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Mylife zu Kosten privater Altersvorsorge Ein Provisionsdeckel ist keine Lösung

Bundesfinanzminister und Staatssekretär
Bundesfinanzminister Olaf Scholz, SPD, und Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium: Die SPD plant weitere provisionsbegrenzende Schritte, möglicherweise auch bei Lebensversicherungen. | Foto: imago images / photothek
Jens Arndt, Vorstandsvorsitzender der Mylife Lebensversicherung

Niedrigzinsen und ein durch die möglichen Folgen der Corona-Pandemie verunsicherter Wirtschaftsausblick erschweren die private Altersvorsorge. Zusätzlich können hohe Kosten schmerzhaft an den Erträgen zehren. Das ist das Ergebnis einer Studie der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (Eiopa), die als Schlussfolgerung strengere Regeln für Produktkosten fordert. Daher wird es aktuell – auch mit Blick auf den September – wieder politisch diskutiert. Nachdem bereits eine Deckelung der Provisionen bei Restschuldversicherungen beschlossen wurde, haben einige Parteien die Vertriebsprovisionen bei Lebensversicherungen auf die politische Agenda gesetzt. Doch wodurch entstehen hohe Kosten, wie wirken sich aus und wie können sie reduziert werden? Und wie wird es auf dem Markt für private Altersvorsorge weitergehen?

Die Kosten müssen transparent, die Produkte flexibel sein

Auf die Kosten zu achten, ist durchaus richtig. Denn häufig fehlt es hier an Transparenz. Wenn die Abschlusskosten aus den Beiträgen finanziert werden, die der Kunde von Beginn an zahlt, kommt erst nach einigen Jahren allmählich mehr Geld im Sparvolumen an. Das wirkt sich entsprechend nachteilig auf den Vermögensaufbau aus. Vielen Kunden ist das nicht bewusst – und in den Unterlagen ist die Information für den, der sich nicht regelmäßig damit beschäftigt, oft nicht so leicht auffindbar. Daher müssen Kosten transparent gegenüber dem Kunden kommuniziert werden.

Ein wichtiger Kostenfaktor sind zudem Vertragsänderungen. Fest steht: Flexibilität bei der Altersvorsorge muss heute mehr denn je gegeben sein. Das zeigt sich nicht nur in der Corona-Pandemie, wo Menschen unter Einkommenseinbußen leiden und beispielsweise ihre Beiträge verringern müssen. Auch ohne Corona sollten Kunden während der Vertragslaufzeit flexibel und kostenfrei Beitragsanpassungen, -pausen, Zuzahlungen oder Teilauszahlungen vornehmen können, wenn sich Bedürfnisse, Wünsche und Lebensumstände ändern, aber auch die Anlagepräferenzen.

Kosten sparen durch Digitalisierung und Automatisierung

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Doch diese Flexibilität kostet in der Regel Geld. Wie reduziert man also die Kosten? Durch Digitalisierung und Automatisierung lassen sich Produktkosten langfristig reduzieren und die Einsparungen können an Kunden weitergegeben werden. Hier haben jene Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil, die ihre Abläufe und Prozesse verschlankt und technisch zukunftsweisend aufgestellt haben – was manch etablierten Versicherern aufgrund ihrer komplexen Strukturen noch schwerfällt. Dabei kommt man als Versicherer nicht um Kostenreduzierungen herum, denn man plant langfristig und muss langlaufende Verträge garantieren – unabhängig von Inflation, Regulierung oder Marktsituation. Viele Dienstleistungen sind heute digital möglich, etwa bei der Vertragsverwaltung oder im Kundenservice. Dabei gilt es, die richtige Balance zwischen Digitalisierung und Individualisierung zu finden, vor allem bei IT-unterstützen Kundenlösungen. Produkte sollten Abweichungen zulassen, ohne dass man ganze Strukturen umprogrammieren muss. Noch besser ist es, zukünftige Entwicklungen zu antizipieren und flexible Grundstrukturen zu schaffen.

Keine Regulierung auf dem Rücken der Kunden

Es steht außer Frage, dass es einer guten privaten Altersvorsorge bedarf, die kostengünstig, flexibel und transparent ist – und einer Gesetzgebung, welche die Kundeninteressen stärkt. Doch Provisionsdeckel oder gar -verbote sind unserer Ansicht nach nicht die richtige Lösung. Wir sehen diese sehr kritisch, auch wenn wir als Nettoversicherer davon nicht betroffen sind. Sollte es ein Provisionsverbot geben und nur noch Honorarberatung möglich sein, stünden wir vor einem großen Problem. Denn: Noch ist der Marktanteil von Nettoprodukten vergleichsweise klein, den Hauptteil machen Provisionsprodukte aus. Bei einem Provisionsverbot ist fraglich, ob und wie schnell Versicherer und Vermittler eine Umstellung auf Honorarprodukte leisten können. Aufwendige Umstellungen und Aufrüstungen hätten zur Folge, dass die Anzahl der Vermittler sinkt – und weniger Menschen die Möglichkeit erhalten, beraten zu werden und für ihr Alter vorzusorgen. Damit fiele die Regulierung zu Lasten der Kunden und würde wahrscheinlich ihren Zweck verfehlen, die private Altersvorsorge als wichtiges Standbein nachhaltig zu stärken.

Wir sind davon überzeugt, dass flexible und kostengünstige Produkte nicht nur die Antwort auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unserer Zeit liefern, sondern aufgrund ihrer transparenten Gestaltung auch die Interessen der Verbraucher nachhaltig stärken. Im Sinne hybrider Geschäftsmodelle sollte aber immer auch die Möglichkeit gegeben sein, die für den Kunden bessere Wahl aus Honorar- und Provisionsberatung anzubieten, um ihm den Zugang zur privaten Altersvorsorge zu öffnen.

Der Markt reguliert sich selbst

Unter den aktuellen Bedingungen – dem Niedrigzinsniveau, der Corona-Pandemie, aber auch der verstärkten Solvency II-Anforderungen – sind Renditen im klassischen Lebensversicherungsgeschäft niedrig und gerade im Provisionsgeschäft wird der Produktvertrieb erschwert. Ähnlich wie beim Trend zum kostengünstigen ETF im Investmentbereich wird sich der Trend bei fondsbasierten Altersvorsorgeprodukten hin zu kostengünstigen Versicherungslösungen entwickeln. Anbieter werden gezwungen sein, alte Strukturen aufzubrechen, Kosten zu reduzieren, Garantien zu senken sowie Abläufe und Prozesse weiter zu digitalisieren – das sehen wir bereits jetzt. Wer als Versicherer hier seine Hausaufgaben nicht sorgfältig macht, wird sonst den Anschluss an den Markt der Zukunft verlieren.

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