Ninety-One-Stratege Michael Power
Drehscheibe der Globalisierung
Michael Power ist Marktstratege bei der Fondsgesellschaft Ninety One. Foto: Ninety One
Die Globalisierung wird mit Asien als Dreh- und Angelpunkt radikal neu ausgerichtet, ist Michael Power überzeugt. In seinem Gastbeitrag erklärt der Marktstratege von Ninety One, welche Folgen das für die Finanzwelt hat.
Wie einflussreich die asiatischen - und insbesondere die chinesischen - Kapitalmärkte bereits geworden sind, zeigt der Global Financial Centre Index 2020. In den Top 10 ist China mit vier Einträgen vertreten, die USA mit zwei und keine andere Nation mit mehr als einem. Regional gesehen hat Ostasien sechs Einträge, Amerika zwei und Europa zwei, von denen keiner innerhalb der EU liegt.
Bis zum Jahr 2030 werden Chinas Kapitalmärkte - obwohl sie keineswegs eine Kopie dessen sind, was heute im Westen als „Best Practice“ definiert wird - eine bekannte Größe sein: transparenter, besser reguliert und weniger bürokratisch als im Jahr 2021. Ausländische Investoren werden 2030 weit weniger Fragen...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Wie einflussreich die asiatischen - und insbesondere die chinesischen - Kapitalmärkte bereits geworden sind, zeigt der Global Financial Centre Index 2020. In den Top 10 ist China mit vier Einträgen vertreten, die USA mit zwei und keine andere Nation mit mehr als einem. Regional gesehen hat Ostasien sechs Einträge, Amerika zwei und Europa zwei, von denen keiner innerhalb der EU liegt.
Bis zum Jahr 2030 werden Chinas Kapitalmärkte - obwohl sie keineswegs eine Kopie dessen sind, was heute im Westen als „Best Practice“ definiert wird - eine bekannte Größe sein: transparenter, besser reguliert und weniger bürokratisch als im Jahr 2021. Ausländische Investoren werden 2030 weit weniger Fragen stellen wie „Kann ich den chinesischen Märkten vertrauen?“ . Das gilt ebenso für Indien. Auch der Renminbi und die Rupie werden bis dahin bekannte Größen sein, auch wenn sie die Vormachtstellung des US-Dollars in der Welt des Kapitals noch nicht ablösen konnten.
Eine Fähigkeit, die Investoren schon heute praktizieren, die aber im Jahr 2030 von größter Bedeutung sein wird, ist das Währungsmanagement. Parallel dazu werden Investoren auch der vergleichenden Länderrisikobewertung viel mehr Aufmerksamkeit schenken, als sie es heute schon tun.
Seit 1989 ging es bei der Globalisierung hauptsächlich um die Globalisierung des Handels und nur in geringerem Maße um die Globalisierung des Kapitals. Die große Ausnahme hiervon ist die anhaltende Bereitschaft der Nicht-US-Welt, US-Leistungsbilanzdefizite mit Kapitalströmen zu finanzieren. Das Ergebnis ist an den US-amerikanischen Anleihe- und Aktienmärkten sehr deutlich zu beobachten. Der US-Aktienmarkt befindet sich mittlerweile zu etwa 40 Prozent in ausländischer Hand. Daher ist es kaum verwunderlich, dass 55 Prozent der Unternehmen des MSCI ACWI amerikanisch sind, wenn man den Home Bias des US-Kapitals hinzunimmt.
Es gibt also neben der Verlagerung nach Osten noch einen weiteren Aspekt der neu ausgerichteten Globalisierung. Während der wahre Kern der Globalisierung in den letzten drei Jahrzehnten eher im Handel als im Kapital lag, wird sich das im kommenden Jahrzehnt ändern. Das Kapital strömt vor allem aus der Alten Welt in die Neue Welt - eine neue Welt mit Asien als Zentrum.
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Die eingangs diskutierte Frage, ob die Globalisierung tot sei, lässt sich verneinen. Ganz im Gegenteil: Jenseits des Westens glauben viele, dass sie sich einfach im Wandel befindet. Die Globalisierung, die von den USA beherrscht war, entwickelt sich zu einem neuen Handelsgefüge, in dessen Zentrum Asien steht. Globale Lieferketten werden zunehmend nicht mehr nur aus Asien heraus, sondern nach Asien hinein führen - und der Kontinent selbst wird sein größter Kunde sein. Da sich die Handelsströme wieder nach Osten verlagern, müssen Investoren die Auswirkungen auf die Kapitalströme sorgfältig abwägen.
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