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„Kontraproduktiv oder nicht finanzierbar“ Altersvorsorge-Experte verreißt Wahlprogramme

Rentnerinnen auf der Strandpromenade von Nordseebad Borkum
Rentnerinnen auf der Strandpromenade von Nordseebad Borkum: Der Vorsorge-Experte Michael Heuser glaubt an die Bereitschaft der Bürger, aus eigenem Antrieb fürs Alter vorzusorgen. | Foto: imago images / photothek

Der demographische Wandel spitzt sich weiter zu: Immer weniger junge Erwerbstätige müssen die Rente von immer mehr Älteren finanzieren. In wenigen Jahren scheiden zudem die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben aus, was das Problem noch weiter verschärfen dürfte.

Und was will die Politik dagegen unternehmen? Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) hat die Wahlprogramme der Union, der FDP, der Grünen, der SPD und der Linken hinsichtlich ihrer Lösungsvorschläge für das Renten-Dilemma untersucht. Sein Fazit: „Was die Parteien in ihren Programmen vorlegen, kommt entweder zu spät oder könnte das Problem sogar noch verstärken.“

„Wer soll das bezahlen?“

Grüne, SPD und Linke streben Pflichtsysteme in Form von Bürgerversicherungen an. Diese stützen sich – bei den letztgenannten Parteien nahezu komplett und bei den Grünen zum großen Teil – auf das Umlageverfahren. Dieses soll auf hohem Leistungsniveau noch weiter ausgebaut werden, ohne das Renteneintrittsalter oder die Beiträge zu erhöhen.

„Mit anderen Worten: Es ist wenig Änderung in Sicht“, kommentiert Heuser. Die Förderung der privaten Altersvorsorge soll abgeschafft werden. „Wer soll das bezahlen? Zusätzliche Schulden? Zusätzliche Steuern?“, fragt der DIVA-Experte. In den Wahlprogrammen finde man dazu kaum ein Wort. Steuererhöhungen wären in Wahlprogrammen jedenfalls „ein zu wagemutiger Schritt“. Auch das aktuelle Niedrigzinsumfeld tue diesen Plänen keinen Gefallen, erklärt der Experte.

Ist „Vater Staat“ der bessere Anleger?

Union, FDP und mit Abstrichen die Grünen setzen hingegen auf mehr aktienbasierte Vorsorge, sei es mit einer Generationenrente (Union) oder einer Aktienrente (FDP). Diese soll allerdings nicht in privater Verantwortung, sondern in staatlicher Regie erfolgen.

„Ob „Vater Staat“ der bessere Kapitalanleger ist, kann mit Fug und Recht bezweifelt werden“, meint Heuser. Für ihn steht außerdem fest, dass die Renten der geburtenstarken Jahrgänge sich damit nicht finanzieren lassen. „Die Konzepte wirken erst in Jahrzehnten“.

„Staatliche Pauschallösungen schränken die Eigenverantwortung der Bürger ein“, so Heusers Fazit. Individuelle Präferenzen bei der Vorsorge würden so gut wie keine Berücksichtigung finden.

Beitragsgarantie abschaffen, Riester-Rente nicht

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Dies sei auch am Umgang mit der Riester-Rente erkennbar: „Deren schlechtes Image nehmen fast alle Parteien zum Anlass, andere Lösungen zu propagieren“. Bereits ausgearbeitete und durchaus tragfähige Reformvorschläge wie die Absenkung oder Abschaffung der Bruttobeitragsgarantie würden gar nicht erst aufgegriffen.

Heusers Gegenvorschlag: „Die Mündigkeit der Bürger anzuerkennen und die staatliche Lenkung etwas zurückzufahren“. Denn im Status quo seien die gesetzlichen Renten nicht finanzierbar.

„Bereitschaft zur Eigenvorsorge nicht unterschätzen“

Ein erster Schritt, um das zu ändern, wäre die Wiedereinführung des Nachhaltigkeitsfaktors in der Rentenanpassungsformel. Ebenso müsste eine stufenweise Absenkung des Rentenniveaus in Kauf genommen werden.

Die Mehrheit der Menschen sei sich der schlechten Perspektiven bei der gesetzlichen Rente bewusst und setze durchaus auf eigene Vorsorge, ist der Experte überzeugt. Das bestätigen auch die regelmäßigen DIVA-Umfragen. „Die Parteien sollten die Bereitschaft der Menschen zur Eigenvorsorge nicht unterschätzen“, so Heuser.

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