MFS-Stratege Robert M. Almeida
Ein Jahr wie kein anderes
Aktualisiert am 30.09.2021 - 12:50 Uhr
Robert Almeida ist als Stratege beim Vermögensverwalter MFS Investment Management tätig. Foto: MFS IM
So enorme Aufschwünge wie aktuell gab es auf den Aktienmärkten vor Corona erst fünfmal, sagt MFS-Chef-Stratege Robert M. Almeida, und zwar ausschließlich während der Großen Depression in den 1930ern. Das lässt den derzeitigen Bullenmarkt noch extremer erscheinen.
Am 23. März 2021 jährte sich der Tiefpunkt des US-amerikanischen S&P-500-Aktienindex. Seitdem hat dieser wieder um 77 Prozent zugelegt. Wagen wir einen Blick nach vorn. Mit Daten von Bernstein Research haben wir für jeden Monatsultimo seit 1882 den Ertrag der jeweils letzten zwölf Monate berechnet. Dann haben wir die Zwölfmonatserträge gruppiert (Abbildung 1). Wie außergewöhnlich war also das zurückliegende Jahr? Es war extrem!
Abbildung 1: Das gab es nicht oft
12-Monats-Erträge von mehr als 75 Prozent gab es vor Corona genau fünfmal, und zwar ausschließlich während der Großen Depression in den 1930ern. Auch damals hatte der Staat massiv interveniert....
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Am 23. März 2021 jährte sich der Tiefpunkt des US-amerikanischen S&P-500-Aktienindex. Seitdem hat dieser wieder um 77 Prozent zugelegt. Wagen wir einen Blick nach vorn. Mit Daten von Bernstein Research haben wir für jeden Monatsultimo seit 1882 den Ertrag der jeweils letzten zwölf Monate berechnet. Dann haben wir die Zwölfmonatserträge gruppiert (Abbildung 1). Wie außergewöhnlich war also das zurückliegende Jahr? Es war extrem!
Abbildung 1: Das gab es nicht oft
12-Monats-Erträge von mehr als 75 Prozent gab es vor Corona genau fünfmal, und zwar ausschließlich während der Großen Depression in den 1930ern. Auch damals hatte der Staat massiv interveniert. Das Besondere an der Antwort auf Corona ist, wie schnell die US-Wirtschaft die Rezession hinter sich ließ, als die Fed die Kreditrisiken begrenzte.
Märkte mögen kurzsichtig sein, aber sie sind nicht dumm
Finanzmärkte sind Diskontierungsmaschinen. Scheinbar wichtige Faktoren wie eine hohe Arbeitslosigkeit werden ignoriert. Stattdessen fokussieren sie sich auf das, was wirklich zählt, etwa auf die Höhe des freien Cashflows. In den Monaten vor Roosevelts New Deal ließen sich die Investoren durch Krise und Depression nicht irritieren, erwarteten sie doch für 1934 eine Wachstumsexplosion.
Tatsächlich folgte eine starke, aber auch kurze Erholung. Als 1937 die ersten Maßnahmen des New Deal ausliefen, machte das hohe Haushaltsdefizit Sorgen. Die Staatsausgaben wurden gekürzt, und die Wirtschaft schrumpfte wieder. Auch damit hatte man an den Märkten gerechnet. Entsprechend groß waren in den 1930ern die Schwankungen.
Zurück zur Gegenwart: Nach dem Tiefpunkt im März 2020 legten zunächst die Aktienkurse von Unternehmen zu, die von den Kontaktbeschränkungen profitieren – etwa Streamingdienste oder Videokonferenzanbieter. Mehr und mehr machte dann aber die Verunsicherung durch das Virus der Hoffnung auf eine kräftige Erholung der US-Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte 2021 Platz.
Die Investoren änderten ihren Fokus und schichteten um – aus Unternehmen mit dauerhaft hohen freien Cashflows, die ihr Schicksal weitgehend selbst in der Hand haben, in besonders konjunktursensitive Aktien und Credits. Jetzt waren Zykliker gefragt.
Große Mehrerträge hoch verschuldeter Unternehmen mit eher geringer Kreditqualität sind typisch für den Beginn eines Marktzyklus. Aber auch unabhängig davon schätzt der Markt in solchen Zeiten die konjunktursensitivsten Titel oft am meisten. So war es auch die beiden letzten Male, nach dem Zusammenbruch der Dotcom-Blase und nach der internationalen Finanzkrise. Schon oft habe ich geschrieben, dass mir die Sicht des Marktes nicht gleichgültig ist.
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