Eckpunktepapier des BMF Was heißt eigentlich „Vertriebsgesellschaften“?
„Deutliche Erleichterungen für Vermittler unter Haftungsdach einer Vertriebsgesellschaft“
Werden sich kleinere 34f-Vermittler-Betriebe, wenn sie unter Bafin-Aufsicht kommen, wohl eher eine Lizenz holen oder als vertraglich gebundene Vermittler einer Vertriebsgesellschaft anschließen?
Christian Waigel: Meiner Einschätzung nach werden sehr viele Vermittler die Möglichkeit nutzen, als vertraglich gebundene Vermittler unter der Haftung und für Rechnung einer Vertriebsgesellschaft tätig zu werden. Es ist eine kostengünstige und interessante Alternative zur eigenen Lizenzierung.
Wie wird sich das Vertriebssegment der Ex-34f-ler (und 34h-ler) dann verändern?
Waigel: Wir erwarten eine deutlichere Trennung nach Vertriebsgruppen. Nur noch größere Gewerbetreibende können eigenständig und unabhängig bleiben. Viele werden sich exklusiv an eine der Vertriebsgesellschaften andocken müssen; Doppelanbindungen an mehrere Pools oder Institute werden deutlich seltener (weil dann die eigenen Lizenzierung erforderlich ist) und die Vermittler müssen sich zu einem Pool/Vertriebsgesellschaft bekennen und können sich leider nicht mehr verschiedene Vermittlungs- und Abwicklungsmöglichkeiten offen halten. Das werden nur noch die Großen können.
Wird es wohl gesonderte Regeln für 34h-ler geben?
Waigel: Für die Honorar-Anlageberater wird es Sonderregelungen geben bzw. die bestehenden Sonderregelungen für diese werden aufrechterhalten und ein bisschen angepasst werden. Eigentlich war es immer der politische Wille, für dieses Segment Sonderregelungen zu schaffen und dem Anleger eine Alternative zur provisionsfinanzierten Beratung zu bieten.
Wird die Tätigkeit für einfache Vermittler, die sich einem anderen Vermittler anschließen und unter dessen Lizenz arbeiten, dann einfacher – weil viele umständliche Nachweise nicht mehr selbst zu erbringen sind und die Regeln etwas laxer als bei den traditionellen Haftungsdächern sind?
Waigel: Ich gehe von deutlichen Erleichterungen für Vermittler unter dem Haftungsdach einer Vertriebsgesellschaft aus. Schon das Wegfallen der Lizenzierung wird ihnen Kosten ersparen, z.B. für Zuverlässigkeitsnachweise, Prüfungen, Nachweise gegenüber der Bafin etc.
Werden „Vertriebsgesellschaften“ und die jetzigen Haftungsdächer sich dann gegenseitig Konkurrenz machen?
Waigel: Die Vertriebsgesellschaften und die jetzigen Haftungsdächer wird es nebeneinander geben. Der entscheidende Unterschied wird sein, dass die klassischen Haftungsdächer nicht nur auf Fonds und Vermögensanlagen beschränkt sind, sondern alle Arten von Wertpapiergattungen vermitteln können. Den jetzt vorgesehenen Vertriebsgesellschaften wird man nur die Möglichkeit zur Fondsvermittlung und einiger Vermögensanlagen einräumen.
Wie könnte sich das auf die großen Strukturvertriebe auswirken?
Waigel: Die Strukturvertriebe können ihren Vermittlern eine Tätigkeit unter der Vertriebsgesellschaft anbieten und damit ihren weit verzweigten Vertriebsnetzen die Möglichkeit einer eigenständigen Lizenzierung ersparen und Kostensynergien nutzen. Das ist für beide Seiten attraktiv und effizient. Dabei denkt die Politik aber sicher nicht nur an die Branche, sondern auch an die Bafin, die nach jetziger Ausstattung gar nicht in der Lage wäre, 37.000 Lizenzierungsverfahren abzuwickeln.
Könnte das Vorhaben „Bafin-Aufsicht für 34f- und h-ler“ noch ganz abgeblasen werden, falls die große Koalition auseinanderbricht?
Waigel: Wenn die große Koalition auseinanderbricht, ist das Vorhaben gestorben. Dann gibt es keine Mehrheit im Bundestag dafür.