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Anlagespezialist von BNY Mellon Investment Management Drei Mythen über Hochzinsanleihen

Experte Paul Benson von BNY Mellon Investment Management
Experte Paul Benson von BNY Mellon Investment Management: Unserer Ansicht nach zählen High-Yield Anleihen in den nächsten zwölf Monaten zu einer der wichtigsten Anlageklassen. | Foto: BNY Mellon

Hochzinsanleihen bringen Anlegern wieder ansehnliche Renditen. US-High Yield Anleihen mit einer Laufzeit von 3,6 Jahren rentieren aktuell bei rund 8,5 Prozent (Stand 30.04.2023). Anleger sollten in dem derzeit unsicheren Marktumfeld zwar vorsichtig sein, sich aber trotzdem nicht von hartnäckigen Vorurteilen gegenüber Hochzinsanleihen abschrecken lassen.

Mythos 1: Die Ausfallraten bei High Yield liegen zwischen 3 und 5 Prozent

Diese Wahrnehmung hat viel mit den Daten der Rating-Agenturen zu tun, deren Ausfallraten für Hochzinsanleihen durchschnittlich bei 3 bis 5 Prozent und in Krisenzeiten deutlich höher liegen (Abbildung 3). Die Analysen der Ratingagenturen basieren jedoch nicht nur auf den High-Yield-Indizes, sondern beziehen sich auf die Gesamtheit der Unternehmen, für die sie ein Kreditrating vergeben haben. Wir glauben jedoch, dass diese breiteren Ausfallstichproben für Top-Down-Analysen oder Modell-Berechnungen auf Makroebene brauchbar sind, aber nicht für eine Detailbetrachtung. Ein Klimaforscher beispielsweise würde sich auch nicht ausschließlich auf die globalen Durchschnittstemperaturen konzentrieren, um die Klimadynamik in der Arktis zu verstehen.

Tatsächlich lagen die Ausfallraten im Durchschnitt bei 1,5 Prozent pro Jahr. Der Bloomberg US High Yield Corporate Index hat in den letzten 15 Jahren sogar nur eine durchschnittliche Ausfallrate von 1,5 Prozent pro Jahr ausgewiesen (Abbildung 1).

Die Ausfallquoten bei Hochzinsanleihen sind niedriger als gedacht
Die Ausfallquoten bei Hochzinsanleihen sind niedriger als gedacht © BNY Mellon 

In der Vergangenheit musste es erst zu einer Finanzkrise 2008/2009 oder zur Pandemie im März 2020 kommen, damit die Ausfallraten in den USA auf 4 Prozent oder mehr stiegen. Im Jahr 2021 waren die Ausfallraten so niedrig wie seit 15 Jahren nicht mehr und erhöhten sich 2022 nur auf 0,7 Prozent, obwohl die Rezessionsrisiken gestiegen sind.

Wir gehen davon aus, dass die Ausfallraten sich innerhalb des historischen Rahmens bewegen werden. Selbst in krisenhaften Perioden der Vergangenheit zeigen die Daten, dass die Ausfälle weitaus geringer waren als die meisten erwarteten. Geht man von einer angenommenen Verwertungsquote (Recovery Rate) von rund 35 Prozent aus, was in der Vergangenheit als konservativ gegolten hat (Quelle: Moody’s, Dezember 2021), preisten die Risikoprämien für Hochzinsanleihen Ausfallrisiken ein, die den Anleger überkompensierten (Abbildung 2).

US High Yield Default Rates haben Ausfallrisiken kompensiert
US High Yield Default Rates haben Ausfallrisiken kompensiert © BNY Mellon 
Rating-Agenturen berichten über einen Anstieg der Ausfallraten bei hochverzinslichen Anleihen
Rating-Agenturen berichten über einen Anstieg der Ausfallraten bei hochverzinslichen Anleihen © BNY Mellon 

Mythos 2: Hochzinsanleihen sind anfällig für steigende Zinsen

Tatsächlich haben Hochzinsanleihen in einem Umfeld steigender Zinsen positive Renditen erzielt. Seit 2005 gab es sieben Zeiträume, in denen die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen um rund 1 Prozent oder mehr gestiegen sind. Die US-Hochzinsmärkte haben in jedem dieser sieben Zeiträume durchweg positive Gesamtrenditen erzielt (Abbildung 4). Im Durchschnitt erwirtschafteten Hochzinsanleihen von 2005 bis 2022 eine Rendite von fast 13 Prozent.

 

Grundsätzlich gilt, dass hochverzinsliche Anleihen ein geringeres Zinsrisiko (Duration) als Staatsanleihen oder Investment-Grade-Anleihen haben, da High-Yield Anleihen im Durchschnitt eine kürzere Laufzeit aufweisen. Darüber hinaus setzen sich die Renditen von Hochzinsanleihen größtenteils aus der Kreditspanne zusammen (Abbildung 5).

US High Yield Corporates erwirtschafteten positive Erträge in einem Umfeld steigender Renditen
US High Yield Corporates erwirtschafteten positive Erträge in einem Umfeld steigender Renditen © BNY Mellon 
Hochverzinsliche Anleihen wurden in der Vergangenheit stärker von den Credit Spreads als von den Zinssätzen beeinflusst
Hochverzinsliche Anleihen wurden in der Vergangenheit stärker von den Credit Spreads als von den Zinssätzen beeinflusst © BNY Mellon 

Das heißt, dass sich Veränderungen der Risikoaufschläge stärker auf die Renditen von Hochzinsanleihen auswirken und ausgewirkt haben als Veränderungen der Zinssätze. Dies ist besonders wichtig, weil Zinssätze und Risikoprämien in der Regel negativ korrelieren (Abbildung 6). Dies liegt daran, dass die Zentralbanken die Zinssätze normalerweise anheben, wenn die Wirtschaft wächst, was sich positiv auf die Unternehmensbilanzen und damit auf die Kreditspreads auswirkt.

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High Yield Credit Spreads korrelieren negativ mit den Renditen ihrer Referenzanleihen
High Yield Credit Spreads korrelieren negativ mit den Renditen ihrer Referenzanleihen © BNY Mellon 

Wenn also die Zinsen gestiegen sind, haben die Renditen aus der verringerten Risikoprämie die Verluste aus dem Zinsrisiko bei weitem übertroffen (Abbildung 7).

Positive Credit-Spread-Renditen übertrafen negative Zinsrenditen bei weitem
Positive Credit-Spread-Renditen übertrafen negative Zinsrenditen bei weitem © BNY Mellon 

Mythos 3: Liquidität ist knapp

Für die meisten Marktteilnehmer verschlechterte sich die Liquidität auf dem Markt für hochverzinsliche Anleihen nach der Finanzkrise von 2008 tatsächlich rapide, da neue Vorschriften für den Bankensektor in Kraft traten, die es für Market Maker weniger attraktiv machten, große Bestände an Anleihen in ihren Büchern zu halten.

Da Anleihen fast ausnahmslos außerbörslich gehandelt werden, und zwar eine Anleihe nach der anderen, wurde es schwieriger, Liquidität zu beschaffen, insbesondere in Zeiten von Marktkrisen, wenn die Zahl der Verkäufer die der Käufer überstieg, was die Kursschwankungen verstärkte.

Erfahrene Investoren können jedoch „versteckte Liquidität“ aus dem ETF-Ökosystem ziehen. Nach der Krise von 2008 entwickelte sich der Markt für festverzinsliche ETFs schnell und bot eine neue Quelle für die Liquidität im Anleihemarkt. Das führte unter anderem dazu, dass der Handel mit großen, maßgeschneiderten Anleihekörben zu relativ tiefen Handelskosten innerhalb weniger Stunden möglich wurde. Unserer Ansicht nach kann dies Anlegern helfen, Alpha bei kleineren und traditionell weniger liquiden Emittenten zu erzielen.

ETF-Ökosystem bietet Potenzial für hochliquide Basketgeschäfte
ETF-Ökosystem bietet Potenzial für hochliquide Basketgeschäfte: © BNY Mellon 

Unserer Ansicht nach zählen hochverzinsliche Unternehmensanleihen in den nächsten zwölf Monaten zu einer der wichtigsten Anlageklassen.

Obwohl die Weltwirtschaft mit einer Abschwächung oder sogar einer leichten Rezession zu kämpfen hat, sehen die Bilanzen der Unternehmen robust aus: Der Verschuldungsgrad liegt unter dem historischen Durchschnitt und die Barpositionen liegen darüber. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Unternehmensausfälle begrenzt sein dürften. Vor diesem Hintergrund ist die Rendite attraktiv, die Anleger mit Hochzinsanleihen erzielen können. Im Gegensatz zu Aktien, die sich in Wachstumsphasen am besten entwickelt haben, haben sich Hochzinsanleihen unter den gegebenen Umständen gut gehalten.

 

Darüber hinaus haben Hochzinsunternehmen starke Fundamentaldaten. Die meisten Hochzinsemittenten haben die niedrigen Zinsen der vergangenen Jahre genutzt, um ihre Bilanzen zu stärken und bestehende Schulden zu niedrigeren Zinsen zu refinanzieren. Dadurch hat sich die Laufzeitgrenze (siehe Abbildung 9) über ein Jahr hinaus verschoben, und ein Großteil des Hochzinsmarktes wird sich in naher Zukunft nicht refinanzieren müssen.

Die meisten High-Yield-Emittenten werden in naher Zukunft keinen Zugang zu den Schuldtitelmärkten benötigen © BNY Mellon 

Über den Autor: Paul Benson ist Portfoliomanager und Leiter Smart Beta Strategien bei BNY Mellon Investment Management

 

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