Ein Stückchen E, ein bisschen S Nachhaltigkeit in der Finanzberatung – was bevorsteht
Mann mit Laptop: Finanzberater sollen beim Thema Nachhaltigkeit mitziehen.
| Foto: imago images/westend61
Das Buzz-Thema Nachhaltigkeit soll endlich auch stärker in der Finanzberatung Einzug halten. Der EU-Gesetzgeber hat dazu Anfang August eine Delegierte Verordnung vorgelegt, die die europäische Richtlinie Mifid II ergänzt. Berater sollen zukünftig gleich bei der ersten Abfrage zu Hintergründen, Wünschen und Anlagezielen auch ermitteln, ob ein Kunde Wert auf nachhaltige Geldanlage legt, welche Themen ihm wichtig sind und zu welchem Anteil das Portfolio nachhaltig bestückt werden soll. Dasselbe gilt beim Verkauf von Versicherungen – wenn dort Fonds zum Einsatz kommen.
Die veränderten Abläufe in der Beratung sind Teil des EU-Aktionsplans für nachhaltige Finanzen. Die Idee: Wenn die Wirtschaft nachhaltiger werden soll, fällt der Finanzindustrie eine Hauptrolle zu. Mithelfen soll unter anderem der Vertrieb. Dieser holt am Ende die einzelnen Privatanleger, also die Verbraucher, ins Boot.
Denkt man sich in ein zukünftiges Beratungsgespräch hinein, so lässt sich unschwer vermuten:...
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Das Buzz-Thema Nachhaltigkeit soll endlich auch stärker in der Finanzberatung Einzug halten. Der EU-Gesetzgeber hat dazu Anfang August eine Delegierte Verordnung vorgelegt, die die europäische Richtlinie Mifid II ergänzt. Berater sollen zukünftig gleich bei der ersten Abfrage zu Hintergründen, Wünschen und Anlagezielen auch ermitteln, ob ein Kunde Wert auf nachhaltige Geldanlage legt, welche Themen ihm wichtig sind und zu welchem Anteil das Portfolio nachhaltig bestückt werden soll. Dasselbe gilt beim Verkauf von Versicherungen – wenn dort Fonds zum Einsatz kommen.
Die veränderten Abläufe in der Beratung sind Teil des EU-Aktionsplans für nachhaltige Finanzen. Die Idee: Wenn die Wirtschaft nachhaltiger werden soll, fällt der Finanzindustrie eine Hauptrolle zu. Mithelfen soll unter anderem der Vertrieb. Dieser holt am Ende die einzelnen Privatanleger, also die Verbraucher, ins Boot.
Denkt man sich in ein zukünftiges Beratungsgespräch hinein, so lässt sich unschwer vermuten: Viele Kunden werden die Frage, ob sie auch nachhaltige Anlageprodukte wünschen, mit Ja beantworten. Selbst wenn sie von allein gar nicht darauf gekommen wären. Schließlich erzeugt die Frage des Finanzberaters oder der Beraterin sozialen Druck: Wer will schon als gedankenloser Egoist dastehen? Dass über diesen kleinen Schubser ein neuer Standard geschaffen wird, ist vom europäischen Gesetzgeber durchaus gewollt.
Hat der Kunde also mit Ja geantwortet, stehen ihm nach dem Verordnungsentwurf drei Produktkategorien zur Verfügung, aus denen er wählen kann: nachhaltige Finanzprodukte im Sinne der EU-Taxonomie-Verordnung, Produkte im Sinne der EU-Offenlegungsverordnung und drittens Finanzprodukte, die bezogen auf Nachhaltigkeit zumindest keinen Schaden anrichten. Für die letzte Kategorie hat man auf europäischer Ebene eine Reihe von Messkriterien festgelegt, sogenannte PAIs, Principal Adverse Impact Indicators. Darüber hinaus soll der Kunde noch bestimmen, zu welchem Anteil er in entsprechende Produkte investieren will. Hier wird es anspruchsvoll. Denn schon die Begriffe Taxonomie und Offenlegungsverordnung dürften längst nicht jedem Kunden bekannt sein. Muss der Berater also ausholen und einen Kurzvortrag über europäische Nachhaltigkeitsregulierung halten?
Mit dieser Frage hat sich Angela McClellan schon befasst. Sie ist Chefin des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Der in Deutschland, Österreich und der Schweiz tätige Verband hat sich das namengebende Thema auf die Fahne geschrieben. Bereits im vergangenen Jahr hat das FNG in einem Leitfaden für Finanzberater skizziert, wie sich Nachhaltigkeit im Beratungsprozess umsetzen ließe. Eine aktualisierte Version, angepasst an die neue Gesetzgebung, ist in Arbeit. Abrufbar wird sie über die Internetseite des FNG sein. „Wir werden nicht nach technischen Begriffen gehen, sondern wollen positiv formulieren“, verrät McClellan.
Statt sich im Begriffe-Dschungel um Taxonomie und Offenlegung zu verheddern, könnte der Berater auch einfach fragen, ob der Kunde mit seiner Geldanlage nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten fördern möchte – oder ob es ihm ausreiche, negative Auswirkungen zu vermeiden. Anhand der Antworten muss der Berater dann zuordnen, welche der drei Produktkategorien dazu passt. Für aktives Fördern käme etwa ein Best-in-Class-Ansatz infrage. Möglicherweise sogar ein Anteil von Fonds, die unter Artikel 9 der Offenlegungsverordnung fallen – Fonds also, die den nachhaltigen Wirtschaftsumbau aktiv mitgestalten wollen und dies auch nachweisen können. Hier wäre präziser nachzufragen. Egal worum es geht – der Berater sollte statt „Was möchten Sie nicht haben?“ besser positiv formulieren. „Das ist auch für den Kunden leichter zu greifen“, glaubt McClellan.