Altersvorsorge in Deutschland Vertrauen in gesetzliche Rente sinkt immer weiter
Der Deutsche Altersvorsorge-Index (Divax-AV) setzt auch in diesem Frühjahr seinen langsamen, aber kontinuierlichen Abwärtstrend fort. Nachdem das vom Deutschen Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (Diva) halbjährlich erhobene Stimmungsbarometer erstmals im vergangenen Herbst in den negativen Bereich abgerutscht war (-0,4), erreicht der Wert aktuell mit -3,2 einen neuen Tiefstand.
Um den Index zu berechnen, hat das Diva die Meinungsforscher von Insa-Consulere beauftragt, rund 2.000 Menschen in Deutschland zu befragen. Mit möglichen Werten zwischen -100 und +100 ist der Indexwert seit der Erstauflage 2020 um insgesamt sieben Indexpunkte gefallen. Die Sorgen der Bürger um ihr Auskommen im Alter nehmen also zu, berichten die Studienautoren aus Marburg.
Negative Zukunftserwartungen
Ihr Divax-AV ergibt sich aus den zwei Teilindizes zu den Einschätzungen der Bürger zur aktuellen Lage sowie zu ihren künftigen Erwartungen. Der aktuelle Rückgang sei demnach auf die aktuelle Lage rund um den russischen Angriff auf die Ukraine und die indirekten Kriegsfolgen zurückzuführen. Denn dieser Teilindex ist im Vergleich zur jüngsten Umfrage von -1,3 auf -7 deutlich abgerutscht.
„Die Menschen erleben nicht nur an der Tankstelle, dass alles teurer wird. Es macht sich ein Stimmungsbild breit, dass auch im Alter das Geld zum Leben auf dem bisherigen Niveau nicht mehr ausreichen könnte“, erklärt dazu Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des Diva. „Zudem wirken sich sicher auch Drohszenarien des russischen Angriffskriegs ganz allgemein auf die Stimmungslage aus“.
Beim zweiten Teilindex zu den künftigen Erwartungen, ist der Abwärtstrend moderater. Aktuell liegt der Wert bei +0,6 (Erstauflage: +3,2). Dabei schwindet vor allem das Vertrauen in die gesetzliche Rente: Mit 60,8 Prozent geht die große Mehrheit der Menschen in Deutschland von einer Verschlechterung aus. In der Herbstumfrage 2021 waren es 58,5 Prozent.
Hallo, Herr Kaiser!
Geringes Vertrauen in Rente
Spiegelbildlich glauben nur noch 14 Prozent an eine Verbesserung des Versorgungsniveaus der gesetzlichen Rente über die nächsten zehn bis 20 Jahre (16,2 Prozent im Herbst 2021). Parallel zu diesem Vertrauensschwund möchten die Bürger in Zukunft selbst stärker selbst aktiv werden: 31,9 Prozent planen, mehr in die betriebliche Altersvorsorge zu investieren. Im vorigen Herbst sagten das erst 28,6 Prozent.
Und bei der privaten Altersvorsorge trifft dies sogar auf 42,8 Prozent zu. Das sind 2,8 Prozent mehr als in der Vorgängerstudie. „Für die Politik liefern diese Ergebnisse wichtige Hinweise: Alles dafür zu tun, die gesetzliche Rente stabil zu halten, ist richtig. Das Vertrauen der Bürger schwindet sonst noch weiter“, erklärt hierzu Helge Lach, Vorsitzender des Diva-Trägers Bundesverband Deutscher Vermögensberater (BDV).
Doch: „Damit wäre bei diesem wichtigen Thema niemandem gedient – auch nicht denjenigen, die glauben, allein die betriebliche und die private Vorsorge könne alle Probleme lösen.“ Trotz aller Maßnahmen seien Einschnitte allein aufgrund der demografischen Trends unausweichlich. „Die Bürger sind bereit, zusätzlich betrieblich oder privat vorzusorgen. Möglicherweise fehlen aber bei vielen die Mittel dafür, gerade auch wegen der aktuellen Preissteigerung.“
Die Politik solle deshalb auch daran denken, zum Beispiel langfristiges Aktiensparen staatlich zu fördern. „Dazu gibt es bisher nichts. Auch die Reform des Riester-Sparens gehört dazu. Denn staatliche Förderung ist immer auch ein Stück weit Rendite und Inflationsausgleich. Das würde voraussichtlich viele dazu motivieren, gerade jetzt mehr zu tun“, so Lach weiter.