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Drohender Staatsbankrott Griechenlands Euro-Ausstieg wieder wahrscheinlich

Griechenland muss sich auf die Möglichkeit eines Staatsbankrotts und eines Ausschlusses aus dem Euroraum einstellen, wenn die Überprüfung seines Rettungsprogramms sich in den Juni und Juli hinzieht, warnen Vertreter der europäischen Gläubiger des Landes mit Blick auf den schleppenden Fortgang der Verhandlungen mit Ministerpräsident Alexis Tsipras.

Bislang sei in den Themenbereichen Alterspensionen, Steuerverwaltung und Haushaltslücken keine Einigung erzielt worden, sagten die europäischen Offiziellen, die sich Anonymität ausbaten. Themen wie notleidende Kredite und ein avisierter Privatisierungsfonds hielten die Gespräche auf, hieß es weiter. Ein Hindernis stelle auch der Internationale Währungsfonds dar.

IWF für Schuldenerleichterungen


Der IWF seinerseits ist nicht mit den Vorstellungen des Euroraums darüber einverstanden, wie Griechenland seinen Haushalt sanieren soll. Deutschland besteht darauf, dass der Fonds schlussendlich zustimmen muss, wenn der Rettungsplan umgesetzt werden soll, doch Vertreter des IWF suchen nach Wegen, Bundeskanzlerin Angela Merkel unter Druck zu setzen, damit sie Griechenland Schuldenerleichterungen gewährt. Das legt jedenfalls die angebliche Mitschrift eines Gesprächs nahe, die WikiLeaks am Samstag veröffentlichte.

Das am höchsten verschuldete Mitgliedsland des Euroraums entging vergangenen Juli um Haaresbreite dem Schicksal, aus der Währungsgemeinschaft hinausgedrängt zu werden. In letzter Minute einigten sich die einflussreichsten Politiker der Region auf ein drittes Rettungspaket für Griechenland.

Neue Forderungen

In der Öffentlichkeit haben Vertreter der europäischen Institutionen in jüngster Zeit die Aussichten für einen erfolgreichen Abschluss der Überprüfung optimistisch beurteilt. Dennoch gibt es auf allen Seiten Skeptiker, die bezweifeln, dass Griechenland die strengen Vorgaben für den Staatshaushalt erreichen kann – das Herzstück des Rettungspakets aus dem vergangenen Jahr. Diese Zweifel bekamen neue Nahrung als Syriza, die Partei des Regierungschefs, Verbündete verlor und Unterhändler des IWF die Europäische Kommission sowie die Europäische Zentralbank mit neuen Forderungen konfrontierten.

Neue Griechenlandkrise?


„Die Wahrscheinlichkeit einer neuen Griechenland-Krise in diesem Sommer ist aus meiner Sicht relativ hoch," sagte Carsten Brzeski, leitender Volkswirt bei der ING Diba in Frankfurt. „Das extrem langsame Tempo der Umsetzung, der Überprüfung, die abnehmende Beliebtheit von Syriza in den Meinungsumfragen und die nach wie vor nicht vorhandene Bereitschaft zur Schuldenerleichterung sorgen dafür, dass die nächste Krise schon im Entstehen begriffen ist. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie ausbricht."

Die Delegationsleiter der Kommission, der EZB und des IWF sollten am Samstag nach Athen zurückkehren, um die Arbeit an der Überprüfung des Rettungspakets wiederaufzunehmen. Ursprünglich sollte sie schon im vergangenen November abgeschlossen sein. Griechenland muss in naher Zukunft umfangreiche Zahlungen leisten – der Höhepunkt wird am 20. Juli erreicht, wenn 2,3 Milliarden Euro fällig wären. Die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem Hilfsprogramm mit einem Umfang von insgesamt 86 Milliarden Euro kann erst erfolgen, wenn die Gläubigerinstitutionen bestätigen, dass die Bedingungen erfüllt sind.

Drei IWF-Vertreter vertraten laut der auf der WikiLeaks-Internetseite veröffentlichten Mitschrift die Auffassung, es gebe drei Faktoren, die dazu beitragen könnten, Merkel zu zwingen, einer Schuldenerleichterung zuzustimmen: die im Juli fällige erwähnte Tilgungszahlung, die Flüchtlingskrise und die britische Volksabstimmung über einen Austritt aus der Europäischen Union. Ein Sprecher des IWF beantwortete die Bitte um eine Stellungnahme mit dem Hinweis, der Fonds kommentiere niemals Indiskretionen oder Meldungen über angebliche interne Debatten.

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