DAS INVESTMENT: Deutschland hat kürzlich milliardenschwere Infrastrukturinvestitionen angekündigt. Was bedeutet das für den Infrastruktursektor?
Dominik von Scheven: Die Ankündigung hat in Deutschland und europaweit sehr positive Reaktionen ausgelöst, was gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Unsicherheiten in den USA Zuversicht weckt. Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben stehen klar an der Spitze der europäischen Investitionsagenda.
Wo werden wir die größten Investitionen sehen?
von Scheven: Der größte Teil dieser Mittel wird in staatliche Infrastrukturprojekte fließen – Straßen, Schienen und ähnliche Assets, die in Europa überwiegend in öffentlicher Hand sind. Dadurch profitieren vor allem die Kommunen direkt von diesen Investitionen.
Obwohl der Schwerpunkt auf staatlicher Infrastruktur liegt, spielt der Privatsektor dennoch eine entscheidende Rolle. Der verstärkte Kapitalfluss in diese Projekte könnte dazu führen, dass Kommunen vermehrt private Investoren anwerben. Das eröffnet wiederum Chancen für institutionelle und private Anleger. Hinzu kommt, dass diese Investitionen einen zusätzlichen Multiplikatoreffekt auf die Wirtschaft im Allgemeinen haben werden.
Deutschland steht mit dem Investitionsstau nicht allein da. Planen andere Länder ähnliche Infrastrukturprogramme?
von Scheven: Anreizprogramme, wie wir sie in Deutschland sehen, werden derzeit auch in Ländern wie Italien, Spanien und Frankreich intensiv diskutiert. Zudem erwägen viele europäische Länder einen weiteren Ausbau des klassischen Public-Private-Partnership-Modells, was die Investitionstätigkeit im Infrastrukturbereich deutlich beleben würde.
Die Attraktivität einzelner Länder hängt stark vom jeweiligen Sektor ab. Projekte im Bereich der Energiewende und Rechenzentren bieten momentan besonders in Europa und teilweise in Asien spannende Investitionsmöglichkeiten. Umweltprojekte im Small- und Mid-Cap-Segment sind dagegen aktuell vor allem in den USA interessant.
„Die großen Megatrends basieren allesamt auf Infrastruktur“
Welche Megatrends beobachten Sie im Infrastruktur-Bereich?
von Scheven: Die großen Megatrends, die derzeit Innovationen in der Weltwirtschaft vorantreiben – sei es die Ausbreitung von KI, die steigende Nachfrage nach Energieerzeugung oder die Transformation globaler Lieferketten – basieren allesamt auf Infrastruktur. Besonders bemerkenswert ist der sogenannte Deepseek-Effekt und sein enormer Einfluss auf die Nachfrage nach Rechenzentren.
Außerdem gewinnen Transaktionen bei mittelgroßen Unternehmen an Bedeutung – ein Segment, das zunehmend in den Fokus von Fondsmanagern rückt. Selbst größere institutionelle Investoren, die solche Deals früher als zu klein eingestuft hätten, zeigen inzwischen verstärktes Interesse. Mittelgroße Unternehmen sind auch meist an lokale Bedingungen gebunden und somit weniger von internationalen Zöllen beeinflusst.
Ein weiterer Trend ist die wachsende Bedeutung des Sekundärmarktes im Infrastrukturbereich, den institutionelle Investoren vermehrt zur Liquiditätssteuerung nutzen. Fondsmanager greifen auf den Sekundärmarkt zurück, um entweder Teilverkäufe einzelner Assets zu realisieren oder Wachstumskapital für kapitalintensive Geschäftspläne zu beschaffen.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei Infrastrukturprojekten?
von Scheven: Auch wenn die öffentliche Debatte um das Thema etwas abgeflaut ist, bleibt Nachhaltigkeit ein zentraler Faktor – besonders in Europa. Unabhängig von politischen Entwicklungen erkennen Investoren zunehmend, dass nachhaltige Infrastrukturprojekte nicht nur ökologische Vorteile bieten, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll sind.
Wie wichtig sind private Investoren bei der Umsetzung von Infrastrukturprojekten?
von Scheven: Der Privatsektor spielt eine unverzichtbare Rolle – in einigen zentralen Investitionsbereichen wie Rechenzentren und der Energiewende ist er de facto sogar der einzige relevante Akteur. Auch bei klassischen Infrastruktur-Assets wie Straßen oder Mautprojekten bleibt privates Kapital ein bedeutender Finanzierer. Und die Telekommunikationsbranche käme ebenfalls nicht ohne private Investoren aus.
Privates Kapital ist deshalb so wichtig, weil es schon immer Infrastrukturprojekte nicht nur erfolgreich finanziert, sondern auch Projektlaufzeiten verkürzt hat. Investoren profitieren weltweit mit attraktiven Renditen.
„Zugang für Privatanleger einfacher denn je“
Welche Vehikel eignen sich besonders für Privatanleger, um in Infrastruktur zu investieren?
von Scheven: Der Zugang zu Infrastrukturinvestments ist heute für Privatanleger einfacher denn je – sowohl über geschlossene als auch über sogenannte Evergreen-Strukturen ohne begrenzte Laufzeit. Die Nachfrage wächst über alle Anlegergruppen hinweg, da sich diese Assetklasse über die vergangenen fünf bis acht Jahre unter anderem als verlässlicher Inflationsschutz bewährt hat. Infrastruktur überzeugt durch historisch stabile Performance, berechenbare Cashflows und einen effektiven Schutz gegen Abwärtsrisiken – Eigenschaften, nach denen Investoren suchen.
Wird Infrastruktur für einen Schub bei Investitionen an den Privatmärkten sorgen?
von Scheven: Infrastruktur hat sich langfristig als sicherer Hafen im Vergleich zu anderen Anlageklassen erwiesen, insbesondere mit Blick auf Inflationsschutz und Risikominimierung. Diese Stabilität – und der leichtere Zugang zu der Assetklasse – dürfte dafür sorgen, dass sich mehr Privatanleger für einen Einstieg in die Private Markets entscheiden.
Über den Interviewten:
Dominik von Scheven ist Managing Director Infrastructure Investments beim auf Private Markets spezialisierten Asset Manager Hamilton Lane.