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Aktualisiert am 27.01.2020 - 17:21 UhrLesedauer: 5 Minuten

„Ein Haftungsdach wäre nicht profitabel“

Marc Drießen
Marc Drießen (Foto: Kirsten Nijhof)

DAS INVESTMENT.com: Wie läuft der Vertrieb bei Hesse Newman Capital? Marc Drießen: Wir sind derzeit mit unserem Schiffsportfoliofonds Private Shipping I am Markt, bekommen jedoch die unverändert angespannte Marktlage durch die Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich zu spüren. Von unseren ursprünglichen Planzahlen für 2009, einer Platzierung von 80 bis 120 Millionen Euro, haben wir daher Abstand genommen. DAS INVESTMENT.com: Und wie viel davon haben Sie bislang platziert? Drießen: Noch nicht ein Drittel dessen, doch wir sind zuversichtlich, zum Jahresende bei rund 60 bis 70 Millionen Euro zu landen. Unsere Produkte werden derzeit über zwei Dutzend sehr produktive Vermittler platziert – und unsere Vertriebsstärke nimmt kontinuierlich zu: Allein zwischen Januar und April haben wir 50 neue Vertriebsanbindungen hinzugewonnen. DAS INVESTMENT.com: Im Zuge Ihrer Neuaufstellung gab es im vergangenen Jahr einige Schwierigkeiten mit Ex-Rothmann-Vertrieblern - unter anderem wegen der Bestandsprovisionen, die Sie gekürzt hatten. Sind diese Querelen überstanden? Drießen: Im Wesentlichen konnten wir alle Probleme einvernehmlich lösen. Im laufenden Geschäftsjahr gab es lediglich noch zwei Fälle, die wir klären mussten. DAS INVESTMENT.com: Stimmt es, dass Ihnen nur noch zwei Vertriebsleiter für das gesamte Deutschlandgeschäft geblieben sind? Drießen: Nein, für uns sind vier verantwortliche Vertriebsleiter im Einsatz. Das reicht auch völlig aus: Wir wollen mit Hesse Newman Capital evolutionär wachsen, also Schritt für Schritt. Ich kann keine nennenswerten Synergieeffekte erkennen, die in unserem Markt mit extremer Größe einhergehen. Ganz im Gegenteil: Extreme Größe bringt extreme Risiken und Nachteile mit sich, wie Sie an den spezifischen Schwierigkeiten erkennen können, in denen einige Emissionshäuser gegenwärtig stecken. DAS INVESTMENT.com: Sie hatten sich im vergangenen jahr vom FHR-Haftungsdach verabschiedet und planten, ein neues Haftungsdach an den Markt zu bringen. Das ist nicht mehr der Fall. Welche Argumente sprachen dagegen? Drießen: Mit den marktüblichen und von Vertriebspartnern akzeptierten Provisionen ist in diesem Feld nicht profitabel zu agieren. Nehmen Sie allein die aufwendige Produktprüfung: Unser interner Prospektcheck eines geschlossenen Fonds benötigt rund vier Manntage. Und von den intensiv geprüften Fonds kommen wiederum nur einige wenige für einen Vertriebsstart wirklich in Frage. Wir haben uns von diesem Geschäftsmodell daher vollständig verabschiedet. Unseren Vertriebspartnern hatten wir zwischenzeitlich allein eine Übergangslösung angeboten, gemeinsam mit Brem, Neff & Partner. DAS INVESTMENT.com: Und mit welchen Fonds wollen Sie noch in diesem Jahr starten? Drießen: In Kürze mit einem Zweitmarkt-Schiffsfonds, dem Hesse Newman Shipping Opportunity. Die Auswahl der Beteiligungen übernimmt die von uns jüngst gegründete Hesse Newman Zweitmarkt AG. In diesem Marktsegment gibt es gegenwärtig so günstige Einstiegsmöglichkeiten wie seit 25 Jahren nicht mehr. Die Schiffs- und damit auch die Anteilspreise sind auf historischem Tief. Dort wollen wir einen antizyklischen Einstieg bieten – und auch bei der Fondskonzeption neue Wege gehen. DAS INVESTMENT.com: Inwiefern? Drießen: Die Weichkosten betragen bei diesem Fonds lediglich 12 Prozent inklusive Agio, womit wir eine Investitionsquote von 93 Prozent erreichen. Auch in den laufenden Kosten liegen wir mit rund einem Prozent auf das investierte Kapital sehr günstig und sogar unter den Gebühren, die üblicherweise für das Management eines Aktienfonds anfallen. Das ist im Marktvergleich extrem gut. Das Emissionshaus und der Vertrieb werden nur dann belohnt, wenn sich der Fonds gut entwickelt: Der Kunde erhält eine Vorzugsauszahlung von 7,5 Prozent, erst danach   vereinnahmen Vertrieb und Emissionshaus ein Viertel. Für uns ist dies ein Zukunftsmodell für geschlossene Fonds. Es bietet fairen Kundennutzen, da Vertrieb und Emissionshaus gleichgerichtete Interessen mit dem bevorrechtigten Kunden haben. Darüber hinaus machen erfolgsabhängige Vergütungen auch vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung zur Offenlegung von Provisionen viel Sinn. DAS INVESTMENT.com: Keine große Zukunft hatte allerdings Ihr Aurelius-Fonds, der in sogenannte Collateralized Loan Obligations investiert hat, also in verbriefte Kredite von notleidenden Unternehmen. Drießen: Ja, hier war angesichts einer unvorhersehbaren Entwicklung am Kapitalmarkt eine schnelle und klare Fondsmanagement-Entscheidung gefragt. Wir haben den Fonds aufgelöst. Denn durch die einsetzende Finanzkrise war die Kapitalsicherungskomponente aufgrund rapide sinkender Zinsen nicht mehr darstellbar. Aber man muss sagen, dass die saubere Abwicklung des Fonds eine sehr positive Außenwirkung für uns gehabt hat. Die Anleger haben nichts verloren, sondern Ihre Einlage zuzüglich einer Verzinsung von 5 Prozent zurückerhalten. Die Vertriebe konnten trotz Rückabwicklung die Provision behalten. Wir haben die Kosten in deutlich siebenstelliger Höhe vollständig übernommen. DAS INVESTMENT.com: Ist es in dieser Zeit von Vorteil, dass die Hesse Newman Bank an Grenke Leasing verkauft werden konnte? Dieser Partner könnte gegebenenfalls bei Belastungen wie wackligen Zwischenfinanzierungen und Platzierungsgarantien einspringen. Drießen: Nein, die neue Grenke Bank ist absolut eigenständig. Sie hat keinerlei Finanzierungen für unsere Fonds oder das Emissionshauses übernommen. Im Übrigen gibt es bei uns derzeit lediglich Risiken aus Platzierungsgarantien von weniger als drei Millionen Euro. DAS INVESTMENT.com: Sie haben auch einen Fonds in Vorbereitung, der deutsche Lebensversicherungen auf dem Zweitmarkt kaufen soll. Zweitmarktpolicen-Fonds erwiesen sich zwischenzeitlich aber als wenig tragfähiges Geschäftsmodell, einige Fonds mussten wegen drohender Insolvenz abgewickelt werden. Dafür war insbesondere ein hoher Fremdkapitalhebel verantwortlich. Wie lösen Sie dieses Problem? Drießen: Prinzipiell ist ein Fonds, der in deutsche Zweitmarktpolicen investiert, ein sehr sicheres Investment. Die Versicherungsgesellschaften geben im Vorjahr die Verzinsung für das Folgejahr bekannt. Zurzeit liegt diese Im Schnitt bei 4 bis 4,5 Prozent, davon sind sogar zirka 3,5 Prozent garantiert, eine Finanzierung können Sie im Gegenzug zum Zins von 2,5 Prozent darstellen. Damit ist ein Fremdkapitalhebel nicht das eigentliche Problem. Doch die gescheiterten Fonds, auf die Sie anspielen, hatten die Policen vergleichsweise teuer eingekauft und sahen vergleichweise hohe Weichkosten vor. In der Regel waren durch einen Kaufpreisaufschlag von knapp 5 Prozent und Weichkosten von 15 Prozent rund 20 Prozent des Fondskapitals im Risiko. Wenn dann die Überschussbeteiligungen sinken, das Fremdkapital aber auf zu hohem Niveau langfristig festgeschrieben ist, bekommt die Finanzierung schwere Schlagseite. Weiter wichtig ist, dass Sie den Policenbestand laufend checken und optimieren müssen. Eine Buy-and-hold-Strategie ist auf keinen Fall mehr das Gebot der Stunde. DAS INVESTMENT.com: Inwiefern bringt Ihr Aufsichtsratschef Klaus Mutschler, der seinerzeit den Policen-Zweitmarkthändler Cash Life gegründet hat, sein Know-how mit ein? Drießen: Klaus Mutschler hat bei der Fondskonzeption mitgewirkt und ist im Übrigen auch mit im Risiko: Er stellt immerhin die Hälfte des Eigenkapitals des Fonds. DAS INVESTMENT.com: Was ist aus den Projekten geworden, die im vergangenen Jahr im Gespräch waren - etwa ein USA- oder Kanada-Immobilienfonds oder ein Regenerative-Energien-Angebot? Drießen: Wir haben für einen US-Fonds den Markt lange sondiert, haben uns aber letztlich gegen die involvierten Partner entschieden. Die umfangreiche Prüfung dieser hat sich im Nachhinein als richtig herausgestellt, da diese zwischenzeitlich ins Chapter 11 gegangen sind. Ein Immobilien-Engagement in den USA oder Kanada wird sicherlich noch ein Weilchen dauern. Bei den Erneuerbaren Energien dürfte es schneller gehen. Dort planen wir, in der zweiten Jahreshälfte mit einem Beteiligungsangebot zu starten. Personell haben wir uns dafür schon aufgestellt, jetzt fehlt nur noch das richtige Produkt.

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