Merger-Experte Kai Lucks
Digitale Ökonomie

Merger-Experte Kai Lucks
Der Begriff der Ökosysteme geht auf die Physik zurück, sprich: ein System von so unterschiedlichen Individuen, die so eng voneinander abhängen, so dass jede Nische genutzt und zugeführte Energie auf das Optimale verwendet wird. Ein ständiges Kommen und Vergehen. Fast nichts bleibt ungenutzt. Am Biosystem des Urwaldes ist es erkennbar: Jedwede verwesende Substanz wird sofort dem Lebenskreislauf ...
Das Thema Nachhaltigkeit bewegt Unternehmen, Kapitalmärkte, Gesetzgeber. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die Analysen und Thesen der bedeutendsten Nachhaltigkeitsexperten, Top-Ökonomen und Großinvestoren – gebündelt und übersichtlich. Sie sollen dir die wichtigen Entwicklungen auf dem Weg zur nachhaltigen Gesellschaft und Finanzwelt clever und zuweilen kontrovers aufzeigen.
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Der Begriff der Ökosysteme geht auf die Physik zurück, sprich: ein System von so unterschiedlichen Individuen, die so eng voneinander abhängen, so dass jede Nische genutzt und zugeführte Energie auf das Optimale verwendet wird. Ein ständiges Kommen und Vergehen. Fast nichts bleibt ungenutzt. Am Biosystem des Urwaldes ist es erkennbar: Jedwede verwesende Substanz wird sofort dem Lebenskreislauf wieder zugeführt. Es bleibt kaum Humus zurück. Wo der Urwald zerstört ist, kann er nicht mehr von allein wiederentstehen.
Den daraus abgeleiteten Begriff der „digitalen“ Ökosysteme verwenden wir nicht einheitlich. Es gibt recht unterschiedliche Interpretationen. Die einen wenden dies auf die großen digitalen Plattformbetreiber an, etwa auf Amazon. Das Unternehmen betreibt im Wesentlichen zwei Geschäftsmodelle –tatsächlich sogar viele mehr – , nämlich den Eigenhandel über das Internet und das Abgebot eines Marktplatzes und ihrer logistischen Plattform für andere Anbieter, vor allem Händler.
Andere verwenden den Ökosystem-Begriff für Wertschöpfungssysteme, die sämtliche Elemente einer Wertekette umfassen, ergänzt um ein Informationsnetz von datengetriebenen Dienstleistern, die alles Umgebende und intern sich Abspielende mit Datenanalysen erfassen und diese den wertschöpfenden Parteien für die Optimierung ihrer Prozesse und Leistungen zur Verfügung stellen.
Dies reicht von der Rohstoffbeschaffung bis zum Point-of-Sale und darüber hinaus, etwa zur Prognose von Kundenverhalten, vom vorausplanenden ständigen Veränderungsbedarf beim Produkt (Hardware, Software, Systeme…) und den Prozessen (Herstellung, Logistik, Informatik…), unter Einbezug aller Umweltfaktoren (vom sozialen Umfeld über die geopolitischen Veränderungen bis zur realen Verfügbarkeit von Ressourcen).
Grenzenlose Systeme
Diese Systeme sind in der Regel offen. Die bisher scharfen Grenzen der Parteien lösen sich teilweise auf. Konkurrenten verbünden sich auf bestimmten Feldern, Hersteller werden auch zu Konsumenten, der Konsument zum Hersteller: Wir kennen die verwendeten Begriffe „Co-opetition“, „Prosumer“ und den „Flexsumer“, der also zeitgenau, wenn etwa das „Ökosystem Energieversorgung“ es erfordert, seine Waschmaschine ausschaltet oder die eigene Solaranlage zur Einspeisung in das übergeordnete Netz der nationalen und internationalen Gemeinschaft zur Verfügung stellt.
Dieses Modell wird derzeit als neue Lösung für unsere Wirtschafts- und Sozialwelt angeboten. Und dennoch: Es ist weder vollständig noch ganz neu. Vollständig würde es erst – wenn man bei offenen Gesamtsystemen überhaupt von Vollständigkeit reden darf – wenn sich alle oben genannten Systeme als Teil eines übergeordneten Gesamtsystems verstehen würden, also in Beziehungen aller Systemelemente untereinander.
Damit wären wir konsequenterweise wohl wieder nahe beim Alten, nämlich beim Gesamtsystem der Volkswirtschaften und der Weltwirtschaft. Das Neue, das in unserer Zeit gerade entsteht, ist, dass in der digital transformierten Welt der Industriegesellschaft 5.0 Menschen und Dinge elektronisch vernetzt sind. So werden sie letztlich zu Cyber-physischen Systemen (CPS) im „Internet of people and things“ miteinander verbunden.
Die Vernetzung dient dem Austausch und der Verknüpfung von Daten, genauer „Smart Data“, also werttreibende Destillate aus der praktisch unbegrenzt wachsenden Datenmenge; ermöglicht durch das breite Technologiefeld von Analytics bis zur Künstlichen Intelligenz.
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