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DZ-Bank-Experte über Währungen Dollar-Imageschaden treibt Bitcoin-Kurs

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Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der geltende Leitzins in allen G10-Währungsräumen deutlich und teils mehr als 7 Prozent-Punkte unter den Taylor-Niveaus liegt. In den USA, der EWU und Großbritannien beträgt die Diskrepanz im Durchschnitt gut 6 Prozentpunkte. Dies mag zwar kein Grund zur Panik sein. Die Berechnungen verdeutlichen aber, wie klar die Notenbanken mit ihrer Geldpolitik darauf angewiesen sind, dass sich die derzeit preistreibenden Effekte mittelfristig als vorübergehend erweisen.

Die Kratzer an der Reputation von Euro, Dollar & Co. erhöhen in den Augen zahlreicher Anleger die Attraktivität von Bitcoin. Sie sehen die Kryptowährung als Schutzschild gegen eine übermäßige „Geldentwertung“. Schließlich hat hier keine zentrale Instanz die Möglichkeit, die Geldmenge zu steuern und nach Belieben zu erhöhen. Der Bitcoin zugrunde liegende Algorithmus, der eine Obergrenze von 21 Millionen Bitcoin-Einheiten vorsieht, kann zwar theoretisch umgeschrieben werden. Allerdings ist dafür zum einen eine Mehrheit der Rechnerkapazität im Bitcoin-Netzwerk erforderlich. Zum anderen würden die Bitcoin-Anhänger damit eine zentrale Säule für die Kryptowährung verlieren und einen massiven Vertrauensverlust riskieren.

Druck auf die Notenbanken nimmt zu

Einiges spricht dafür, dass sich die Energiepreise und damit auch die Inflationsraten vorerst auf hohem Niveau halten werden. Inwieweit dies genügt, um Bitcoin zusätzlichen Auftrieb zu verleihen, bleibt zwar abzuwarten. Für die Frage, ob Kryptowährungen in den Augen von Investoren auch langfristig eine Alternative zu den traditionellen Währungen sind und sich als Asset-Klasse dauerhaft etablieren, dürfte aber vor allem relevant sein, ob die Zentralbanken mit ihrer Einschätzung recht haben, wonach der Preisdruck mittelfristig wieder spürbar zurückgeht.

Sollte dies nicht der Fall sein, stehen die Währungshüter vor der Wahl: entweder werden die geldpolitischen Zügel merklich angezogen oder sie setzen ihre (ohnehin bereits angekratzte) Reputation aufs Spiel. Dem Bitcoin-Kurs würde letztere Variante sicher gelegen kommen.

Über den Autor: Sören Hettler ist Devisen-Analyst bei der DZ Bank.

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