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Lukas Ahnert: „Es ist völlig klar für uns, dass nicht alle Produkte direkt profitabel sein können“ (Interview)

ETFs erfreuen sich großer Beliebtheit. Der Grundgedanke dahinter: Ein Index wird mehr oder weniger eins zu eins abgebildet. Doch was ganz einfach klingt, bedeutet mitunter jahrelange Vorbereitung. Besonders bei thematischen ETFs ist die Konstruktion von vielen Datenquellen abhängig. Wir haben unter anderem darüber mit Lukas Ahnert gesprochen, der sich als Produktverantwortlicher (Senior Passive Product Specialist, Index Strategy) bei DWS Xtrackers genau damit auseinandersetzt.
DAS INVESTMENT:Herr Ahnert, Sie sind Produktverantwortlicher bei DWS Xtrackers. Sie sagen, saubere Daten seien für Ihre Arbeit wichtig. Was genau heißt das eigentlich: saubere Daten?
Lukas Ahnert: Saubere Daten sind wichtig, da wir uns mit unseren Produkten in der passiven Welt bewegen. Grundlage für jeden ETF sind Indizes, die nach einem festgelegten Regelwerk funktionieren und zu gewissen Zeitpunkten sogenannte Rebalancings vornehmen. Zu diesen Umschichtungs-Zeitpunkten brauchen wir gute Informationen darüber, was in den Portfolien vorgeht und ob die darin enthaltenen Titel weiterhin relevant sind.
Dafür brauchen wir erstens qualitativ hochwertige Daten zu Unternehmen und zweitens ein sehr breites Universum an Daten. Denn mit unseren thematischen Strategien haben wir natürlich immer einen Fokus darauf, ein möglichst breites Anlage-Universum abzudecken. Wir streben je nach Lösung typischerweise zwischen 100 und 200 Titel an.
Wo befinden sich diese Daten, die Sie zur Bewertung beim Rebalancing nutzen?
Ahnert: Alle Indizes, die wir mit unseren thematischen ETFs abbilden, sind komplett individuell angepasst, also speziell für uns gebaut, in Zusammenarbeit mit dem Indexanbieter. Denn wie für jeden ETF gilt auch hier, dass wir den Index nicht selbst rechnen dürfen. Das muss eine externe Stelle machen, zum Beispiel MSCI oder Nasdaq. Das heißt auch, dass der eigentliche Datensatz beim Indexanbieter liegt. Aber wir sehen diesen natürlich und bewerten ihn ganz genau – wie gut dieser zum Beispiel verglichen mit dem ist, was ein anderer Anbieter in diesem Feld anzubieten hat. Das Wichtigste für uns ist beim ETF die Index- und die daraus resultierende Produkt-Konstruktion.
Wie regelmäßig wird bei den Indizes aktualisiert?
Ahnert: Halbjährlich bei thematischen Strategien. Da gibt es ein festes Datum, die sind auch alle schon weit in die Zukunft geplant. Unmittelbar vor dem Index-Rebalancing bekommen wir ein sogenanntes Preview-File, das zeigt, wie dieser Index künftig aussieht. Denn unsere Portfolio-Manager kümmern sich ja trotzdem noch um den Fonds. Und die müssen in der Lage sein, dieses geänderte Portfolio genaustens abzubilden.
Und welche Daten nutzen Sie für die Auswahl der Titel? Also welche Daten muss Ihnen der Indexanbieter liefern können?
Ahnert: Wir sind der Ansicht, dass wir erst dann in Titel investieren möchten, wenn wirklich starke Indizien für unternehmerischen Erfolg vorliegen. Sonst muss man mitunter sehr, sehr schnell wieder umschichten.
Deshalb legen wir bei thematischen Strategien unseren Fokus auf Patent-Daten und auf tatsächlich realisierte Umsätze der Unternehmen in dem Thema, das mit dem Index abgebildet werden soll. Dadurch steigen wir im Prozess vielleicht etwas später ein als ein aktiver Manager einen thematischen Titel auswählen würde.
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ETFs erfreuen sich großer Beliebtheit. Der Grundgedanke dahinter: Ein Index wird mehr oder weniger eins zu eins abgebildet. Doch was ganz einfach klingt, bedeutet mitunter jahrelange Vorbereitung. Besonders bei thematischen ETFs ist die Konstruktion von vielen Datenquellen abhängig. Wir haben unter anderem darüber mit Lukas Ahnert gesprochen, der sich als Produktverantwortlicher (Senior Passive Product Specialist, Index Strategy) bei DWS Xtrackers genau damit auseinandersetzt.
DAS INVESTMENT: Herr Ahnert, Sie sind Produktverantwortlicher bei DWS Xtrackers. Sie sagen, saubere Daten seien für Ihre Arbeit wichtig. Was genau heißt das eigentlich: saubere Daten?
Lukas Ahnert: Saubere Daten sind wichtig, da wir uns mit unseren Produkten in der passiven Welt bewegen. Grundlage für jeden ETF sind Indizes, die nach einem festgelegten Regelwerk funktionieren und zu gewissen Zeitpunkten sogenannte Rebalancings vornehmen. Zu diesen Umschichtungs-Zeitpunkten brauchen wir gute Informationen darüber, was in den Portfolien vorgeht und ob die darin enthaltenen Titel weiterhin relevant sind.
Dafür brauchen wir erstens qualitativ hochwertige Daten zu Unternehmen und zweitens ein sehr breites Universum an Daten. Denn mit unseren thematischen Strategien haben wir natürlich immer einen Fokus darauf, ein möglichst breites Anlage-Universum abzudecken. Wir streben je nach Lösung typischerweise zwischen 100 und 200 Titel an.
Wo befinden sich diese Daten, die Sie zur Bewertung beim Rebalancing nutzen?
Ahnert: Alle Indizes, die wir mit unseren thematischen ETFs abbilden, sind komplett individuell angepasst, also speziell für uns gebaut, in Zusammenarbeit mit dem Indexanbieter. Denn wie für jeden ETF gilt auch hier, dass wir den Index nicht selbst rechnen dürfen. Das muss eine externe Stelle machen, zum Beispiel MSCI oder Nasdaq. Das heißt auch, dass der eigentliche Datensatz beim Indexanbieter liegt. Aber wir sehen diesen natürlich und bewerten ihn ganz genau – wie gut dieser zum Beispiel verglichen mit dem ist, was ein anderer Anbieter in diesem Feld anzubieten hat. Das Wichtigste für uns ist beim ETF die Index- und die daraus resultierende Produkt-Konstruktion.
Wie regelmäßig wird bei den Indizes aktualisiert?
Ahnert: Halbjährlich bei thematischen Strategien. Da gibt es ein festes Datum, die sind auch alle schon weit in die Zukunft geplant. Unmittelbar vor dem Index-Rebalancing bekommen wir ein sogenanntes Preview-File, das zeigt, wie dieser Index künftig aussieht. Denn unsere Portfolio-Manager kümmern sich ja trotzdem noch um den Fonds. Und die müssen in der Lage sein, dieses geänderte Portfolio genaustens abzubilden.
Und welche Daten nutzen Sie für die Auswahl der Titel? Also welche Daten muss Ihnen der Indexanbieter liefern können?
Ahnert: Wir sind der Ansicht, dass wir erst dann in Titel investieren möchten, wenn wirklich starke Indizien für unternehmerischen Erfolg vorliegen. Sonst muss man mitunter sehr, sehr schnell wieder umschichten.
Deshalb legen wir bei thematischen Strategien unseren Fokus auf Patent-Daten und auf tatsächlich realisierte Umsätze der Unternehmen in dem Thema, das mit dem Index abgebildet werden soll. Dadurch steigen wir im Prozess vielleicht etwas später ein als ein aktiver Manager einen thematischen Titel auswählen würde.
Wie finden Sie denn heraus, dass das Unternehmen Umsätze in einem bestimmten Bereich erwirtschaftet?
Ahnert: Die Relevanz wird über sogenannte Keywords definiert. Das kann man sich wie eine große Wort-Wolke vorstellen – dort tauchen zum Beispiel alle Stichworte auf, die mit dem Bereich Internet der Zukunft zu tun haben. Sobald Umsätze damit assoziiert sind, werden diese zusammengezählt. Diese müssen 25 Prozent des Unternehmensumsatzes ausmachen, damit der Titel überhaupt für uns interessant ist.
Das heißt, der Fokus liegt dann dabei auf Qualitätsaktien, Growth oder Value? Oder kommt es darauf an?
Ahnert: Das kommt sehr stark auf das Thema an. Wir haben zwei große Stränge an thematischen Lösungen: Erstens sieben Produkte, die auf Innovation ausgerichtet sind. Hier werden Wachstums-Titel gekauft und da ist es dann typisch, dass ein Growth-Bias in diesen Portfolien besteht. Denn das ist genau das, was die Investoren damit suchen.
Und zweitens sogenannte SDG-Produkte, die darauf abzielen, in Unternehmen zu investieren, die schon heute einen bestimmten Beitrag zu den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen leisten. Auch das sind wieder sieben Produkte, aber der Fokus ist ein anderer. Hierbei geht es um die Geschäftsfelder, die schon heute einen Beitrag dazu leisten, die SDGs zu erreichen.
Trotzdem ist es natürlich noch eine thematische Investition – im Fokus stehen zum Beispiel Zugang zu sauberem Wasser, Energiesicherheit et cetera. Diese Lösungen sind in einem Portfolio zugänglich, das weniger diesen typischen Growth-Fokus hat, da man in Unternehmen investiert, die schon etwas „erwachsener“ sind. Deshalb stehen öfters Qualitäts- und Dividenden-Merkmale im Fokus. Insgesamt sind diese Produkte also wesentlich balancierter als ein typischer innovationsgetriebener ETF.
Würden Sie noch etwas weiter ausführen, was für Produkte es bei Ihren ETFs gibt? Sie nannten eben schon Themen wie Wasser und Energie?
Ahnert: Bei der Innovations-Reihe dreht sich natürlich erst mal viel um den Bereich KI und Big Data im weitesten Sinne. Und dann haben wir eine ganze Reihe an Produkten, die daran anknüpfen. Wir haben zum Beispiel ein separates Produkt für den Fintech-Bereich. Ein weiterer Themenblock ist Next-Generation-Internet. Zum Beispiel gibt es für China eine separate Lösung, die nur chinesische Tech-Trends als thematische Investitionen zugänglich macht.
Das klingt jetzt allerdings, als wären diese verschiedenen Produkte thematisch doch recht nah beieinander?
Ahnert: Ja, das sind sie derzeit auch, da gibt es gewisse Überlappungen. Für diese Einteilungen spricht aus unserer Sicht aber: Je erwachsener diese Themen werden, desto mehr werden sich die Portfolien mit der Zeit voneinander unterscheiden. Was heute also alles noch in dem KI-Feld enthalten ist, wird in fünf bis zehn Jahren sehr unterschiedlich aussehen. Aus diesem Grund lohnt es sich schon heute, all diese Produkte zu haben.
Weil sich dann einfach die Geschäftsmodelle der Firmen noch weiter diversifizieren oder spezialisieren?
Ahnert: Genau. Das ändert sich extrem schnell. Eines unserer ersten thematischen Produkte war auf den Bereich zukünftige Mobilität zugeschnitten. Der ETF wurde 2019 aufgelegt. Wenn wir das Portfolio heute mit dem von damals vergleichen, dann gab es einiges an Veränderung. Schlichtweg, weil sich dieses Thema gewandelt hat in den vergangenen fünf Jahren. Und das wird dann eben auch im Portfolio widergespiegelt. Daher erwarten wir, dass sich Bereiche wie Fintech wesentlich genauer ausprägen und nicht mehr nur die breite KI-Welle mit reiten, sondern ein eigenes Geschäftsfeld werden.
Wie finden sie überhaupt ein umfassendes Anlage-Thema?
Ahnert: Ich glaube, dass der Fokus immer die langfristige Wachstumsprognose sein sollte. Die muss gegeben sein. Da gibt es die unterschiedlichsten Industrieberichte, die man sich anschauen kann, um diese Themen besser zu verstehen. Und dann gab es auch viel, was wir in der Vergangenheit ausgeschlossen haben, weil die Themen noch nicht eindeutig genug für uns waren und dann eben nicht genug Titel mit sich bringen.
Können Sie ein Beispiel nennen, was Sie in der Vergangenheit schon ausgeschlossen haben?
Ahnert: Wasserstoff ist zum Beispiel ein ganz typisches Thema, weil es nicht genug Unternehmen gibt. Dabei sei erwähnt, dass bei uns der Fokus darauf liegt, immer die Wertschöpfungskette abzudecken. Das ist auch der große Vorteil von thematischen Lösungen, dass man möglichst breit über die Wertschöpfungskette hinweg investiert. Dennoch ist es trotz einer sehr breiten Sicht auf das Thema Wasserstoff schwer, ein Universum zu konstruieren, das eng genug mit diesem Spezialfeld verknüpft ist. Unternehmen mit Wasserstoffbezug bilden wir daher lieber als Teil unserer Lösung zu erneuerbarer Energie ab.
Wie genau gehen Sie vor, wenn Sie ein Anlage-Thema in einen ETF übertragen wollen?
Ahnert: Zuerst holen wir Meinungen von Investoren ein, ob diese sich vorstellen könnten, in ein bestimmtes Thema zu investieren. Für uns ist es extrem wichtig, dass wir Themen finden, die langfristige Wachstumstrends abbilden. Das hat die höchste Priorität.
Wenn wir dann die ersten Vorschläge der Index-Anbieter bekommen, wie das Portfolio nach unseren Anforderungen aktuell aussehen würde, sprechen wir uns auch mit unseren Kollegen aus dem aktiven Fondsmanagement ab und lassen deren geschulte Augen noch einmal darauf schauen. Das machen wir, um sicherzustellen, dass wir das Thema mit der richtigen Methodik aufgreifen und wir keine Unternehmen vermissen, die wichtig wären. Das alles findet noch weit vor dem Launch statt. Das sind oft Entwicklungs-Zyklen von zwölf bis 18 Monaten.
Wie beurteilen Sie denn die Zukunft von Themen-ETFs? Es hat ja 2023 recht viele Abflüsse aus diesem Bereich gegeben.
Ahnert: Zuerst würde ich da gerne unsere Denkweise klarstellen: Die thematischen Lösungen sind für uns eine Produkt-Serie. Wir schauen also nicht konstant auf die Einzelfonds, was zum Beispiel die Profitabilität oder die Zu- oder Abflüsse angeht. Sondern wir schauen auf das Gesamtspektrum und da gibt es bei uns ein sehr positives Bild über diese Lösungen hinweg.
Warum betrachten Sie Ihre Produkte auf diese Weise?
Ahnert: Unsere Erfahrung ist, dass es pro Jahr einzelne Treiber gibt, die besonders attraktiv und nachgefragt sind. Das hat der thematische Markt so an sich, dass eben nicht alle Themen gleichermaßen schnell wachsen können. Letztes Jahr war KI das große Thema und es gab sehr signifikante Zuflüsse in dem einen Produkt. Über den Rest der Palette hat sich weniger getan.
Beim KI-Thema hat es allerdings auch bis Ende 2022 gedauert, bis es richtig losging. Dieser ETF wurde bereits 2019 aufgelegt. 2023 war dann das erste richtige Wachstumsjahr des Fonds. Das zweite Produkt, das auch eine sehr lange Historie hat, ist der Future Mobility ETF.
Und deshalb ist das völlig klar für uns, dass nicht alle Produkte direkt wachsen und profitabel sein können. Da wir über die ganze Reihe hinweg kalkulieren, können wir die Fonds aber lange offen halten. Wir wissen, das sind Wachstums-Themen, da wird das Interesse kommen – es ist nur eben so, dass das am Markt manchmal sehr sporadisch ist und teilweise hin und her springt. Aber da die Entwicklungszyklen sehr lang sind, ist es trotzdem wichtig, diese Palette jetzt schon zu haben. Um dann in Zukunft die Zuflüsse, die wir in den Themenbereichen erwarten, auch abzugreifen.
Sind die Zielgruppe für diese Produkte eher Großinvestoren oder auch Retail?
Ahnert: Wir sehen beide Arten von Investoren in den Produkten. Ein Großteil der Zuflüsse kam in den letzten Monaten tatsächlich eher aus dem Retail-Bereich. Wir haben aber zunehmend auch Interesse von großen institutionellen Kunden. Diese kaufen die abgebildeten Indizes nicht zwangsläufig, weil sie unbedingt thematisches Exposure brauchen – sondern weil sie tatsächlich die Index-Methodik gut finden, die dahintersteht. Viele Investoren sehen es zum Beispiel positiv, dass unsere thematischen Indizes alle eine Einzeltitel-Kappung bei 4,5 Prozent haben. Also kein Titel kann mehr als 4,5 Prozent im Portfolio ausmachen.
Auch im Bereich KI?
Ahnert: Ja – auch dort sind aktuell Titel wie Nvidia oder Apple nur mit etwa 4,5 Prozent in dem Portfolio vertreten. Wenn man sich typische marktkapitalisierungsgewichtete Indizes anschaut, also zum Beispiel den Nasdaq 100 oder auch den MSCI USA Information Technology, dann sind diese und andere der sognannte Magnificent Seven deutlich höher vertreten. In letzterem machen Apple und Nvidia zum Beispiel zusammen über 30 Prozent aus.
Das ist kein wirklich diversifiziertes Portfolio mehr und manche Investoren stören sich an diesen Konzentrations-Risiken bei Indizes, die nach Marktkapitalisierung gewichtet sind. Sie nutzen eine thematische Allokation zusätzlich, um die Diversifikation zu steuern und weiterhin in diesem breiteren IT-Thema investiert zu sein. Aber auch, um von der hohen Gewichtung dieser Magnificent Seven wegzukommen.



