LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in MärkteLesedauer: 8 Minuten
Headphones
Artikel hören
Deutschlandchef und Fondsmanager im Doppel-Interview
Dimensional-Experten: „Berater sind unser wichtigster Zugang“
Die Audioversion dieses Artikels wurde künstlich erzeugt.

Deutschlandchef und Fondsmanager im Doppel-Interview Dimensional-Experten: „Berater sind unser wichtigster Zugang“

Lukas Schneider kam nach dem Masterstudium (International Business Studies)in Kufstein und Dublin erstmals im Zuge eines Werkpraktikums zu Dimensional. 2008 heuerte er als Associate an. Heute leitet Schneider Dimensionals deutsche Niederlassung in Berlin.Thomas Meinke studierte in München, Singapur und Oxford (Management &Technology, MBA) und arbeitete unter anderem für den Versicherungskonzern Allianz. 2018 kam er zu Dimensional, wo er heute als Investmentstratege und Vizepräsident tätig ist.
Lukas Schneider (Mitte) und Thomas Meinke im Gespräch mit DAS-INVESTMENT-Redakteurin Iris Bülow

DAS INVESTMENT: Dimensional gibt gern zu verstehen, dass es einen besonderen Investmentansatz verfolgt. Was machen Sie anders als andere Fondsgesellschaften?

Thomas Meinke: Wir sind prognosefrei unterwegs, das unterscheidet uns von vielen anderen. Aus der Finanzwissenschaft wissen wir, dass Märkte informationseffizient sind, man kann sie nicht
austricksen. Dagegen lässt sich mit einer breit gestreuten Anlage, kombiniert mit Faktorprämien, langfristig ein Mehrwert erreichen. Wir stützen uns auf wissenschaftliche Erkenntnisse und betreiben
selbst Forschung.

 

Ihre Investmentphilosophie bezeichnen Sie als passiv, aber es sind auch aktive Komponenten dabei. Wie grenzen Sie sich von aktiven Fonds und von ETFs ab?

Meinke: Ein ETF folgt üblicherweise einem Index und damit der Anlagemethodik des Index-Anbieters. Wir legen systematisch an, haben dabei aber unser eigenes Regelwerk. In der Umsetzung gehen wir aktiv vor: Wir rebalancieren zum Beispiel täglich unsere Portfolios.

Sie betonen, dass Sie auf bestimmte Faktoren setzen. Worauf schauen Sie?

Lukas Schneider: Bei Aktien setzen wir auf Size, Value und Profitabilität. Kleine Unternehmen erzielen im langfristigen Durchschnitt ein besseres Ergebnis als große. Die Value-Prämie messen wir anhand des relativen Preises. Unternehmen mit geringerem Kurs-Buchwert-Verhältnis performen langfristig besser. Und wir schauen auf die operative Profitabilität, auch profitablere Unternehmen erzielen auf lange Sicht bessere Ergebnisse.

„Die Value-Prämie hat sich besonders stark erholt“

Value-Aktien haben eine mehrjährige Durststrecke hinter sich.

Meinke: Es herrscht viel Rauschen am Kapitalmarkt. Eine bestimmte Prämie funktioniert nicht in jedem Jahr, langfristig aber schon. Die Value-Prämie hat sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren beispielsweise wieder besonders stark erholt.

Worauf setzen Sie bei Anleihen?

Meinke: Laufzeit und Bonität. Anleihen mit längerer Laufzeit erwirtschaften ein besseres Ergebnis. Dasselbe gilt im Schnitt für Unternehmen mit niedrigerer Bonität. Außerdem kann man auch die Emissionswährung einer Anleihe und die damit verbundene Zinskurve als mögliche Quelle von Zusatzerträgen sehen. Wir messen gezielt, wann es sinnvoll ist, diese Prämien abzugreifen.

Dimensional betont immer wieder, dass es sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse
stützt. Sie werten umfangreich Daten aus. Woher beziehen Sie die?

Meinke: Wir setzen auf Forschungsdaten. Das Center for Research in Security Prices publiziert beispielsweise in Zusammenarbeit mit Ken French Faktordaten. Das sind die sogenannten Fama-French-Indizes ...

... benannt nach den Wissenschaftlern Kenneth French und Eugene Fama, die auch Dimensional beraten.
Meinke: Genau. Die Daten sind frei verfügbar. Das ist der Goldstandard, wenn man sich ansehen will, welchen Mehrwert zum Beispiel die Value-Prämie bietet.

Dimensional wirbt damit, Anlagen besonders breit zu streuen. Wie viele Werte kommen bei Ihnen ins Portfolio?

Schneider: In den meisten Fonds mehrere tausend. Der am breitesten gestreute World Equity Fonds hält knapp 13.000 Titel, von Apple und Meta bis zu Micro Caps, sowohl aus Industrie- als auch aus
Schwellenländern. Ein Unternehmen, in das wir investieren, muss aber mindestens 50 Millionen US-Dollar Marktkapitalisierung mitbringen. 

Eine gigantische Titelzahl. Sind alle Aktien auch wirklich im Portfolio enthalten, oder nutzen Sie stellvertretend auch Swaps?

Schneider: Nein, alle sind physisch enthalten.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Ist es nicht unvertretbar teuer, rund 13.000 Aktien ins Portfolio zu holen?

Meinke: Das ist ein häufiger Trugschluss. Wir halten die Handelskosten klein, indem wir die Wertpapiere über einen Zeitraum gestreckt kaufen. Wenn man mit sehr viel Volumen in kurzer Zeit eine Aktie handeln möchte, dann pusht das den Markt. Das wollen wir vermeiden. Man kann sich das vorstellen wie am Valentinstag. Da wollen sehr viele Menschen eine Rose kaufen. Wir kaufen quasi jeden Tag eine Rose und strecken so den Kapitalumschlag über die Zeit. Wir setzen den Preis außerdem etwas unter dem Geldkurs an und schauen, wo Verkäufer unseren Preis annehmen. Bei anderen Titeln warten wir ab. Dank der hohen Titelzahl sind wir hier flexibel.

Eine große Rolle in der Investmentwelt spielt das Thema Nachhaltigkeit. Berücksichtigen Sie es auch?

Meinke: Wir haben vier Nachhaltigkeitsfonds mit Fokus auf einem geringen CO2-Abdruck. Wir wollen damit die Wertevorstellungen unserer Anleger abbilden. Die Fonds sind nach Artikel 8 Offenlegungsverordnung klassifiziert.

Kann ein Nachhaltigkeitsansatz die Rendite verbessern oder das Risiko einer Anlage reduzieren?

Meinke: Das sehen wir weder in unseren Daten noch in der Wissenschaft eindeutig. Aktuelle Forschungsergebnisse sind hier nicht stichhaltig, weshalb man nicht davon ausgehen sollte. Allerdings haben viele Kunden solche Präferenzen.

 

An welche Anleger richten Sie sich?

Schneider: An alle Privatanleger, aber immer über einen Finanzberater oder Vermögensverwalter. Wir bauen daneben auch individuelle Lösungen für institutionelle Investoren. 

Sie versprechen, sich intensiv um Ihre Vertriebspartner zu kümmern. Was tun Sie genau?

Schneider: Bei uns geht es im Kern um Investment, Unternehmensstrategie und Kundenkommunikation. Wir veranstalten Konferenzen für Berater. Wenn jemand neu zu uns kommt, erarbeiten wir eine Investmentphilosophie. Wir erläutern unseren Portfolio-Konstruktionsprozess
und analysieren bei Bedarf bestehende Portfolios nach Faktorprämien, Streuung und Kosten. Außerdem beraten wir bei der Geschäftsaufstellung, beim Marketing und der Kundenkommunikation. Die besseren Berater sind die, die gut mit Menschen umgehen können. Das versuchen wir zu unterstützen.

Mit Ihrem Fokus auf Berater liegen Sie durchaus nicht im Mainstream. Viele Fondshäuser arbeiten gerade daran, ihre Produkte über Plattformen direkt an Endkunden zu vertreiben – ohne den Umweg über Berater. Schließen Sie das für sich aus?

Schneider: Wir wollen nicht selbst auf Retail-Kunden zugehen. Berater sind unser wichtigster Zugang. Über diese Schnittstelle können wir sehr viele Privatanleger mit unserer Botschaft erreichen. Wir wollen auch nicht, dass unsere Fonds beliebig genutzt werden, nach dem Motto: „Small Caps sind gut gelaufen, da springe ich mal auf.“ Die gute Marktrendite soll schließlich auch beim Kunden ankommen. Das können wir, Stand heute, am besten über Berater gewährleisten.

Viele Gesellschaften und Vertriebe starten eigene Robo-Advisors beziehungsweise digitale Vermögensverwaltungen. Ist das bei Ihnen ein Thema?

Schneider: Bei uns nicht. Allerdings haben einige Kunden neben der klassischen Beratung auch digitale Angebote, in denen sie unsere Strategien anbieten. 

 

Ist das in Ihrem Sinne?

Schneider: Wenn ein Endkunde die Antragsstrecke eines Robo-Advisors durchläuft und dann unsere Strategien nutzt, ist das für uns in Ordnung. Dort wird kein Einzelfonds verkauft, sondern ein Modellportfolio erstellt. Wir möchten immer im Rahmen einer Allokation auftreten.

Sie sind schon lange in Deutschland aktiv, haben aber kaum Pressearbeit betrieben. Jetzt wollen Sie das ändern. Gibt es einen Anlass?

Schneider: Dimensional war lange mit seinen Beraterkonferenzen und Mund-zu-Mund-Propaganda sehr zufrieden. Mittlerweile sind wir sehr groß geworden, gerade in den USA. Daher wollen wir uns stärker öffentlich präsentieren.

Was haben Sie als Nächstes vor?

Schneider: Wir wollen den Status quo mit unserem Team und dem Konferenzprogramm in höchster Qualität weiterführen. Außerdem möchten wir verstärkt auf Maklerpools, unabhängige Finanzberater, Vermögensverwalter und zertifizierte Finanzplaner zugehen. Perspektivisch ist auch die Bankenlandschaft spannend.

„Auf mögliches Provisionsverbot perfekt vorbereitet “

Dort spielen Provisionen eine große Rolle – die Sie aber nicht zahlen.

Schneider: Bei Dimensional gab es noch nie Provisionen. Wir haben tausende Berater rund um die Welt, die sehr effiziente, kundenfreundliche Unternehmen führen, ohne Provisionen zu erhalten. Wir sind für Transparenz. Es sollte klar sein, was Depotplattform, Fondsmanager, Maklerpool und Berater verdienen. Mit der Provision wirkt alles reingewurschtelt. Das ist kein elegantes Geschäftsmodell.

Wenn auf europäischer Ebene zukünftig einmal ein Provisionsverbot kommen sollte, wären Sie dann glücklich?

Schneider: Als das Provisionsverbot im Vereinigten Königreich kam, hatten wir dort großen Zulauf. Weil wir helfen konnten: bei Service-Gebühren oder im Umgang mit provisionsfreien Clean-Share-
Klassen. Wir sind schon perfekt vorbereitet.


Über die Interviewten:

Lukas Schneider kam nach dem Masterstudium (International Business Studies)in Kufstein und Dublin erstmals im Zuge eines Werkpraktikums zu Dimensional. 2008 heuerte er als Associate an. Heute leitet Schneider Dimensionals deutsche Niederlassung in Berlin.

Thomas Meinke studierte in München, Singapur und Oxford (Management &Technology, MBA) und arbeitete unter anderem für den Versicherungskonzern Allianz. 2018 kam er zu Dimensional, wo er heute als Investmentstratege und Vizepräsident tätig ist. 

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen