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Von in Nachhaltigkeit, ESG & SRILesedauer: 6 Minuten
Öl-Förderung in China
Viele Ölkonzerne expandieren kräftig - dürfen solche Unternehmen Teil eines ESG-Portfolios sein? | Foto: Imago Images / Xinhua

Was gehört ins Portfolio eines nachhaltigen Fonds – und was nicht? Für den Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit benötigen Unternehmen viel Geld. Großinvestoren spielen dabei eine wichtige Rolle und könnten etwa durch Abstimmungen auf Hauptversammlungen Änderungen vorantreiben – so begründen viele Asset Manager, dass in ihren ESG-Strategien Aktien von Unternehmen zu finden sind, die als wenig grün gelten. Nichtsdestotrotz dürfte es für einige Anleger eine Überraschung sein, dass Fonds, die mit Begriffen wie „Environment“, „Sustainability“ oder „Impact“ werben, viel Geld in konventionelle Energiekonzerne stecken.

 

Die Umweltorganisation Urgewald und der Verein Facing Finance haben in einer groß angelegten Untersuchung die Depots von mehr als 14.000 in europäischen Ländern gehandelten Fonds analysiert, die nach der EU-Offenlegungsverordnung als Artikel-8- oder Artikel-9-Produkt eingestuft sind. Das Ergebnis: Mit knapp 4.800 Fonds sei mehr als ein Drittel in Unternehmen investiert, „die fossile Expansionsprojekte vorantreiben oder aber keinen glaubhaften und Paris-konformen Ausstiegsplan aus Kohle vorgelegt haben“.

Kritik: ESG-Fonds haben 123 Milliarden Euro in Öl-, Gas- und Kohle-Aktien investiert

Insgesamt belaufen sich die Investitionen demnach auf 123 Milliarden Euro – 23,5 Milliarden davon entfallen auf die sechs größten Öl- und Gaskonzerne Total Energies, Shell, Exxon Mobil, Chevron, Eni und BP. Jedes dieser Unternehmen habe Expansionspläne, die mit dem 1,5-Grad-Limit unvereinbar seien und die Klimaüberhitzung weiter verschärfen werden, so die Kritik der Organisationen. „Dass mehr als jeder dritte Fonds, der ökologische oder soziale Merkmale bewirbt, dennoch in expandierende fossile Konzerne investiert, führt klimabewusste Anleger in die Irre“, sagt Julia Dubslaff, Finanz-Analystin bei Urgewald. Die Politik müsse solche Investitionen in allen ESG-Fonds durch klare Regeln unterbinden, so die Forderung.

 

Die neuen Regeln zur Benennung von ESG-Fonds der europäischen Wertpapier-Aufsichtsbehörde Esma werten die Umweltorganisationen als „ein erster Schritt in die richtige Richtung“. Fondsgesellschaften, die im Namen ihrer Artikel-8- und Artikel-9-Fonds Nachhaltigkeitsbegriffe verwenden, haben noch bis Ende Mai Zeit, ihr Portfolio anzupassen oder ihre Fonds umzubenennen. Dabei gilt ein Schwellenwert: Mindestens 80 Prozent der Investitionen müssen die nötigen Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllen. Die Ratingagentur Morningstar schätzt, dass Anbieter bei 30 bis 50 Prozent aller in der EU zugelassenen ESG-Fonds die Namen ändern müssen.

Neue Esma-Regeln: Blackrock, Amundi und UBS müssen besonders viele Fonds anpassen

Urgewald und Facing Finance kommen in ihrer Untersuchung zu einem anderen Ergebnis: Demnach seien zwei Drittel der 14.300 in die Analyse eingeflossenen Fonds nicht betroffen, „da in ihren Namen keine ESG- oder nachhaltigkeitsbezogenen Begriffe verwendet werden“. Die von der Neuregelung erfassten grünen Produkte, deren Namen Begriffe aus den Kategorien „Environment“, „Sustainable“ oder „Impact“ enthalten, haben laut der Finanzrecherche etwa 38 Milliarden Euro in fossile Unternehmen mit Expansionsplänen investiert.

 

Aufgeteilt nach Anbietern betrifft die Esma-Richtlinie besonders viele Produkte von Blackrock, Crédit Agricole und Amundi sowie UBS. Unter den deutschen Fondsgesellschaften führt die DWS mit fossilen Investitionen von 1,6 Milliarden Euro in 101 Fonds das Negativranking an, gefolgt von Union Investment und Deka (je 32 Fonds) und Allianz (30 Fonds).

Bei den aktiven Fonds deutscher Anbieter mit den anteilig größten fossilen Investitionen, die von den neuen Esma-Leitlinien betroffen sind, belegt Union Investment die ersten beiden Plätze:

  1. Uni Nachhaltig Aktien Infrastruktur: fossiler Investitionsanteil von 19,81 Prozent
  2. Uni Institutional Aktien Infrastruktur Nachhaltig: 19,46 Prozent
  3. DWS Invest ESG Next Generation Infrastructure: 16,76 Prozent
  4. Investitori Flexible Equity ESG: 14,54 Prozent
  5. Uni Nachhaltig Aktien Dividende: 13,66 Prozent
  6. Deka-Umwelt Invest: 10,91 Prozent
  7. Uni Institutional Dividend Sustainable: 10,88 Prozent
  8. Deka Nachhaltigkeit Select Aktien Rhein Edition: 10,39 Prozent
  9. Metzler Euro Corporates Sustainability: 10,23 Prozent
  10. Deka-Nachhaltigkeit Aktien Deutschland: 9,47 Prozent

Im Gesamtmarkt der Artikel-8- und Artikel-9-Fonds, also inklusive der Strategien ohne Nachhaltigkeitsbegriffe im Namen, entfallen die höchsten Investitionen in Öl, Gas und Kohle auf J.P. Morgan Chase (10,2 Milliarden Euro). Dahinter folgen die DWS mit 8,7 Milliarden Euro und Blackrock mit 8,3 Milliarden Euro.

Urgewald: „Fondsanbieter sollten Chance nutzen und ihre Investitionspolitik anpassen“

„Die betroffenen Fondsanbieter sollten die Chance nutzen und ihre Investitionspolitik anpassen“, fordert Urgewald-Analystin Julia Dubslaff. So könnten die Asset Manager ihre Reputation steigern und Kunden beweisen, dass sie es ernst meinen mit ihren klimabewussten Fondsprodukten. „Den expandierenden fossilen Unternehmen können sie dadurch ein wichtiges Signal senden: Wer seine Geschäfte nicht klimagerecht ausrichtet, fliegt raus“, so Dubslaff weiter.

Die Umweltorganisation sieht zudem die EU in der Pflicht: „Für alle ‚grünen‘ Geldanlagen müssen strenge fossile Ausschlüsse gelten“, sagt Fiona Hauke von Urgewald. So sollte es selbstverständlich sein, dass Unternehmen mit fossilen Expansionsprojekten und solche, die keine ernstzunehmenden Ausstiegspläne für ihre Kohlegeschäfte haben, nichts in ‚Transition‘-Fonds zu suchen haben. „In Zeiten, in denen US-Präsident Trump Nachhaltigkeit zum Feindbild macht, sollte die EU Haltung beweisen und diesen Zukunftssektor stärken“, so Hauke weiter.

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