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Rentenmarkt „Das Ende des Zyklus ist fast eine Gewissheit“

Die starke Performance der Risikoaktiva im ersten Quartal wurde durch den jüngsten Umschwung der Zentralbanken vorangetrieben. Das Federal Open Market Committee (FOMC), der Offenmarktausschuss der US-amerikanischen Notenbank Federal Reserve Bank (Fed), bestätigte, dass er bereit ist, bei weiteren Zinserhöhungen geduldig zu sein, wobei im Wesentlichen nur eine Vorhersage für 2020 erwartet wird.

Dies wiederum verbindet sich mit geopolitischen und anderen Faktoren, die die Angst der Anleger hinsichtlich der makroökonomischen Aussichten erhöhen, und dies macht eine überdimensionale Reaktion oder sogar eine Überreaktion auf eventuell auftretende schlechte Nachrichten wahrscheinlicher. 

Für Anleger gibt es Wege, durch diese Zeit der Unsicherheit zu navigieren, selbst wenn der FOMC seiner Vorhersage treu bleibt und wiederum zu einer geldpolitischen Straffung zurückkehrt. 

Bedrohung durch höhere Zinsen 

Charles Diebel, Mediolanum

Historisch gesehen hat die Bedrohung durch höhere Zinsen die Märkte auf Trab und wiederum relativ defensiv hinsichtlich der Positionierung gehalten. Ein entscheidender Unterschied ist diesmal, dass wir uns derzeit am Ende des Zyklus befinden, und dies macht solche Ängste bedeutender. Kurz gesagt, das Ende des Zyklus ist fast eine Gewissheit, die entscheidende Frage ist, wann. 

Da die Risikoaktiva stark abschneiden, werden die monetären Bedingungen gelockert, was wiederum zu weiteren Maßnahmen der Fed führen kann. Viele befürchten nicht nur eine Straffung der US-Geldpolitik, sondern auch eine Straffung, die zu weit geht. Eine solche Entwicklung wäre zu normalen Zeiten nicht erwünscht, besonders aber nicht jetzt, wenn die Märkte besonders empfindlich auf Störungen reagieren. 

Das Bewertungsniveau ist im historischen Vergleich relativ hoch, und wenn sich die Vermögenswerte gut entwickeln, fühlen sich die Anleger fast gezwungen, die Rallye mitzumachen, selbst wenn sie tief im Inneren daran glauben, dass die Rallye nicht viel zu bieten hat. Sie haben spät gekauft, zu einer Zeit, als sie höchstwahrscheinlich nicht das Vertrauen darin hatten, dass der Zyklus viel weiter andauern würde, und dies bedeutet, dass eine schnelle Wende auf dem Markt sie sehr ungeschützt dastehen ließe. 

Viele potenzielle Katalysatoren 

Unabhängig von der Geldpolitik gibt es viele potenzielle Katalysatoren für Störungen. Im Bereich des politischen Risikos beispielsweise tragen auch der Brexit-Prozess und politische Spannungen in Italien zur Nervosität der Anleger bei. 

Die erneute Zuversicht, dass der Zyklus noch lange nicht vorbei ist, würde die Nerven beruhigen. Die USA haben mit den Steuersenkungen von Präsident Donald Trump bereits einen Schub erlebt, der den Zyklus verlängert hat. Eine weitere Lockerung der amerikanischen Steuerpolitik könnte den Zyklus verlängern, ebenso wie ein Handelsabkommen oder eine expansive Wirtschaftspolitik in China. 

Im Allgemeinen haben sich die Zentralbanker in den letzten Jahren relativ flink gezeigt, indem sie auf Ereignisse geschickt reagiert und ihren Politikkurs geändert haben.

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Zyklen sterben an Altersschwäche 

Alle Zyklen sterben jedoch an Altersschwäche. Sie können mehrmals verlängert werden, aber die Exzesse, die während des Aufschwungs entstanden sind, erfordern eine Korrektur, und es ist am besten, sich jetzt auf diese Möglichkeit vorzubereiten. Ein guter Ausgangspunkt ist, das Risiko als Spektrum zu betrachten und sich nicht nur auf einzelne Anlageklassen zu konzentrieren. 

In der Vergangenheit waren verschiedene Anlageklassen bei festverzinslichen Wertpapieren in getrennten Sparten angesiedelt: Hochzinsanleihen, Investment-Grade-Anleihen, Staatsanleihen und so weiter. Da es derzeit weltweit so viele Variable gibt, ist es sinnvoll, Risiken ganzheitlich zu betrachten und dementsprechend Anlageentscheidungen zu treffen. 

Sofern das richtige Research durchgeführt wurde, wäre es beispielsweise möglich, das Engagement in US-amerikanischen Hochzinsanleihen in aufstrebenden Märkten wie Südafrika oder Indonesien zu replizieren. Dies würde zwar mit sich bringen, ein Währungsrisiko einzugehen, aber es bietet zugleich ein Engagement mit einem Risikoprofil, das sich von dem unterscheidet, das die US-Wirtschaft und Zinssätze beinhaltet. 

Traditionelle Klassifizierungen 

Alles führt zurück zur Diversifizierung. Traditionelle Klassifizierungen werden aufgelöst und ermöglichen Anlegern, unabhängig von der jeweiligen Kategorie die besten volatilitätsbereinigten Renditen zu finden. In Bezug auf bestimmte Sektoren müssen sich Anleger von den Unternehmen abwenden, die empfindlicher auf den Zinszyklus reagieren, und sich defensiven antizyklischen Unternehmen wie Pharmazeutika und Versorger zuzuwenden. Industrieunternehmen sollten sich relativ gut entwickeln, vorausgesetzt, sie haben wenig Fremdkapital und werden gut geführt. 

Finanzwerte werden normalerweise vermieden, wenn ein Abschwung droht, aber da Finanzdienstleistungen im Zuge der Krise so stark reguliert sind, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie in einem Abschwung größere Probleme haben werden. Im Gegensatz dazu sollten Technologie- und Kommunikationsunternehmen angesichts des aktuellen Bewertungsniveaus mit Vorsicht behandelt werden. Insgesamt ist eine effektive Diversifizierung mit einem verstärkten Fokus auf Qualität von entscheidender Bedeutung. 

Irgendwann ist eine Korrektur unvermeidlich, die sich jedoch nicht als heftiger Abschwung erweisen muss, wie dies in den Jahren 1929 und 2008 der Fall war. In der Tat würden wir bei den derzeit verfügbaren Kennzahlen erwarten, dass der nächste Abschwung in Umfang und Größenordnung relativ moderat sein wird. 

Korrektur wird zeitlich verschoben 

Wir schließen unsere Analyse mit zwei Punkten zur Vorsicht:

Zum Ersten: Je länger eine solche Korrektur verschoben wird, desto gravierender ist sie wahrscheinlich. 
Zum Zweiten: Sollte es zu einem schwerwiegenden Abschwung wie etwa in 2008 kommen, wie würden die politischen Entscheidungsträger reagieren, da die außergewöhnlichen Bedingungen, die nach dem letzten Abschwung geschaffen wurden, sich nur langsam wieder normalisieren? 

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