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Aktualisiert am 28.01.2020 - 13:35 Uhrin FinanzberatungLesedauer: 5 Minuten

DVFA: „Missverhältnis zwischen Anlageberatung und Vertriebsgespräch“

Peter König, DVFA
Peter König, DVFA

Hintergrund: Deutschland ist sowohl durch die Finanzkrise als auch durch Vorgaben der EU unter Druck, den Finanzberatungsmarkt stärker zu regulieren. Während im Versicherungsbereich mit der Umsetzung der Versicherungsvermittlerrichtlinie und der VVG-Reform eine umfassende Regulierung in Kraft ist, sind die Vermittlung von Investmentfonds und geschlossenen Fonds bislang noch weitgehend unreguliert.

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: Wie sollte Ihrer Ansicht nach eine sinnvolle Regulierung der Anlageberatung aussehen?

Peter König: Die Bandbreite, die der in der Branche nicht klar definierte Begriff „Anlageberatung“ derzeit abdeckt, ist enorm. Bevor man über die Regulierung und einen einheitlichen Standard spricht, sollte man daher zunächst genauer unterscheiden: Auf der einen Seite gibt es den einfachen Vertrieb von Anlageprodukten gegen Provision. Hier findet meist gar keine Anlageberatung im eigentlichen Sinn statt. Auf der anderen Seite haben wir die qualifizierte ganzheitliche Anlageberatung, die auch gegen Honorar stattfindet. Eine Unterscheidung zwischen diesen sehr unterschiedlichen Dienstleistungen würde schon das derzeit größte Missverständnis beseitigen: Die Kunden wüssten dann nämlich, wann sie beraten werden und wann ihnen ein Produkt verkauft wird.

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: Also eine Regulierung entlang der im Vertrieb praktizierten Vergütungsstruktur?

König: Nicht notwendigerweise, wir sollten Regulierung nicht strikt nach Vergütungsformen trennen, sondern vor allem nach qualitativen Ansprüchen an die Dienstleistung.  Eine qualitativ hochwertige Anlageberatung entspricht dann mehr dem Besuch bei einem Arzt oder Steuerberater als einem Verkaufsgespräch. Und jemand der eine sehr werthaltige Dienstleistung anbietet wird eher direkt entlohnt werden und nicht auf Umwegen über Produkte. Dazu müsste aber auch die Kategorisierung der Produkte anders gefasst werden.

DAS INVESTMENT.com: Inwiefern?

König: Die derzeitige Grundkategorisierung von Produkten ist alles andere als ausgereift. Viele Kunden ohne entsprechende Erfahrung beziehungsweise Risikoneigung dürfen keine Derivate erwerben. Wenn diese eins zu eins in einen Optionsschein oder in einem Zertifikat eingepackt sind, ist das auf einmal kein Problem mehr. Das darf nicht sein. Zukünftig sollten komplexe Produkte nur auf Basis einer ausführlichen Anlageberatung angeboten werden, unabhängig von ihrer Verpackung. Für ein einfaches Vertriebsgespräch sind dann eben nur einfache Produkte geeignet. Und die Vorstellung, die ganze Kapitalanlagewelt und alles was in einem Beratungsgespräch stattfindet, irgendwie in eine Risikoskala zwischen eins und zehn zu bringen, ist sehr gewagt. Es bedarf einer guten Anlageberatung, sonst ist eine Falschkategorisierung bereits vorprogrammiert.

DAS INVESTMENT.com: Für die Provisionsberater soll es also andere Anforderungen geben?

König: Natürlich muss es für alle Gespräche festgelegte Mindeststandards geben, dafür sind die derzeit gültigen Regeln aber völlig ausreichend. Eine qualifizierte Anlageberatung sollte dann aber höheren Anforderungen an die Erfassung der Kundenwünsche, an die Dokumentation des Gesprächs und an die Qualifikation der Berater genügen.

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