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Doppelinterview zur Lage am Rohstoffmarkt „Rohstoffanleger stehen im Kampf der Kulturen“

Von Lesedauer: 8 Minuten
Transport von Erzen in Australien: Weltweit nimmt die Silbernachfrage zu.
Transport von Erzen in Australien: Weltweit nimmt die Silbernachfrage zu. | Foto: BHP Group

Herr Königbauer, was sollten Anleger jetzt über den Rohstoffmarkt wissen?

Amundi-Rohstoffexperte Peter Königbauer

Peter Königbauer: Wir haben derzeit eine schwierige Marktlage. Das ist bemerkenswert, denn eigentlich sind wir in einer spätzyklischen Phase, in der die Rohstoffmärkte als Verbrauchsmärkte in der Rückschau über die vergangenen Jahrzehnte die Tendenz gezeigt haben, stärker zu profitieren. Eigentlich kippen erst mit dem Beginn einer Rezession die Preise am Rohstoffmarkt. Dass die Preise für Rohstoffe schon jetzt nachgegeben haben, hängt vorrangig mit Donald Trump und seinen Tweets zusammen. Ein Tweet reicht aus, um den Markt nach oben oder unten zu drehen. Die Preise von Rohstoffen und -aktien sind unter Druck gekommen – die Preise bilden die wegen des US-chinesischen Handelskonflikts schwächelnde konjunkturelle Entwicklung ab.

Viele Anleger, die sich für Engagements am Rohstoffmarkt interessieren, könnten angesichts der stark gefallenen Preisniveaus versucht sein, jetzt einzusteigen. Wie sehen Sie die Lage?

Königbauer: Ob wir jetzt schon Einstiegskurse sehen, ist die Frage. Wir sind ein wenig zurückhaltend, weil zunächst die Handelsgespräche weitergehen sollten. China hat mit der Währungskarte einen Trumpf in der Hand. Sollte die aktuelle Phase der großen Unsicherheit weitergehen, und sollten die Chinesen versuchen, Trumps erhoffte Wiederwahl zu torpedieren und den Handelsstreit bis zur Wahl im November 2020 hinzuziehen, und damit eine Rezession in den USA verursachen, würde sich das Bild für Rohstoffe nochmals eintrüben.

Viele Vermögensverwalter gehen jedoch davon aus, dass Trump alles dafür tun wird, um vor der US-Präsidentschaftswahl zu einer Einigung zu kommen.

Königbauer: Auch wir sehen das so. Dennoch wird es nicht kurzfristig zu einer Einigung kommen. Trump versteht den Konflikt mit China zunehmend als Kräftemessen um die globale wirtschaftliche und in gewisser Weise auch kulturelle Vorherrschaft. Die Chinesen könnten sich herausgefordert fühlen, auch einmal länger Härte als eigentlich nötig zu zeigen. Das wird im Markt bereits diskutiert. Es gibt größere Asset Manager, die der Wahrscheinlichkeit, dass die Chinesen bis zur Wahl mauern, mehr als 50 Prozent zumessen. Rohstoffanleger stehen daher inmitten eines möglicherweise länger anhaltenden Kampfes der Kulturen.

Die längerfristige Zukunft für Rohstoffe dürfte jedoch angesichts der wachsenden Weltbevölkerung, etwa in den aufstrebenden Schwellenländern, vielversprechend aussehen. Welche Rohstoffe werden vor dem Hintergrund von sich allmählich herausbildenden Megatrends interessanter?

Amundi-Rohstoffexperte Joachim Rädler

Joachim Rädler: Rohstoffen kommt in Megatrends eine bedeutende Rolle zu. Eines der wichtigsten Zukunftsthemen ist die E-Mobilität. In diesen Bereich spielen auch Lithium, Nickel, Mangan und Kobalt hinein, denn Lithium-Ionen-Batterien sind weiterhin wichtigster Energiespeicher.

Dennoch sind die Aktien von Lithium-Minengesellschaften nach dem Tesla-Hype von vor einigen Jahren stark gefallen. Womit hängt das zusammen?

Rädler: Wir sind von einem extrem überteuerten Niveau auf ein angemessenes Preisniveau zurückgekommen. Zugleich hat der steigende Lithiumpreis aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach dem Metall zu einem Anziehen der Förderung geführt – was die Lithium-Preise deckelt. Aber auch hier fordert der Handelskonflikt seinen Tribut.

Interessant bleibt offenbar auch Wasserstoff, obwohl diese Antriebsform schon oft totgesagt wurde…

Rädler: …die Brennstoffzelle wird als Energielieferant der Zukunft eine große Rolle spielen. Viele Automobilbauer forschen hier intensiv. Die Brennstoffzelle löst zumindest theoretisch alle mit der Elektromobilität verbundenen Probleme: Das Auto fährt elektrisch und damit lokal emissionsfrei, das Tanken des nötigen Wasserstoffs dauert nur wenige Minuten. Insbesondere für den Einsatz innerhalb der Lkw-Sparten von Automobilherstellern oder in der Schifffahrt hat die Brennstoffzelle großen Charme, weil riesige Lithium-Ionen-Batterien in Lkws Reichweite kosten, und daher E-Mobilität nicht die erste Wahl sein dürfte.

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