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Weder Leistung noch Prämienrückzahlung Alles zur Anzeigepflichtverletzung beim BU-Antrag

Paar füllt einen Fragebogen aus
Paar füllt einen Fragebogen aus: Falsche Antworten auf Gesundheitsfragen beim BU-Versicherungsantrag können für Versicherte schlimme Folgen haben. | Foto: Pexels

Der Versicherungsnehmer ist im Vorfeld des Vertragsschlusses einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU-Versicherung) verpflichtet, die vom Versicherer gestellten Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Tut er dies mindestens grob fahrlässig nicht, kann gemäß Paragraph 19 Absatz 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ein Recht zum Rücktritt vom Vertrag seitens des Versicherers bestehen. Dieses Recht besteht jedoch nur dann, wenn der Vertrag bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände nicht geschlossen worden wäre.

Es muss also nicht nur mindestens grob fahrlässig eine Anzeigepflichtverletzung durch den Versicherten begangen worden sein, diese muss für den Vertragsschluss zudem kausal geworden sein.

Rücktrittsrecht bis zu zehn Jahren

Bei Umständen, die trotzdem zu einem Vertragsschluss geführt hätten, kommt zunächst eine Vertragsanpassung in Frage. Betrifft die Anzeigepflichtverletzung Umstände, die einen Vertrag nicht hätten zustandekommen lassen oder die mindestens grob fahrlässig verschwiegen wurden, besteht ein sofortiges Rücktrittsrecht. Das Rücktrittsrecht erlischt gemäß Paragraph 21 Absatz 3 VVG fünf Jahre nach Vertragsschluss. Wurde die Anzeigepflicht vorsätzlich verletzt, erlischt das Rücktrittsrecht erst nach zehn Jahren.

Vor Vertragsschluss stellt der Versicherer im Versicherungsantrag eine Vielzahl an Gesundheitsfragen. Dieses dient der Risikoeinschätzung und der Prämienberechnung. Werden diese Fragen unvollständig oder falsch beantwortet, kann die Anzeigepflicht verletzt sein. Die Anzeigepflicht erstreckt sich grundsätzlich auf alle ausdrücklich gestellten Fragen im Gesundheitsfragebogen.

In engen Ausnahmefällen kann den Versicherungsnehmer jedoch eine sogenannte „spontane Anzeigeobliegenheit“ über Informationen treffen, nach denen der Versicherer nicht ausdrücklich gefragt hat. Dies gilt aber nur bei Informationen, die für jeden erkennbar das Aufklärungsinteresse des Versicherers in elementarer Weise betreffen und es deshalb für den Versicherten auf der Hand liegt, dass es sich um eine bedeutende Information handelt (BGH, Urteil v. 19.05.2011 – Az. IV ZR 154/10).

Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit

Um ein Rücktrittsrecht begründen zu können, muss der Versicherungsnehmer die anzeigepflichtigen Umstände entweder vorsätzlich oder grob fahrlässig verschwiegen oder falsch angegeben haben. Vorsätzlich handelt dabei, wer um den rechtswidrigen Erfolg weiß, und ihn will. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzt (BGH, Urteil v. 10.05.2011 – Az. VI ZR 196/10).

Maßgeblich ist dabei, dass sich der Verschuldensvorwurf nicht auf die Kenntnis/ Unkenntnis der Krankheit bezieht, sondern auf das Verschweigen der Antwort der jeweils konkret gestellten Frage Enthält der Gesundheitsfragebogen im Vorfeld des Versicherungsvertrages mehrdeutige oder unpräzise Fragen, die der Versicherungsnehmer anders als der Versicherer versteht, scheidet eine grobe Fahrlässigkeit hingegen in der Regel aus (OLG Dresden v. 06.12.2022 – 4 U 1215/22).

 

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Beweislast

Hinsichtlich der Beweislast ist es grundsätzlich so, dass jede Partei die für sie günstigen Umstände darlegen und beweisen muss. Der Versicherer muss demnach die Anzeigepflichtverletzung beweisen. Dazu gehört auch der Beweis darüber, dass der Versicherungsnehmer überhaupt Kenntnis von dem gefahrerheblichen Umstand hatte.

Der Versicherte hingegen muss beweisen, dass die gesetzlich vermutete grobe Fahrlässigkeit nicht vorliegt. Er hat alle den Rücktritt hindernden Umstände zu beweisen (OLG Karlsruhe, Urteil v. 29.11.2016 – Az. 12 U 94/16).

Weiterhin kann der Versicherungsnehmer die Leistungsfreiheit der Versicherung durch den Kausalitätsgegenbeweis gemäß Paragraph 21 Absatz 2 S. 1 VVG verhindern. Dazu muss der Versicherte darlegen und beweisen, dass der maßgebliche Umstand weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht kausal geworden ist.

Folgen für Versicherungsnehmer

Ist der Versicherer wirksam vom Versicherungsvertrag zurückgetreten, wandelt sich das Vertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Die Parteien haben grundsätzlich die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und das ursprüngliche Vertragsverhältnis besteht nicht weiter fort.

Da der Versicherer aber die gesamte Vertragslaufzeit über das Leistungsrisiko getragen hat und eine Rückgewähr dessen nicht möglich ist, kann der Versicherte nach Paragraph 21 Absatz 2 VVG nur die Prämien zurückverlangen, die nach Wirksamwerden der Rücktrittserklärung geleistet wurden. Ein Anspruch auf Rückzahlung der bis dahin geleisteten Beiträge besteht also nicht.

Über die Autoren:

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Rechtsanwalt Bernhard Gramlich ist seit 2019 angestellter Anwalt der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2020 Fachanwalt für Versicherungsrecht. 

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