doch welche Industrien in Deutschland wären besonders stark von den extremen Zöllen betroffen? Die damals angekündigten Zölle von 20 Prozent für Waren aus der Europäischen Union, 25 Prozent auf Autos sowie 25 Prozent auf Autoteile legen bereits nahe, welche Branchen besonders stark exportieren.

Die DZ Bank ist dem Ganzen aber noch etwas genauer nachgegangen und hat eine Analyse durchgeführt, welche Branchen der „Zollhammer“ besonders schmerzen würde. Denn die Vereinigten Staaten sind mit großem Abstand das wichtigste Exportland für deutsche Ausfuhren. Deutsche Unternehmen exportierten 2024 Waren im Wert von mehr als 160 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten – das entspricht 10,4 Prozent. Damit liegen die USA deutlich vor Frankreich, den Niederlanden, Polen oder China (siehe Tabelle unten).

Und auf diese Exporte bezogen sind die Automobilbranche, der Maschinenbau und die Pharmaindustrie besonders aktiv: Auf sie entfallen laut Untersuchung der DZ Bank weit mehr als die Hälfte der gesamten deutschen Exporte in die USA.

Die wichtigsten Handelspartner Deutschlands 2024 

Rang Land Exportanteil (in Prozent)
1 Vereinigte Staaten 10,4
2 Frankreich 7,5
3 Niederlande 7,1
4 Polen 6
5 China 5,8
6 Italien 5,2
7 Vereinigtes Königreich 5,2
8 Österreich 5
9 Schweiz 4,4
10 Belgien 3,8
11 Spanien 3,5
12 Tschechien 3,3

Quellen: Destatis, DZ Bank (Stand: 17. April 2025) 

Pharma am stärksten abhängig

Der Umsatzanteil fällt dabei recht unterschiedlich aus: Autobranche und Maschinenbau sind vermutlich weniger überraschend – haben diese doch fast 20 Prozent beziehungsweise mehr als 10 Prozent Umsatzanteil an der deutschen Industrie und sind damit die beiden größten Industriebranchen. Die Pharmabranche hingegen ist deutlich kleiner: Ihr Umsatz macht gerade einmal 5 Prozent des Umsatzes der deutschen Industrie aus.

Aber diese haben es in sich – denn die Pharmabranche ist deutlich stärker vom US-Markt abhängig. Um dies besser beurteilen zu können, hilft ein Blick auf den Anteil des im Ausland erzielten Umsatzes dieser Branche sowie den Anteil der Güter, der in die USA geliefert wird, gemessen am Gesamtexport dieser Branche. Sektoren mit einer vergleichsweise hohen Auslandsumsatzquote und einem überdurchschnittlich hohen Anteil an US-Exporten sind logischerweise auch besonders stark von der US-amerikanischen Nachfrage abhängig.

Und auch bei dieser Betrachtung liegt ganz vorne: die deutsche Pharmabranche. Denn die deutschen Unternehmen aus diesem Bereich exportieren mehr als 24 Prozent ihrer gesamten Ausfuhren in die Vereinigten Staaten (siehe Grafik unten).

 

Überraschender Zollverlierer

Aber neben diesen dreien (Pharma, Automotive und Maschinenbau) wären auch noch zwei weitere kleine Sektoren von den US-Zöllen besonders stark betroffen: der sonstige Fahrzeugbau und die Herstellung sonstiger Waren. Unter sonstigen Fahrzeugbau fallen laut DZ Bank sehr große Fahrzeuge wie Züge, Schiffe und Flugzeuge. Hier machen oftmals nur wenige Großaufträge einen beträchtlichen Teil des Umsatzes aus.

Allerdings: Bei dieser Branche dauert auch die Zeit zwischen Auftragserstellung und Auslieferung eines Produktes besonders lange. Die „sonstigen Waren“ umfassen dagegen höchst unterschiedliche Güter: Schmuck, Musikinstrumente, Sportgeräte, Spielwaren oder medizinische und medizintechnische Apparate und Materialien.

Innerhalb dieser Branchen gibt es einige Sektoren, die besonders stark von Zöllen betroffen wären: So werden 38,5 Prozent der in Deutschland produzierten Schiffe in die USA exportiert – ohne Boote und Yachten wohlgemerkt. Bei den Flugzeugen sind es immer noch 19,4 Prozent. Gefolgt von medizinischen Apparaten und Materialien mit 15,5 Prozent.

Das verdeutlicht laut DZ Bank sehr gut, dass auch kleinere Branchen stark von den Vereinigten Staaten abhängig sein können, weil sie im Verhältnis überdurchschnittlich viel dorthin liefern – und nicht nur die großen Player, die man erwartet. Zumindest so lange, bis mögliche andere Exportländer gefunden werden.

Quellen: Destatis, DZ Bank