Sven Stoll
26.04.2023

ETF der Woche Der älteste Aktienindex der Welt - verstaubtes Konstrukt oder immer noch einen Kauf wert?

Junge Frau mit US-Flagge posiert vor einem Wolkenkratzer in New York
Junge Frau mit US-Flagge posiert vor einem Wolkenkratzer in New York: Mit einem Indexfonds auf den US-Leitindex Dow Jones beteiligst du dich an den stärksten Unternehmen der Welt.
© Imago Images / Addictive Stock

Die Wall Street in New York City ist das bekannteste Finanzzentrum der Welt und beherbergt viele der größten und einflussreichsten Banken, Investmentgesellschaften und Börsenmakler. Sie blickt auf eine lange Tradition zurück und ist seit ihrer Gründung im Jahr 1792 zu einem wichtigen Symbol des globalen Kapitalismus avanciert.

Die berühmte New Yorker Straße beherbergt die größte Börse der Welt, die New York Stock Exchange, sowie zahlreiche andere wichtige Börsen und Handelsplattformen. Hier werden täglich Milliarden von Aktien, Anleihen, Derivaten und anderen Finanzinstrumenten gehandelt. Viele der weltweit wichtigsten Indizes wie der Dow Jones Industrial Average und der S&P 500 basieren auf Unternehmen, die an der New York Stock Exchange notiert sind.

Der Erfinder des Dow Jones

Charles Henry Dow wurde am 6. November 1851 in Sterling, Connecticut, als Farmerssohn geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters verließ Dow früh sein Elternhaus. Nach verschiedenen Versuchen, sich beruflich zu orientieren, wandte er sich im Alter von 21 Jahren dem Journalismus zu. Dow arbeitete zunächst für mehrere Regionalzeitungen an der amerikanischen Ostküste, wo er sich durch seine akribischen Recherchen schnell einen Namen machte.

Zum Finanzjournalismus fand er als Begleiter mehrerer Bankiers, die von der Ostküste in die Rocky Mountains reisten, um Silberminen zu inspizieren und Minenaktien zu bewerben. Dow erkannte, dass der beste Ort für einen amerikanischen Finanzjournalisten New York war, und wurde 1880 Mitarbeiter eines Informationsbüros an der Wall Street, welches Boten mit Nachrichten für Bankiers und Broker versorgte.

Im Jahr 1882 gründete Charles Henry Dow zusammen mit seinem Kollegen Edward Davis Jones eine eigene Nachrichtenagentur unter dem Namen „Dow, Jones & Company“. Kurz darauf kam der bekannte Journalist Charles Milford Bergstresser als dritter Partner hinzu. Spezialität der drei Redakteure war die neutrale Berichterstattung über die Börse.

 

Die Geschichte des Dow Jones

Die Idee zum „Dow Jones Industrial Average“, wie der Index mit vollem Namen heißt, entstand im Jahr 1884. In ersten Versuchen berechnete Dow die Durchschnittskurse von neun Eisenbahnaktien, einer Schifffahrtsaktie und der Aktie eines Telegrafenunternehmens. Am 26. Mai 1896 wurde der Dow-Jones-Index schließlich erstmals offiziell berechnet und veröffentlicht. In der ersten Version umfasste er zwölf amerikanische Unternehmen, vor allem aus den Bereichen Eisenbahn, Tabak, Zucker, Baumwolle sowie Öl und Gas. Bereits 1916 wurde die Zahl der Unternehmen auf 20 und 1928 auf 30 erhöht.

Der Index startete mit einem Stand von 40,94 Punkten und setzte sich zunächst nur aus diesen amerikanischen Unternehmen zusammen:

  • American Cotton Oil Company (später unter dem Namen Bestfoods bekannt)
  • American Sugar Company (später Amstar Holdings)
  • American Tobacco Company (später aufgeteilt in mehrere Unternehmen, darunter Philip Morris International und Altria Group)
  • Chicago Gas Company (später fusioniert mit Peoples Gas zur Peoples Gas Light & Coke Company)
  • Distilling & Cattle Feeding Company (später Millennium Chemicals)
  • General Electric Company
  • Laclede Gas Company
  • National Lead Company (später NL Industries)
  • North American Company (später El Paso Energy)
  • Tennessee Coal, Iron and Railroad Company (später U.S. Steel)
  • U.S. Leather Company
  • United States Rubber Company (später Uniroyal)

Die Besonderheiten des Dow Jones

Die allermeisten Indizes sind heute kapitalgewichtet, neben dem S&P 500 aus den USA als wichtigstem Aktienindex der Welt auch der Dax und die Dax-Familie. Das Gewicht einer Aktie richtet sich nach ihrem Börsenwert. Im Gegensatz dazu ist der Dow Jones bis heute ein preisgewichteter Index. Die Zusammensetzung des Dow Jones wird jedoch häufig kritisiert, da die Auswahl nach wie vor von einem Komitee des Wall Street Journal nach nicht vollständig nachvollziehbaren Kriterien erfolgt und somit nicht auf offiziellen, staatlichen oder wissenschaftlichen Begründungen beruht. Für die Berechnung werden ausschließlich die Kurse der einzelnen Aktien herangezogen, auch wenn der Börsenwert eines Unternehmens um ein Vielfaches höher liegt. Die Summe aller Kurse der Einzelwerte wird dann durch den Dow-Divisor geteilt. Dividenden, Sonderzahlungen und Bezugsrechte werden nicht berücksichtigt.

Im August 2020 verkündeten die Verantwortlichen eine kaum beachtete Entscheidung, die aber das Schicksal des ältesten Aktienindex der Welt maßgeblich beeinflussen sollte. Apple hatte damals mit einem Aktienkurs von rund 500 US-Dollar ein Indexgewicht von rund 12 Prozent. Doch dann kam der Aktiensplit im Verhältnis vier zu eins. Das Indexgewicht sank über Nacht auf 3 Prozent.

Der Indexanbieter versuchte, die Lücke im High-Tech-Bereich durch ein kräftiges Stühlerücken wieder zu schließen. Nachdem sich die Zusammensetzung des Index seit 1896 nur 57-mal geändert hatte, flogen im Sommer 2020 mit Exxon Mobil, Pfizer und dem Rüstungskonzern Raytheon gleich drei Aktien raus. Sie wurden durch Salesforce, Honeywell und Amgen ersetzt.

Im Nachhinein erwies sich der Tausch als schlechte Entscheidung, denn während die drei neuen Werte zusammen nur leicht zulegten, gewannen ExxonMobil-Aktien seither 160 Prozent und Raytheon-Aktien über 55 Prozent. Die Pfizer-Aktie legte immerhin noch um 17 Prozent zu. Das geschilderte Beispiel verdeutlicht die Willkürlichkeit der eigenwilligen Zusammenstellung. Dennoch gilt das Dino-Barometer als wichtiger Indikator für die Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft und ist aus der täglichen Börsenberichterstattung nicht wegzudenken. Es wird von Investoren auf der ganzen Welt verfolgt.

 

Weniger Schwankungen dank starker Präsenz von Traditionsunternehmen

Was man dem Dow Jones zugutehalten muss, ist, dass er geringere Schwankungen aufweist. Obwohl er nur aus 30 Aktien besteht, ist die Schwankungsbreite im Vergleich zu anderen Indizes im Allgemeinen niedriger. Das liegt daran, dass junge Wachstumsunternehmen tendenziell weniger vertreten sind, während alteingesessene Traditionsunternehmen eine starke Präsenz haben. Dies zahlt sich vor allem in schlechten Börsenjahren aus. So betrug das Minus des Dow Jones im schlechten Börsenjahr 2022 knapp 9 Prozent. Die Technologiebörse Nasdaq verlor dagegen 33 Prozent, der S&P 500 fast 20 Prozent.

Auch langfristig muss sich der Großvater der Aktienindizes nicht vor der Konkurrenz verstecken. Nur wenigen aktiven Managern gelingt es, das altehrwürdige Marktbarometer zu schlagen. Das zeigt ein Blick auf die vergangenen 20 Jahre. Hier punktet der Dow Jones mit einem Plus von 460 Prozent. Der Sektor-Durchschnitt aller Fonds, die sich auf Aktien aus den USA konzentrieren, schaffte im gleichen Zeitraum nur rund 400 Prozent. Noch besser wäre allerdings ein Investment in den S&P 500 mit einem Plus von 500 Prozent gewesen.

Anleger, denen geringere Schwankungen wichtig sind und die ihren Fokus auf die Old Economy legen wollen, können den US-Markt mit einem ETF auf den Dow Jones Industrial Average abdecken.

Das sind die Top Aktien im Dow-Jones-Index nach ihrer Wertentwicklung über 5 Jahre (Stand: 26.April 2023)

 

Quelle Fondsdaten: FWW 2024
  • Apple (plus 340 Prozent)
  • Microsoft (plus 235 Prozent)
  • Procter & Gamble (plus 140 Prozent)
  • United Health (plus 135 Prozent)
  • Merck (plus 125 Prozent)
  • Visa (plus 112 Prozent)
  • Nike (plus 111 Prozent)
  • McDonalds (plus 107 Prozent
  • Walmart (plus 97 Prozent)
  • Home Depot (plus 89 Prozent)
  • Salesforce (plus 84 Prozent)
  • American Express (plus 75 Prozent)
  • Caterpillar (plus 73 Prozent)
  • Coca-Cola (plus 67 Prozent)

Besser als Dax und MSCI World

Der Dow Jones ist nicht nur der älteste Aktienindex der Welt, sondern auch ein wichtiger Indikator für die amerikanische Wirtschaft und die globale Finanzwelt. Sein Erfinder Charles Dow gilt als Pionier des Finanzjournalismus und hat mit dem Dow Jones ein wichtiges Instrument zur Beobachtung und Analyse der Finanzmärkte geschaffen. Er enthält die 30 größten Unternehmen der USA. Aber nicht nur deshalb blicken Börsianer rund um den Erdball täglich auf den Dow Jones, auch in puncto Kursentwicklung ist der US-Leitindex immer einen Blick wert: In den vergangenen 15 Jahren übertraf der Dow Jones regelmäßig andere große Aktienindizes, unter anderem den deutschen Dax um 260 Prozent und den Weltaktienindex MSCI World um 138 Prozent. Und auch über zehn Jahre punktet der Index mit besseren Zahlen. Der Vorsprung zum Weltindex beträgt 49 Prozent, zum Dax mehr als 120 Prozent.

Der Kursverlauf des US-Barometers gilt zudem oft als Vorbote der Entwicklung an den Börsen rund um den Globus. Das heißt: Kursrückgänge und Kurserholungen finden in der Regel früher statt. Insbesondere dann, wenn ein Index, wie zum Beispiel der Dax, noch mit Kursrückgängen zu kämpfen hat, kann mit einer Investition in den amerikanischen Leitindex, wie zum Beispiel mit einem Dow Jones ETF, oft schon wieder eine Rendite erzielt werden. Für Anleger kann es sich daher durchaus lohnen, Dow Jones oder andere ETFs auf US-Indizes in das eigene Depot zu integrieren.

Vier Angebote für den Dow Jones: Welcher Fonds schneidet am besten ab?

Insgesamt bieten drei Anbieter (Amundi, iShares, DBV-Winthertur) Fonds und ETFs an, die den DJ Industrial Average Index abbilden. Hinsichtlich Kosten und Performance schneidet der ausschüttende Lyxor Dow Jones Industrial Average ETF sehr gut ab. Über einen Zeitraum von 20 Jahren liegt er mit einem Plus von insgesamt 458 Prozent vor dem iShares Dow Jones Industrial Average ETF, der eine Wertententwicklung von 416 Prozent aufweist. Beide wurden im Jahr 2001 aufgelegt.

Der älteste passive Fonds auf den Dow Jones stammt von der Versicherungsgesellschaft DBV-Winthertur. Der DBV-Win Fund Dow Jones Industrial Average wurde bereits im Juni 1999 aufgelegt. Allerdings zehren die jährlichen Kosten von 1,25 Prozent pro Jahr deutlich an der Rendite. Sie fällt im Vergleich zu den beiden ETFs über 20 Jahre mit plus 336 Prozent deutlich ab. Nicht ganz so neu ist der im März 2023 aufgelegte Amundi Pea Dow Jones Industrial Average ETF. Er wurde von Amundi nach der Übernahme von Lyxor Asset Management mit dem bestehenden Lyxor Dow Jones Industrial Average (ISIN: LU2572256662) verschmolzen. Der ETF nutzt die indirekte Replikationsmethode, um ein Engagement im Index aufzubauen. Die laufenden Kosten liegen bei 0,45 Prozent.

Wie sich die Dow-Jones ETFs über 20 Jahre gegenüber anderen Indizes wie dem S&P 500, dem Dax oder dem M-Dax schlagen, könnt ihr hier nachlesen!

Wie hat dir der Artikel gefallen?

Danke für deine Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
ETF-Guide Zur kompletten Übersicht
Gaming- und E-Sports-ETF: Sind die Branchen ein gutes Investment?
Frontier Markets: Renditechancen abseits der Welt-Indizes nutzen
Welche Vorteile bringt ein Sparplan mit sich?
Fünf bekannte Nachhaltigkeitsindizes im Schnellcheck
Mit diesem Rohstoff-ETF schürfst du alternative Renditen
Auch interessant
ETF der Woche No-Name-Indizes: Wie du mit dem billigsten Welt-ETF langfristig sparen kannst
Günstig, günstiger, Prime All Country World ETF. Der französische Vermögensverwalter Amundi hat ...
Hohe Risikoaufschläge, lange Duration Anleihen: Schwellenländer bleiben stark
Anleihen standen in der Vergangenheit nur selten im Fokus der Öffentlichkeit. Doch ...
Kurz reingehört „Bitcoin ist nicht nur eine Währung, es ist eine besondere Szene“
Warum junge Amerikaner in Krypto investieren und warum sie selbst bullish für ...
Mehr zum Thema
David Wenicker
iShares-Manager im Interview „Es ist wichtig, in Megatrends wie Clean Energy langfristig zu investieren“
Mit den iBonds traf iShares 2023 einen Nerv – auf einmal waren ...
Collage mit Celine Nadolny und Seiltänzer
Celine Nadolny Kolumne „Mein finanzielles Polster reicht mittlerweile über ein Jahr“
Celine Nadolny von „Book of Finance“ beschäftigt mittlerweile einige Mitarbeitende. Damit wächst ...
Endrit Çela (links) und Michael Duarte (v.l.)
Die Investmentbabos im Interview „Besonders gefährlich sind Begriffe wie die Wahrheit, mit Sicherheit oder ich weiß es“
Die Investmentbabos Michael Duarte und Endrit Çela plaudern in ihrem Podcast über ...
Jetzt Newsletter abonnieren
Hier findest du uns