Trends der Fondsbranche „Digitale Stärke im Vertrieb“
Digitale Disruption in der Fondsbranche
DAS INVESTMENT: Bitte nennen Sie 2-3 Trends im Fondsvertrieb 2021.
Karolyn Krekic und Matthias Mohr: Ein wesentlicher Trend ist der Wandel hin zu einer digitalen Zusammenarbeit mit unseren Kunden und der daraus resultierenden Art und Weise, wie wir mit ihnen kommunizieren. Dieser Trend wird sich voraussichtlich auch im Jahr 2021 fortsetzen. Wir haben erhebliche Investitionen in Technologien getätigt. Diese ermöglichen es unseren Mitarbeiten mit Kunden, Unternehmen, Kollegen und Märkten im engen Austausch zu bleiben, während sie remote von Zuhause aus arbeiten. Das Ergebnis war überraschend positiv: Im Vergleich zu 2019 haben wir mehr Kundeninteraktionen gesehen und konnten mehr geschäftsorientierte Gespräche führen.
Im kommenden Jahr wird ein weiterer zentraler Trend das Thema Nachhaltigkeit sein. Insbesondere die neuen regulatorischen Vorgaben, nach denen Endkunden zukünftig nachhaltige Produkte als Alternativen angeboten werden müssen, werden diese Entwicklung befördern. Seit langem sind wir davon überzeugt, dass die Einflüsse von Unternehmen auf ihre Community, ihre Kunden und weitere Stakeholder zentral ist, um die Geschäftsrisiken valide analysieren zu können. Wir sehen ESG daher nicht als ein definiertes Produkt, sondern als elementarer Bestandteil unseres Investmentprozesses. Als langfristiger, aktiver Investor versuchen wir Unternehmen im positiven Sinne zu beeinflussen. Allein im vergangenen Jahr haben wir daher in mehr als 14.000 persönlichen Treffen mit Unternehmen und ihren Stakeholdern diverse Herausforderungen angesprochen – ESG ist ein Teil davon. Mit der Einstellung von Jessica Ground als Global Head of ESG in diesem Jahr, haben wir unser Bestreben noch einmal untermauert und planen dies auch im kommenden Jahr fortzuführen.
Bitte nennen Sie 2-3 Anlagethemen Ihres Hauses, die 2021 besonders gefragt sein werden.
Krekic und Mohr: Ein wichtiges Anlagethema, das unserer Meinung nach 2021 gefragt sein wird, sind Unternehmen, die wir als „neue Defensive“ bezeichnen. Wir sind überzeugt, dass wir uns an einem besonderen Moment in der Geschichte befinden, den einige als vierte industrielle Revolution bezeichnen oder als digitale Disruption. Unternehmen nutzen das Internet oder neue Technologien und krempeln mit Hilfe dieser ihre Industrien von Grund auf um. Interessant ist hierbei, dass viele dieser Unternehmen nicht nur ein erstaunliches Wachstum bieten, sondern auch starke defensive Eigenschaften aufweisen.
Ein zweites bedeutsames Investmentthema ist das starke Wachstum von multinationalen Unternehmen. Wir sind davon überzeugt, dass diese aufgrund ihrer Flexibilität, Anpassungsfähig und Agilität gut positioniert sind, um erfolgreich durch ein zunehmend komplexes Umfeld zu manövrieren. Außerdem können unseres Erachtens nach durch Investitionen in solche Unternehmen starke und beständigere Erträge erzielt werden. Das liegt daran, dass sie sich in unterschiedlichen Umgebungen behaupten können. Folglich suchen wir weiterhin nach den multinationalen Unternehmen der Zukunft, um in diese zu investieren.
Welches sind Ihre Tier-1-Produkte für 2021 je für den Retail-, Wholesale-, und institutionellen Vertrieb?
Krekic und Mohr: Im Retail-Vertrieb zählen insbesondere unser New Perspective Fund (NPF) sowie unser Global Allocation Fund (GA) zu den Fokusprodukten. Mit dem NPF investieren wir in Aktien von jungen sowie etablierten multinationalen Unternehmen, die von Veränderungen der globalen Handelsbeziehungen profitieren. Kunden haben so die Möglichkeit, in die entscheidenden Geschäftsideen von morgen zu investieren. Bei dem Global Allocation Fund handelt es sich um eine global anlegende Multi-Asset-Strategie, die langfristig und in ausgewogener Weise drei Ziele zu erreichen strebt: langfristiges Kapitalwachstum, den Erhalt des angelegten Kapitals sowie laufende Erträge.
Im Wholesale-Bereich nehmen insbesondere unsere Rentenstrategien eine zentrale Rolle ein. Mit unseren Global Corporate Bond- und US Corporate Bond-Fonds bieten wir stabile Anleihenprodukte, die sich über Krisen hinweg bewährt haben und dem herausfordernden Marktumfeld Rechnung tragen sollen. Durch die Vergrößerung unseres Portfoliomanagement- und Analystenteams sowie dem Ausbau von Ressourcen und Infrastruktur wollen wir unseren Fixed-Income-Bereich in den nächsten Jahren zusätzlich signifikant ausbauen.
Zusätzlich haben wir kürzlich die Einführung der Capital Group EUR Portfolio Series feiern können. Dabei handelt es sich um eine Palette aus sechs Multi-Asset-Portfolios, die Investoren für verschiedene Lebensphasen relevante und leicht verständliche Anlagelösungen bieten sollen.
Auf welche Zielgruppe legen Sie im Vertrieb 2021 einen Schwerpunkt?
Krekic und Mohr: In der Vergangenheit konnten wir bereits strategische Partnerschaften mit Versicherungen schließen. Dieses Bestreben wollen wir auch im Jahr 2021 mit weiteren Kooperationen fortführen. Zusätzlich werden wir uns im Jahr 2021 auf die Zusammenarbeit mit Maklerpools fokussieren und mit den renommiertesten und größten in Deutschland kooperieren. Dadurch versprechen wir uns vermehrt mit freien Beratern oder Vermitteln in Kontakt zu kommen und mit diesen zusammenzuarbeiten.
Welcher Vertriebskanal leidet aufgrund von Corona?
Krekic und Mohr: Capital Group verfügt über fast 90 Jahre Erfahrung in der Bewältigung von globalen Krisen. Unsere Kunden verlassen sich auf uns und wir führen die wichtige Arbeit, die wir in ihrem Namen verantworten, beständig fort. In diesen herausfordernden Zeiten ist es wichtig, einen langfristigen Horizont und Blick zu bewahren, die Kunden bestmöglich zu unterstützen und in die eigenen Geschäftstätigkeiten zu investieren. Unsere Vertriebskanäle haben nicht unter der Corona-Pandemie gelitten. Stattdessen haben wir die Situation als Anlass genommen, mit unseren Kunden in noch engeren Kontakt zu treten und sie nach Kräften zu unterstützen.
Wie ändert die neue Realität mit weniger persönlichen Kontaktmöglichkeiten den Fondsvertrieb? Verlagert sich der Vertrieb eher in den Bereich Marketing?
Wie viel Digitalisierung verträgt der Fondsvertrieb? Welche Bedeutung haben zwischenmenschliche Beziehungen im Vertrieb noch?
Krekic und Mohr: Virtuelle Besprechungen haben erhebliche Vorteile und bringen einige weiterführende positive Folgen mit sich. So erhöht sich die Produktivität, es ergeben sich Kostenvorteile und in Verbindung mit weniger Flugreisen auch ein geringerer CO2-Fußabdruck sowie eine höhere Mitarbeiterproduktivität. Ein Beispiel: Durch reduzierte Reiseaktivitäten und Heimarbeit führte unser Investment-Team rund 25 Prozent mehr persönliche Gespräche mit Unternehmen als im Vorjahr. Im Rahmen unseres fundamentalen Researchs wurde es zudem leichter, Treffen mit leitenden Mitarbeitern oder dem Top-Management zu vereinbaren. Darüber hinaus ist es für den Vertrieb effizienter möglich, Kunden aus schwieriger zu erreichenden Regionen zu erreichen.
Persönliche Treffen sind trotzdem nach wie vor wichtig – insbesondere bei potenziellen Neukunden sowie zum Beziehungsaufbau. Unserer Meinung nach wird dieser Teil der Vertriebsaktivitäten wieder aufgenommen, sobald dies mit oder nach COVID-19 wieder möglich und sicher ist. Auch wenn persönlicher Kontakt derzeit schwieriger ist, möchten wir hervorheben, dass auch neue Kunden für virtuelle Treffen offen waren.
Neben liquiden Assets, welche Geschäfts- und Produktwelten im Alternative-Bereich werden Sie 2021 entwickeln?
Krekic und Mohr: Das Geschäft in Europa und im asiatisch-parifischen Raum auszubauen, ist eine Priorität unserer langfristigen Wachstumsstrategie. Des Weiteren werden wir weiterhin stark in unser Aktien- und Fixed-Income-Geschäft investieren. In diesem haben wir erfolgreich und kontinuierlich qualitativ hochwertige Resultate für unsere Kunden erzielt. Zudem werden wir die Kapazitäten zur Portfoliokonstruktion verstärken, um eine führende Rolle bei der Bereitstellung von zielgerichteten Anlagelösungen für unsere Kunden einzunehmen. Unsere Kunden honorieren, dass unsere Strategien klar strukturiert und leicht zu verstehen sind – ohne den Einsatz exotischer Derivatprodukte oder ähnlichem. Dies ist ein zentraler Grund, warum wir keine Strategien im Alternativbereich anbieten.
Wie weit wird Ihrer Meinung nach die Fondsindustrie bei der Konsolidierung im Jahr 2021 sein?
Krekic und Mohr: Wir gehen davon aus, dass sich die Branche in Zukunft konsolidieren wird. Es wird einige große Akteure mit hoher Reichweite geben, die die Gewinner von morgen sein werden. Gegenwärtig sind wir stolz darauf, belastbare und strategische Partnerschaften mit unseren Kunden zu haben und eng mit führenden Vertriebspartnern auf der ganzen Welt zusammenzuarbeiten – vom Chairman oder CEO bis tief hinein in die Organisationen über Handels-, Fondsauswahl- oder Beratungsteams sowie über das Senior Management, lokale und regionale CEOs sowie CIOs. Der Austausch von Informationen und Ideen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Philosophie. Zudem wollen wir mit den Firmen, die von einer weiteren Konsolidierung der Branche profitieren werden, tiefgehende und starke Partnerschaften etablieren.