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  • Trumps Zoll-Desaster: Erst Feuer legen, dann panisch löschen

Von in MärkteLesedauer: 5 Minuten
Donald Trump zündelt an den Märkten
Donald Trump zündelt an den Märkten (KI-generiertes Bild). | Foto: Midjourney

Es ist kaum zu fassen. Da verkündet der mächtigste Mann der Welt mit großer Geste eine handelspolitische Revolution – nur um keine Woche später zurückzurudern. Donald Trump, der große Dealmaker, der mit angeblich genialer Strategie die Weltwirtschaft neu ordnen wollte, ist eingeknickt. Jetzt versuchen seine Hofschranzen, die Kapitulation als brillanten Schachzug zu verkaufen. Vergebens.

Ist Trumps Einknicken ein Triumph des globalen Widerstands? Oder lediglich eine taktische Pause? Der handelspolitische Amoklauf aus Washington lässt die globalen Märkte jedenfalls in Schockstarre verharren.

Wirtschaftspolitik nach Bauchgefühl – oder sollte man sagen: nach Verdauungsstörungen? Trump praktiziert sie wie kein zweiter. Erst verhängt er per Dekret drakonische Strafzölle gegen nahezu alle Handelspartner, die vermeintlich „unfair“ mit Amerika umgehen – was im Übrigen eine Kategorie ist, in die nach Trumpscher Logik praktisch jedes Land fällt, das es wagt, eigene Produkte zu exportieren.

Dann schwenkt er plötzlich um und verkündet ein 90-tägiges Moratorium – allerdings nicht für China, gegen das er die Zölle sogar auf 125 Prozent erhöht. Der Präsident selbst räumt ein, dass die Stimmung „ein bisschen zu ängstlich“ geworden sei. Eine bemerkenswerte Untertreibung angesichts eines weltweiten Börsenbebens, das allein den S&P 500 innerhalb einer Woche 5,8 Billionen Dollar an Marktwert kostete – mehr als manche mittelgroße Volkswirtschaft überhaupt wert ist.

Wie das Pokerspiel eines Hasardeurs

Die Logik hinter diesem wirtschaftspolitischen Veitstanz? Man sucht sie vergebens. Natürlich ist sein Anspruch, die amerikanische Wirtschaft zu schützen, nachvollziehbar. Doch sein Vorgehen entlarvt sich als ein Pokerspiel eines Hasardeurs, der mit verbundenen Augen All-in geht und dann überrascht wirkt, wenn der Tisch in Flammen aufgeht. Genialität sieht anders aus, um es höflich zu formulieren.

Die Märkte reagierten auf die Kehrtwende mit der Euphorie von Geiseln, die unverhofft freigelassen wurden. Der Nasdaq verzeichnete sein größtes Tagesplus aller Zeiten.

Doch diese Erleichterung täuscht. Die chaotische Episode hat einen bleibenden Schaden hinterlassen – und zwar nicht nur am Wertpapiermarkt. Das Vertrauen in die USA als verlässlichen Handelspartner, als Hüter einer regelbasierten Weltwirtschaftsordnung, liegt nun in Trümmern wie chinesisches Porzellanservice nach einem Elefantenbesuch.

 

Trump hat seinem eigenen Land und dem Rest der Welt Schmerzen zugefügt, die vollkommen unnötig waren. Selbst sein engster Verbündeter im Kongress, Senator Lindsey Graham, drängte ihn zum Rückzug. Jamie Dimon, Chef von J.P. Morgan Chase, sah eine Rezession am Horizont. Und sogar Trumps Chefberater Elon Musk, eigentlich nicht gerade für seine diplomatische Zurückhaltung bekannt, plädierte für eine zollfreie Zone mit der EU.

Deutsche Autobauer bleiben ein Opfer

Für sektorale Zölle, wie den 25-Prozent-Einfuhrzoll auf Autos, der bereits am 3. April in Kraft trat, gilt die Pause nicht. Deutsche Automobilhersteller dürfen also weiterhin die transatlantische Handelspolitik des Präsidenten ausbaden.

Man darf sich ernsthaft fragen, ob die Zölle überhaupt das eigentliche Problem sind, oder nicht vielmehr die Art, wie Trump sie einsetzt: mit verbundenen Augen und einer Abrissbirne in der Hand als Drohkulisse für die eigene Basis, als Verhandlungsmasse in einem Spiel, dessen Regeln nur er kennt (oder zu kennen glaubt). Als billiges Ablenkungsmanöver von innenpolitischen Problemen und persönlichen Unzulänglichkeiten.

Die Welt hat in einer Woche Trumpscher Handelspolitik erlebt, wie fragil das internationale Handelssystem geworden ist. Sie hat aber auch gesehen, dass selbst ein unberechenbarer US-Präsident nicht immun gegen wirtschaftliche Realitäten ist.

Als der Ausverkauf bei US-Staatsanleihen begann – ausgerechnet jenen Papieren, die Trump zur Finanzierung seiner monströsen Staatsverschuldung so dringend benötigt – musste der Zollkaiser zurückrudern. Widerstand ist eben doch nicht zwecklos. Das ist vielleicht das wichtigste Learning der vergangenen Tage.

 

Die Post-Trump-Ära hat begonnen

Für die nächsten 90 Tage gilt nun eine Art Waffenstillstand, vergleichbar mit der Ruhe, wenn ein Raubtier kurz innehält, bevor es zum nächsten Sprung ansetzt. Die Welt kann durchatmen – vorerst. Doch niemand sollte sich täuschen: Donald Trump wird nicht plötzlich zum Anhänger des Freihandels mutieren. Seine protektionistischen Instinkte bleiben, seine Verachtung für internationale Regeln ebenso. Die transatlantischen Beziehungen werden weiter unter Druck stehen, China wird weiter als Feindbild dienen.

Die Gnadenfrist sollte von der EU demnach nicht als Verschnaufpause, sondern als letzte Warnung verstanden werden. Das internationale Handelssystem, wie wir es kannten, wird nicht zurückkehren. Die Post-Trump-Ära hat bereits begonnen – ironischerweise mitten in seiner Präsidentschaft. Die Handelspolitik der Union muss nun robuster und weniger abhängig von den Launen eines einzelnen Mannes in Washington werden. Die Diversifizierung der Handelsbeziehungen, besonders nach Asien, muss vorangetrieben werden. Und ja, die EU muss auch ihre eigene technologische Souveränität ausbauen. Und sich auf eine Welt einstellen, in der Handelsbeziehungen weniger von Vertrauen und mehr von harter Interessenpolitik geprägt sein werden. Die Zeit der wirtschaftlichen Unschuld ist unwiderruflich vorbei.

Dies ist ein persönlicher Kommentar, der ausschließlich die subjektive Meinung und Sichtweise des Autors widerspiegelt. Die hier dargestellten Ansichten, Interpretationen und Schlussfolgerungen repräsentieren nicht notwendigerweise die Position oder offizielle Haltung des Unternehmens. 

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