Digitalexperte Serhan Ili
Digitalisierung in Deutschland: Warum Unternehmen Chancenintelligenz entwickeln müssen

Digitalexperte Serhan Ili
Löwen im Zoo führen ein bequemes Leben mit niedrigem Risiko. Da sie regelmäßig und zu festen Uhrzeiten gefüttert werden, brauchen sie sich nicht um das Jagen zu kümmern. Dementsprechend verkümmern jedoch ihre Jagdinstinkte.
Ganz anders Löwen in freier Wildbahn: Sie müssen ständig schauen, wie sie satt werden können und stehen dabei in Konkurrenz zu anderen Tieren. Dabei nutzen sie ihre scharfen Instinkte und ergreifen Chancen. Der Begriff dafür: Chancenintelligenz.
Die meisten Führungskräfte von deutschen Großunternehmen verhalten sich wie die Löwen im Zoo. Sie ruhen sich auf ihrem Erfolg aus, anstatt neue Chancen zu nutzen. Dies war aber nicht immer so. Deutsche Unternehmen haben das Industriezeitalter geprägt und haben Pionierarbeit beim Aufbau des Maschinenbaus, der Automobilindustrie oder in der Pharmazie geleistet.
Löwen im Zoo führen ein bequemes Leben mit niedrigem Risiko. Da sie regelmäßig und zu festen Uhrzeiten gefüttert werden, brauchen sie sich nicht um das Jagen zu kümmern. Dementsprechend verkümmern jedoch ihre Jagdinstinkte.
Ganz anders Löwen in freier Wildbahn: Sie müssen ständig schauen, wie sie satt werden können und stehen dabei in Konkurrenz zu anderen Tieren. Dabei nutzen sie ihre scharfen Instinkte und ergreifen Chancen. Der Begriff dafür: Chancenintelligenz.
Die meisten Führungskräfte von deutschen Großunternehmen verhalten sich wie die Löwen im Zoo. Sie ruhen sich auf ihrem Erfolg aus, anstatt neue Chancen zu nutzen. Dies war aber nicht immer so. Deutsche Unternehmen haben das Industriezeitalter geprägt und haben Pionierarbeit beim Aufbau des Maschinenbaus, der Automobilindustrie oder in der Pharmazie geleistet.
Heutzutage sind diese Unternehmen Konzerne mit mehreren hunderttausend Mitarbeitern, wo angestellte Manager Entscheidungen treffen müssen. Der Anreiz zum strategischen Risiko ist verloren gegangen, denn die Sicherung der Erträge und des persönlichen Status quo haben oberste Priorität. Innovationen werden als Risiko angesehen, die die eigenen Pfründe gefährden. Warum langfristig die Wachstumsperspektiven aufrechterhalten, wenn die Belohnungssysteme allenfalls auf die nächsten drei Jahre ausgerichtet sind?
Diese „gesättigte“ Einstellung kann nun in einer dynamischen Weltwirtschaft mit veränderten Rahmenbedingungen und Herausforderungen wie höheren Energiepreisen, neuen aggressiven Wettbewerbern oder fragilen Lieferketten zum Verhängnis werden. Gerade jetzt, wo die beschleunigte Digitalisierung Neues erschafft und Gewohntes in Frage stellt, kann sich eine geringe Chancenintelligenz als fatal erweisen.
Der Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft 2022 der EU-Kommission platziert Deutschland bei der Digitalisierung auf dem 13. Platz und damit im Mittelfeld. Beim IMD World Digital Competitiveness Ranking 2023 landete Deutschland auf dem 23. Platz von insgesamt 64 Plätzen und fiel im Vergleich zum Vorjahr um vier Plätze zurück. Durch die rasante Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz, wo vor allem die USA und Asien führend sind, könnte sich der Rückstand Deutschlands bei der Digitalisierung noch weiter vergrößern.
Neben der Behäbigkeit der Großunternehmen spielt für die mangelnde Digitalisierung in Deutschland auch eine in Deutschland gering ausgeprägte Fehlerkultur eine Rolle. Im Vergleich zu den USA gibt es in Deutschland nur eine kleine Venture-Capital-Szene. Dies zeigt auf, dass die Bereitschaft, neue digitale Geschäftsideen zu entwickeln, umzusetzen und eventuell damit zu scheitern, wenig vorhanden ist.
Darüber hinaus muss die Chancenintelligenz in den Unternehmen auf jeden Fall auch von staatlicher Seite durch einen geeigneten Rahmen und gegebenenfalls durch Unterstützung flankiert werden. Stichworte sind der Ausbau der digitalen Infrastruktur und der gleichzeitige Abbau bürokratischer Hürden. Dem Löwen hilft es nichts, vor der Jagd einen Antrag zu stellen. Auch die Förderung digitaler Bildung in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen oder die Anwerbung hochqualifizierter IT-Fachkräfte aus dem Ausland liegen in der Verantwortung des Staates.
Dabei bietet die Digitalisierung von Produkten, Prozessen und Geschäftsmodellen für Unternehmen ein hohes Potenzial, effizienter zu werden, neue Märkte zu erschließen und weitere wirtschaftliche Standbeine aufzubauen. Dies wirkt sich wiederum positiv auf die Geschäftsentwicklung aus. Auch andere Baustellen wie die nachhaltige Transformation oder der Fachkräftemangel können mit Hilfe der Digitalisierung erfolgreich gemanagt werden.
Doch es wäre zu einfach, nur auf den Mangel zu verweisen und die Stärken Deutschlands zu ignorieren: Eine starke Volkswirtschaft, zahlreiche Weltkonzerne, ein leistungsfähiger Mittelstand, ein immer noch gutes Bildungsniveau und Innovationskraft, die sich auch in einer großen Zahl von Patentanmeldungen manifestiert.
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