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Verschuldung, Bewertungen und Cashflow Drei Gründe für einen optimistischen Blick auf Schwellenmärkte

Morgendämmerung in São Paulo, Brasilien
Morgendämmerung in São Paulo, Brasilien: Abgesehen von China ist die Verschuldung von Unternehmen und Privathaushalten in den Schwellenmärkten deutlich niedriger als in den entwickelten Ländern. | Foto: Imago Images / agefotostock

In den vergangenen zehn Jahren hat die Verschuldung weltweit zugenommen. Insbesondere Covid-19 hat zu einem dramatischen Anstieg der Staatsverschuldung in einigen Ländern geführt. Sieht man aber von China ab, ist die Verschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den Schwellenländern im Allgemeinen derzeit viel niedriger als in den Industrieländern – ein Grund für unsere optimistische Einschätzung ihrer Zukunftsaussichten: Wir der Meinung, dass die Schwellenländer noch viel Spielraum haben, um die Verschuldung weiter zu erhöhen, ohne dass dies nennenswerte negative Auswirkungen hätte.

Chetan Sehgal, Strategiechef
bei Franklin Templeton

Daraus ergeben sich strukturelle Chancen: Weil die Kreditquoten in Lateinamerika und den europäischen Schwellenländern im Verhältnis zum BIP weit niedriger sind als in den Industrieländern und den asiatischen Schwellenländern, bleiben ausgewählte Länder Lateinamerikas und des aufstrebenden Europa für viele Anleger trotz einiger Risiken aussichtsreich. Mexiko beispielsweise weist nach Angaben der Bank for International Settlements (BIS) eine Schuldenquote von weniger als 50 Prozent des BIP auf. In Brasilien liegt diese zwar bei 100 Prozent, ist aber immer noch erheblich niedriger als die vieler Industrieländer. Ähnlich verhält es sich in Osteuropa, wo die Verschuldung in der Türkei, in Ungarn und in Polen geringer ist als in Ländern wie Japan, Australien und Frankreich, wo die Schuldenquote bei mehr als 150 Prozent des BIP liegt.

Attraktive Bewertungen – vor allem in Lateinamerika und Osteuropa

Die Aktien der Schwellenländer sind ebenfalls attraktiv bewertet – ein weiterer Grund für unsere optimistische Einschätzung. Sie werden trotz des starken Wachstumspotenzials und des Spielraums bei der Kreditvergabe mit einem Abschlag gegenüber den Industrieländern gehandelt. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Schwellenländer, gemessen am MSCI Emerging Markets Index, liegt bei etwa 13, während die Aktien der Industrieländer, gemessen am MSCI World Index, ein KGV von etwa 19 aufweisen.

Die Bewertungen in Lateinamerika und Osteuropa sind sogar noch niedriger – und zwar nicht nur auf absoluter Basis, sondern auch im Verhältnis zur ländereigenen Kurshistorie. Dabei dürfte das rohstoffreiche Lateinamerika vom Rohstoffboom profitieren, der im Zuge der Erholung von der Pandemie stattfindet. Die Preise der meisten Rohstoffe sind gestiegen, was den Volkswirtschaften in dieser Region viel Geld in die Kassen spült. Brasilien zum Beispiel ist einer der weltweit führenden Eisenerzproduzenten. Außerdem versorgt das Land – ebenso wie Argentinien und Chile – die Welt mit Lithium, eines der wichtigsten Metalle für die Produktion von E-Auto-Batterien. Chile und Peru wiederum sind weltweit führend in der Produktion von Kupfer, das ebenfalls aufgrund des Ausbaus der Elektromobilität und der erneuerbaren Energien eine steigende Nachfrage verzeichnet.

Die osteuropäischen Länder sind ebenfalls wichtige Rohstoffproduzenten, etwa von Nickel und Aluminium sowie – im Fall von Russland – Öl und Gas. Ein großer Teil der Welt ist von den in Lateinamerika und Osteuropa produzierten Rohstoffen abhängig, was die entsprechenden Volkswirtschaften und Unternehmen beflügelt.

Verbesserte Cashflows

Die Cashflows sind ein weiterer Grund, warum wir verstärkt in den Schwellenländern investieren. In den vergangenen zehn Jahren waren diese in Bezug auf die Eigenkapitalrendite schlechter als in den Industrieländern. Seit einigen Jahren hat sich jedoch der Trend zur Verbesserung der freien Cashflows (sowohl in absoluten Zahlen als auch im Vergleich zu den Industrieländern) verstärkt, der sich im vergangenen Jahr nochmals beschleunigt hat. Die Unternehmen in den Schwellenländern erwirtschaften inzwischen wesentlich mehr freie Mittel als zuvor, da sowohl Rohstoff- als auch Technologie-Unternehmen (etwa im Bereich der Halbleiterindustrie) gute Ergebnisse erzielen. Wir sind der Meinung, dass die steigenden Cashflows letztendlich zu besseren Eigenkapitalrenditen für Schwellenländeraktien führen und wahrscheinlich deren Aufwertung bewirken werden.

Trotz der guten Gründe für Optimismus behalten wir aber auch die kurzfristigen Risiken im Blick. Die regulatorischen Neujustierungen in China haben Auswirkungen auf eine Reihe von Branchen, darunter Rohstoffe und Internet-Aktien. Dies beeinträchtigt die Ertragskraft in naher und möglicherweise auch weiterer Zukunft.

Und natürlich ringt die Welt immer noch mit Covid-19 und den hochansteckenden Virusvarianten. Wir hatten erwartet, dass mit steigenden Impfraten die Mobilität automatisch wieder zunehmen würde. Das ist jedoch nicht immer der Fall. In Singapur beispielsweise liegt die Impfquote inzwischen bei über 80 Prozent, aber die Inzidenz ist weiterhin hoch und viele Mobilitätsbeschränkungen sind noch in Kraft.

Insgesamt sind wir jedoch der Ansicht, dass die langfristigen Fundamentaldaten für die Schwellenländer trotz der derzeitigen Schwierigkeiten weiterhin aussichtsreich sind und dass Aktien Anlegern gutes Potenzial erschließen können. Auch wenn die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie möglicherweise gedämpfter ausfallen könnte als erwartet, bleibt das Wachstum auf einem historisch hohen Niveau, erscheinen die Bewertungen günstig und die Ertragsaussichten durch steigende Cashflows unterstützt.

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