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„Ein Vetorecht der Deutschen in der EZB wäre ein Irrweg“

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Stimmgewichtung wäre ein Fehler

So einleuchtend es klingt, die Stimmen im EZB-Rat zu gewichten – es wäre ein großer Fehler. Erstens passt es nicht zu einer Notenbank. Sie ist kein demokratisches Gremium, das unterschiedlichen Mehrheiten einzelner Bevölkerungsgruppen widerspiegeln soll.

Hier sitzen vielmehr Experten, deren einzige Aufgabe die Sicherung des Geldwerts und der Stabilität des Finanzsystems ist. Sie sind daher auch unabhängig von der Politik. Bei Priorisierung der Geldwertstabilität und der Sicherung des Finanzsystems darf es keine unterschiedlichen Meinungen geben, sonst ist die ganze Währungsunion falsch. Streiten kann man allenfalls über den besten Weg dahin. Das ist ganz anders als im Europäischen Rat oder im Europäischen Parlament, deren Mitglieder von der Bevölkerung gewählt sind.

Auch bei der Bundesbank gab es keine unterschiedlichen Stimmengewichte. Im Federal Open Market Committee der amerikanischen Notenbank hat jedes Mitglied das gleiche Stimmengewicht (das Stimmrecht wechselt nur zwischen den einzelnen Regionen). Allenfalls dem Präsidenten wird aus praktischen Gründen ein höheres Stimmengewicht zugestanden.

Zweitens passt eine Stimmengewichtung aber auch nicht zum Geist der europäischen Integration. In der Europäischen Union kann es keine Vormachtstellung einzelner Mitglieder geben.

Die Römischen Verträge wurden 1956 ausgehandelt zwischen drei größeren Staaten (Frankreich, Italien, Deutschland) und drei kleineren (Niederlande, Belgien, Luxemburg). Alle sollten das gleiche Gewicht in den Entscheidungen haben. Vor allem Frankreich könnte nie und nimmer akzeptieren, von den Deutschen in die zweite Reihe gestellt zu werden. Das wäre das Ende der Union.

Das Gleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft ist in den 90er Jahren durch die Wiedervereinigung (Deutschland wurde damit das bevölkerungsreichste Land) und die harte D-Mark auf den Devisenmärkten auf eine Probe gestellt worden. Der Euro sollte helfen, dies zu korrigieren, nicht es zusätzlich zu akzentuieren.

Die Europäische Zentralbank war lange Zeit stolz, die einzige wirklich europäische Institution zu sein. Ihr erster Präsident Willem Duisenberg legte – mit Unterstützung der Deutschen – großen Wert darauf, dass jedes Mitglied der Gremien überzeugter Europäer ist. Namensschilder mit Hinweis auf die nationale Herkunft gab es nicht.

Die Tatsache, dass Länderinteressen in den Debatten inzwischen so viel Gewicht gegeben wird, ist schon Ausdruck der zunehmenden Nationalisierung der Geldpolitik, die eigentlich nicht zu einer Währungsunion passt.

Für den Anleger

Die Diskussion über die Stimmengewichte in der EZB oder gar ein Vetorecht für die Deutschen ist ein Irrweg. Sie wird die Situation nicht verbessern, sondern die Spannungen eher noch vergrößern.

Es wäre für den Euro gut, wenn sie bald beendet würde. Die Ruhe auf den Finanzmärkten wird nicht mehr lange anhalten. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, wird sie spätestens in den ersten zwei Septemberwochen zu Ende sein.

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